Interview Ute Jacobs

„Urbanisierung, Ökologisierung und Digitalisierung“

Ute Jacobs spricht auf der Pressekonferenz zum Estrel Tower in Berlin, rechts von ihr steht Bauherr Ekkehard Streletzki. Foto: Estrel Berlin/Agentur Baganz

Interview Ute Jacobs

„Urbanisierung, Ökologisierung und Digitalisierung“

Ute Jacobs spricht auf der Pressekonferenz zum Estrel Tower in Berlin, rechts von ihr steht Bauherr Ekkehard Streletzki. Foto: Estrel Berlin, Agentur Baganz

Ute Jacobs spricht auf der Pressekonferenz zum Estrel Tower in Berlin, rechts von ihr steht Bauherr Ekkehard Streletzki. Foto: Estrel Berlin/Agentur Baganz

Ute Jacobs, geschäftsführende Direktorin Estrel Berlin, über den Krieg in der Ukraine und die Unterbringung von Flüchtlingen, die Buchungslage im Mai, den Estrel Tower und die Steuerung der Jalousien per Sprache.

tw tagungswirtschaft: Der Ukraine-Krieg ist das bestimmende Thema in Europa. Welche Folgen befürchten Sie für Ihr Konferenzgeschäft? Ute Jacobs: Natürlich weiß man nicht, wie sich die Lage zukünftig entwickeln wird. Bislang bucht unsere internationale Klientel wegen des Krieges nicht woanders und hebt auch keine Buchungen wieder auf. Wir hören allerdings, dass Gäste aus staatlichen russischen Unternehmen derzeit bei internationalen Veranstaltungen häufig nicht mehr eingeladen werden. Was wir auf lange Sicht nicht unterschätzen dürfen, ist die Streichung von Flügen aus Russland, die 30 Staaten vorgenommen haben. Das wird Einfluss auf den internationalen Flugverkehr und letztendlich auch auf Geschäftsreisen nehmen. Russland liegt nur knapp hinter den zehn besten Quellmärkten Deutschlands. Hinzu kommen die generell gestiegenen Reisekosten z.B. für Flüge. Auch andere Segmente werden sich aufgrund der gestiegenen Energiepreise und Lieferengpässen verteuern. Welche Auswirkungen das auf unser Konferenzgeschäft haben wird, sehen wir erst in einigen Monaten. Daran, dass es zu einem Dritten Weltkrieg kommen könnte, wollen wir gar nicht erst denken, sondern fokussieren uns mit aller Energie auf den Restart.

Foto: Estrel Hotel

„Daran, dass es zu einem Dritten Weltkrieg kommen könnte, wollen wir gar nicht erst denken, sondern fokussieren uns mit aller Energie auf den Restart.“

Ute Jacobs, geschäftsführende Direktorin Estrel Berlin

Unterstützt Ihr Unternehmen die Menschen in der Ukraine oder Geflüchtete in Deutschland? Soziales Engagement ist uns seit jeher eine besondere Herzensangelegenheit. Angesichts der Nöte vieler Menschen, die ihr Zuhause verloren haben, stellt das Estrel Berlin dem Berliner Senat nicht nur 150 Hotelzimmer inklusive Vollpension zur Verfügung als temporäre Unterbringungsmöglichkeit für Geflüchtete, sondern schafft nun auch eine langfristige Möglichkeit der Unterbringung für ca. 20 geflüchtete Angehörige von ukrainischen Mitarbeitern. In einem bisher als Bürofläche genutzten Gebäude auf dem Estrel-Gelände sind innerhalb kürzester Zeit zwei Etagen für Wohnungen ausgebaut worden. Möglich wurde die zügige Schaffung von Wohnraum dank des ehrenamtlichen Einsatzes von 25 Estrel-Mitarbeitern sowie zahlreicher Geschäftspartner, die uns mit großzügigen Material- und Sachspenden sowie Tatkraft (u.a. beim Teppich- und Fliesenlegen und Einbau neuer Wasserleitungen und Duschtassen) unterstützt haben. Die Wohnungen sind mit sieben Schlafzimmern ausgestattet, es gibt zwei Gemeinschaftsküchen sowie ein Kinderspielzimmer. Seit Beginn der Flüchtlingswelle unterstützen Estrel-Mitarbeiter die notleidenden Menschen im Haus auch mit zahlreichen Spenden, die über das Personalbüro und ukrainische Estrel-Angestellte koordiniert werden.

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Estrel Berlin:

Global Player für Kongresse, Messen und XXL-Events

Die einmalige Erfolgsgeschichte des Estrel Berlin ist die Geschichte eines einzigartigen Unternehmers und Visionärs. Ekkehard Streletzki hat seine Vision von Europas größtem Hotel-, Congress- & Entertainment-Center nach Vorbildern aus den USA mit großem Erfolg in die Tat umgesetzt. Nur dreizehn Kilometer entfernt vom neuen Berliner Großflughafen, in einem hippen Stadtviertel und mit schnellem Zugriff auf Deutschlands derzeit spannendste Metropole.

