Mobilität

Rot, gelb – grün fahren wir zum Event

Sicher ist: Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken und mit Blick auf die aktuelle Situation wichtiger denn je. Was Sie tun können, um mit Ihrem Event einen Schritt in Richtung Klimaneutralität zu gehen, erfahren Sie hier. Grafik: Pia Such

Sicher ist: Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken und mit Blick auf die aktuelle Situation wichtiger denn je. Was Sie tun können, um mit Ihrem Event einen Schritt in Richtung Klimaneutralität zu gehen, erfahren Sie hier. Grafik: Pia Such

Beim Digital Talk „Welcome back to a changed World” am 5. April 2022 war Matthias Schultze, Geschäftsführer des German Convention Bureaus, zu Gast. In einem Nebensatz lässt er fallen, dass er mit dem E-Roller angereist ist, wohlgemerkt bei grauem Regenwetter. Damit geht er in Sachen grüner Mobilität einen Schritt voraus. Welche Möglichkeiten es darüber hinaus im Bereich Veranstaltungsmobilität noch gibt, erfahren Sie in diesem Artikel.

Die Welt bewegt sich und es wird immer deutlicher, dass die Art, wie wir uns bewegen, auch etwas bewegt, und zwar das Klima. Im Jahr 2021 verursachte laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine in Deutschland lebende Person knapp 11,17 t CO2 jährlich. 19 % der Emissionen lassen sich dabei auf Mobilität ohne Flugreisen zurückführen, für sie kamen noch einmal 4,5 % mit knapp 0,5 t obendrauf.

Quelle: UBA; Grafik: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Auch im Veranstaltungsbereich ist die Emissionslast spürbar. Die Reisetätigkeiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer belasten in der Regel das CO2-Eventkonto am stärksten. Dass vor allem jetzt, da Präsenzveranstaltungen wieder möglich sind, das Thema Mobilität in den Fokus rückt, wirft Fragen um grüne Lösungsansätze für Veranstaltungen auf. Matthias Schultze, Geschäftsführer des German Convention Bureaus, sieht die Lösung des Problems im Planungsprozess. Denn Events beginnen schon längst nicht mehr vor Ort mit dem Scannen des Eintrittstickets. Die gesamte Delegate Journey inkl. An- und Abreise müssen mitbedacht und Maßnahmen ergriffen werden, um die Anreise grün und angenehm zu gestalten.

Mit dem Leitfaden zum nachhaltigen Event – drei Wegweiser

Ein Leitfaden, der das Thema Mobilität aufgreift, ist die #MobilityPolicy des B.A.U.M. e.V., des Umweltbundesamts und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Dieser Leitfaden geht insbesondere auf die Konzeption eines unternehmensinternen Leitfadens für Mobilität ein. Da jedoch Reisen zu Messen und Kongressen die Grenze zwischen Arbeitsweg und Veranstaltungs-Anreise verwischen, lohnt sich ein Blick in den Leitfaden. Ein Anstoß des Leitfadens ist die Finanzierung einer Bahn-Card für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Bahn-Card ist personenbezogen und für eine unbeschränkte Anzahl an Fahrten einsetzbar. So können durch den Rabatt intern Kosten gespart werden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können auch privat davon profitieren, Win-win. Unterstützt wird der Anreiz der Bahn-Card noch zusätzlich dazu, dass sie aufgrund einer Jubiläumsaktion in diesem Jahr vergünstig erhältlich ist.

Foto: Markus Große Ophoff

„Denken Sie über das Veranstaltungsticket hinaus“

Markus Große Ophoff ist Fachlicher Leiter und Prokurist des DBU Zentrums für Umweltkommunikation. In seinem Buch „Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement – Green Meetings als Zukunftsprojekt für die Veranstaltungsbranche“ beschäftigt er sich eingehend mit den Möglichkeiten von grünen Lösungsansätzen im Planungsprozess und hat darüber hinaus eine umfassende Expertise zum Thema ‚Nachhaltige Veranstaltungsmobilität‘.