Die Pandemie ist nicht vorbei, doch sind seit dem 2. April 2022 auch in Deutschland die Beschränkungen für Veranstaltungen gefallen. Wie steht es um die Buchungslage von Business Events im Estrel Hotel und dem Estrel Congress Center (ECC)? Nach den Corona-bedingten Einschränkungen im ersten Quartal liegen ab Mai 2022 wieder durchgängig sehr gute Buchungszahlen vor. Auch international zieht die Nachfrage nach Veranstaltungen wieder verstärkt an. Im Vereinigten Königreich und in den USA hat man allgemein den Eindruck, dass die Pandemie so gut wie vorbei ist oder sich endgültig ihrem Ende nähert. Die meisten internationalen Veranstaltungen werden wieder weit im Voraus gebucht und die noch anhaltenden Einschränkungen in Deutschland halten die Anfragen nicht auf.

Haben sich die Tagungsanfragen verändert? Nein, alles ist jetzt wieder im Fluss und erreicht langsam das Anfrage-Niveau von vor Corona. Trotz hoher Infektionszahlen und des Ukraine-Kriegs. Inwiefern haben Sie in den letzten zwei Jahren in Ihr Konferenzangebot investiert? Um auch in der Pandemie Veranstaltungen mit größerer Teilnehmerzahl sicher durchführen zu können, haben wir frühzeitig ein sehr umfassendes Hygiene- und Sicherheitskonzept erarbeitet. Zu den Maßnahmen gehören z.B. biometrisches Fieber-Screening beim Betreten des Hotel- oder Kongressbereichs, berührungslos passierbare Türen, Klimaanlagen mit 100 Prozent Frischluftzufuhr in allen Tagungsräumen und der Einsatz von digitalen Abstandsmessern, die Infektionsketten für Teilnehmer datenschutzkonform rückverfolgen können. Was aber ebenso wichtig ist: Das Estrel Congress Center hat aufgrund seiner Größe und der Veranstaltungsfläche von 30.000 qm jede Menge Außenfläche und viel Platz für flexible Raumkonzepte. Abstandsregeln und die Leitung der Besucherströme lassen sich optimal umsetzen. Zudem haben wir umfangreiche technische Voraussetzungen für hybride und digitale Events geschaffen. Im August 2021 folgte die Erweiterung des Estrel Congress Center um weitere 5.000 qm Veranstaltungsfläche mit dem neuen Estrel Auditorium mit Glasfaser-Netz und Breitband-Internet, Streaming-Encodern für hybride Events und Remote-Kameras, wodurch alle Räume via Video zugeschaltet und vernetzt werden können.

Deutschlands höchstes Hotel

Foto: Estrel Hotel

Der Estrel Tower in Berlin, ein Update zum Konzept und zur Eröffnung Ende 2024

Im Juli 2021 fiel der Startschuss für den neuen mixed-use Estrel Tower, der an der Sonnenallee direkt gegenüber des Estrel Berlin entstehen wird. Mit 176 m Höhe und 45 Etagen soll der Estrel Tower Deutschlands höchstes Hotel werden. Das Nutzungskonzept ist zukunftsweisend mit einer Mischung aus 525 Hotelzimmern, davon 90 Serviced Apartments, modernen Coworking-Flächen im Atrium, Büros, 1.000 qm Veranstaltungsareal sowie weiteren Breakout-Rooms. Der höchste Wolkenkratzer Berlins soll Start-ups eine Heimat geben. Kulinarisch wird ein Farm-to-Table-Restaurant-Produkte aus der Region auf den Tisch bringen. Ein Highlight wird die Skybar sein mit Außenterrasse und atemberaubendem Blick. Für kleine Gruppen bietet der Estrel-Turm Private Dining und Private Meetings an. Eine Bäckerei, eine Galerie, ein Fitness- und Spa-Bereich, ein Park sowie eine Recreation-Area am Wasser werden das Angebot abrunden. Nach der Fertigstellung des Towers soll ein Tunnel ihn an das Estrel Congress Center (ECC) anbinden. Bislang wurden über 50 Bohrpfähle im Baugrundstück eingelassen, sodass auch die 3,60 m dicke Bodenplatte für ein sicheres Fundament gegossen werden konnte. Die Eröffnung des Estrel Tower ist für Ende 2024 geplant.