Foto: Markus Große Ophoff

„Denken Sie über das Veranstaltungsticket hinaus“

Markus Große Ophoff ist Fachlicher Leiter und Prokurist des DBU Zentrums für Umweltkommunikation. In seinem Buch „Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement – Green Meetings als Zukunftsprojekt für die Veranstaltungsbranche“ beschäftigt er sich eingehend mit den Möglichkeiten von grünen Lösungsansätzen im Planungsprozess und hat darüber hinaus eine umfassende Expertise zum Thema ‚Nachhaltige Veranstaltungsmobilität‘.

Eine aktuell Initiative, die sich mit Veranstaltungsmobilität beschäftigt, ist der kürzlich veröffentlichte zweite Schritt von „16 Steps bis 2025 – Für eine klimaneutrale Veranstaltungswirtschaft“. Der Zusammenschluss aus Meet Germany und Sustainable Event Solutions stellt dabei einen Reader und eine Checkliste zur Verfügung, mit deren Hilfe grüne Mobilitätslösungen erarbeitet werden können. Um die Vermeidung von Treibhausgasemissionen als oberstes Ziel zu erreichen, veröffentlichte das Umweltbundesamt 2020 die vierte Auflage des Leitfadens für die nachhaltige Organisation von Veranstaltungen, um die Organisation von emissionsarmen Veranstaltungen zu erleichtern. Mit dem ständigen Gedanken daran, Emissionen zu vermeiden, bevor sie ausgeglichen werden müssen, zielen die Punkte des Leitfadens darauf ab, die Konsequenzen der gebotenen Maßnahmen mitzudenken und Alternativen anzubieten. Auch wenn es etwas dauern könnte, bis diese Alternativen angenommen werden, sind sie der erste Vorstoß in die richtige Richtung. Ein erster Schritt könnte laut Leitfaden beispielsweise das Bereitstellen und Bewerben von Fahrradstellplätzen sein, um die Nutzung attraktiver zu gestalten.

Viel hilft viel

Das Carlowitz Congresscenter in Chemnitz hat diesen Anstoß bereits angenommen und umgesetzt. Mit 8 Fahrradboxen und insgesamt 16 Stellplätzen inklusive Ladestationen für E-Bikes unterstützt das Congresscenter die Nutzung von emissionsfreien Mobilitätslösungen. Doch das Carlowitz geht noch weiter und denkt das Thema nachhaltiger Mobilitätslösungen ganzheitlich. Die insgesamt sechs Maßnahmen für nachhaltige Mobilität sollen allen Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit geben, die für sie passende Lösung zu finden. Denn nur so ist es realistisch, dass die Angebote auch wahrgenommen werden.

Mobilitätslösungen im Carlowitz Congresscenter

Diese Lösungsansätze sind:

  1. Ladesäulen für E-Autos
  2. Fahrradboxen und Ladesäulen für E-Bikes
  3. Fahrradverleih und Förderung sozial benachteiligter Menschen
  4. Einbindung des ÖPNV-Tickets in das Besucherinnen- und Besucherticket
  5. Umstellung des unternehmensinternen Fuhrparks auf E-Autos
  6. Einbindung des Deutsche-Bahn-Veranstaltungstickets

Bedingt durch die Pandemie konnten noch keine weiteren Erfahrungswerte durch die Maßnahmen gesammelt werden. Jedoch erhofft sich das Carlowitz Congresscenter, mit steigender Veranstaltungszahl das Ziel eines ganzheitlichen, nachhaltigen Angebots, das Gäste zur klimafreundlicheren Anreise und Vor-Ort-Mobilität anregt, zu erreichen.