Die aktuellen Geschehnisse scheinen die Klimakrise in den Hintergrund zu drängen, in Ihrem Unternehmen auch? Das Thema Nachhaltigkeit hatte schon immer eine große Bedeutung im Estrel Berlin und ist ein wichtiger Teil unserer Unternehmensphilosophie. Gerade in Hinblick auf die Größe des Hotels sind ein nachhaltiges, ganzheitliches Wirtschaften und ein ökologischer Umgang mit Ressourcen unerlässlich. So stand bereits bei der Planung und dem Bau des Hotels die Energieversorgung unter Nachhaltigkeitsaspekten im Fokus. Welche Strategien oder Maßnahmen haben Sie zum Thema ‚Klimaneutral tagen‘ geplant oder kürzlich umgesetzt? In diesem Jahr führt das Estrel Berlin ein neues, strukturiertes Nachhaltigkeitsmanagement ein und hat hierfür sogar eine eigene Stelle geschaffen. In diesem Jahr streben wir als nachhaltiger Dienstleister die Zertifzierung „Sustainable Meetings“ von visit Berlin an. Auch bei der Konzeption des neuen Estrel Tower wurde von Anfang an nachhaltig gedacht: So wird das neue Gebäude eine besondere Fassade erhalten, die vom Architekturbüro Barkow Leibinger in Kooperation mit finnischen Kollegen entwickelt wurde. Sie wird sich an die Sonneneinstrahlungen vor Ort anpassen, sodass sich die Räume im Tower während des Sommers weniger aufheizen. Neben begrünten Dächern und Photovoltaikanlagen ist außerdem ein innovatives CO2-sparendes Energiekonzept geplant, das in Kooperation mit E.ON Business Solutions und der RWTH Aachen entstanden ist. Innen ist die Verwendung regionaler Hölzer und recycelter Materialien vorgesehen. Über die Hälfte der Stellflächen des Parkhauses ist zudem für Fahrräder reserviert und auf dem Außengelände sollen mit Wildblumenwiesen wertvolle Biotope zum Schutz der Artenvielfalt entstehen. Das Bauwerk selbst strebt die Zertifizierung mit LEED® Gold (Leadership in Energy and Environmental Design) an.

„In diesem Jahr führt das Estrel Berlin ein neues, strukturiertes Nachhaltigkeitsmanagement ein und hat hierfür sogar eine eigene Stelle geschaffen.“

Ute Jacobs, geschäftsführende Direktorin Estrel Berlin

Fragen Ihre Kunden „Green Meetings“ vermehrt nach oder fordern diese ein? Generell wird aus internationaler Perspektive immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt und nach CO2-Abdruck und Kompensation gefragt. Aber vielleicht doch nicht so sehr, wie man es angesichts der Häufigkeit, mit der dieses Thema in den Medien behandelt wird, vermuten würde. Speziell in Verträgen für Transit-Reisende werden zahlreiche Fragen zur Nachhaltigkeit gestellt. Im DACH-Bereich ist die Nachhaltigkeit noch kein Thema, das einen Vertragsabschluss entscheidet. Das Business Hotel der Zukunft – wie könnte oder sollte es aussehen? Urbanisierung, Ökologisierung und Digitalisierung werden die drei großen Themen sein, auf die sich die Geschäftshotellerie einstellen muss. Aufgrund der fortschreitenden Urbanisierung werden Business Hotels zukünftig noch größer, um dem wachsenden Kostendruck durch Kapazitätserweiterung standhalten zu können. In dieser Beziehung ist ein Haus unserer Größenordnung bereits auf einem sehr guten Weg. Wir bieten schon jetzt 1.125 Zimmer und einen großen Tagungs- und Kongressbereich – flankiert von viel Fläche für moderne Konzepte wie Co-Working, Collaboration und Co-Living. In einigen Jahren wird ein Business Hotel noch sehr viel mehr als heute ein Ort für Interaktion und Begegnung sein. Mit der Fertigstellung des neuen Estrel Tower können wir schon bald unsere bestehenden Wohn-, Event- und Kreativflächen zukunftsweisend optimieren. Eines ist für die Zukunft sicher: Das Business Hotel von morgen muss auf jeden Fall nachhaltiger werden! Da gibt es noch viel Optimierungsbedarf: Plastikverpackungen, ein Überangebot an Lebensmitteln, die am Ende einer Veranstaltung weggeworfen werden, sollten überall in der Hotellerie schon jetzt ein No-Go sein! Darüber hinaus müssen viele andere Bereiche wie z.B. Energie- und Wasserverbrauch, Müllproduktion, Klimatisierung, Mobilität und Logistik auf den Prüfstand. Ein weiterer Aspekt ist die Digitalisierung. Hier wird noch einiges in Bewegung kommen und zum Standard werden, was wir teilweise aus dem Smart-Home-Bereich schon kennen. Dabei werden die Optionen weit über das hinausgehen, was jetzt schon digital machbar ist, wie z. B. digitale Gästemappen, Online-Buchungen und -Check-ins oder das Bestellen von Speisen im Restaurant via Tablet. So wird zukünftig im Zimmer z.B. das Speichern der Lichtsettings oder der Kaffeestärke und das Sensor-gesteuerte Regeln der Wassertemperatur genauso möglich sein wie die Steuerung der Jalousien per Sprache.

Kerstin Wünsch

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