Foto: Deutsche Bahn

Innovationswettbewerb

Das Carlowitz Congresscenter nimmt mit seinem Konzept an der diesjährigen Climate Mobility Challenge der Deutschen Bahn teil. Innerhalb des Wettbewerbs werden Unternehmen dazu aufgefordert, grüne und innovative Mobilitätslösungen der Kategorien Geschäftsreisen, Pendelfahrten, 360° Mobilität und Veranstaltungsmobilität einzureichen. Ziel der Deutschen Bahn ist es, das Kreieren realisierbarer und nachhaltiger Lösungen anzustoßen und mit der Umsetzung gemeinsam ins Tun zu kommen. Eingereicht werden in der Kategorie Veranstaltungsmobilität Konzepte und Best Practices, die Fragen rund um die Mobilität von Eventteilnehmerinnen und -teilnehmern innovativ beantworten. Die Gewinnerinnen und Gewinner werden am 18. Mai bekannt gegeben.

Die Bahn macht Strecke

Eine grüne Mobilitätslösung für den Veranstaltungsbereich bei Langstreckenreisen ist das Veranstaltungsticket der Deutschen Bahn. Das Ticket erleichtert die Anreise, jedoch ausschließlich innerhalb Deutschlands. Das Angebot konzentriert sich speziell auf geschäftlich veranlasste Reisen – wie Kongressbesuche, Messen, Firmen- und Seminarveranstaltungen. Je nach Rahmenbedingung der Veranstaltung ändern sich die Konditionen in Gültigkeitsdauer und die Möglichkeit auf ein angeschlossenes City-Ticket. Um das Veranstaltungsticket zur Verfügung stellen zu können, müssen Veranstalterinnen und Veranstalter das entsprechende Event im MICE-Bereich der DB anmelden. Vom 1. bis 31. Mai gibt die Deutsche Bahn 20% Ermäßigung auf alle gebuchten Veranstaltungstickets. Die Deutsche Bahn verspricht hierbei, dass der Fernverkehr mit 100 % Ökostrom betrieben wird, was durch den Verbrauch erneuerbarer Energien den CO2-Eventabdruck stark minimiert. Doch an dieser Stelle sei erwähnt, dass dieses Versprechen nur eingeschränkt gilt. Denn obwohl die Deutsche Bahn im Bundesvergleich einen sehr hohen Anteil an Ökostrom nutzt, fährt der Bahnbetrieb mit einem Strommix. Mit einem Ökostromanteil von 62,4 % fahren die Fernzüge rein rechnerisch mit Ökostrom, aber tatsächlich kann im Stromnetz nicht zwischen konventionell und ökologisch unterschieden werden.

Grafik: Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.

Von A nach B im Kleinen

Man könnte meinen, dass vor allem die Langstreckenreisen die größte Herausforderung der Mobilitätszukunft darstellen. Doch tatsächlich ist die urbane Mobilität ein ebenso großer Faktor. Laut Prognose der Vereinten Nationen werden bis 2050 fast 70 % der Weltbevölkerung in Städten leben. Man könnte also sagen, dass sich vor allem bei Veranstaltungen mit lokalen Besucherinnen und Besuchern versteckte CO2-Fallen bilden, da beispielsweise Autos im Kurzstreckenbereich besonders ineffizient sind. Doch schon heute gibt es Möglichkeiten, wie die urbane Anreise grün gestaltet werden kann – Matthias Schultze macht‘s vor. Beim Digital Talk „Welcome back to a changed World” am 5. April war Matthias Schultze, Geschäftsführer der German Convention Bureaus (GCB), zu Gast. Er ließ in einem Nebensatz fallen, dass er mit dem E-Roller angereist ist, wohlgemerkt bei grauem Regenwetter. Mit einer Strecke von knapp 6 Minuten Dauer vom GCB-Büro in das Studio13 der dfv Mediengruppe in Frankfurt, sieht man sehr gut, dass diese Mobilitätslösung besonders für Kurzstrecken im Großstadtverkehr geeignet ist. Neben dem E-Roller gibt es noch weitere Möglichkeiten wie öffentliche Fahrräder, Bus, Bahn und E-Moped. Doch bei der Wahl des geeigneten Transportmittels wird es zukünftig wohl weniger um ein Entweder-oder gehen, sondern vielmehr um die Frage: „Welches zuerst?“. Intermodalität beschreibt die Nutzung mehrerer Verkehrsangebote innerhalb einer zu reisenden Strecke und wird in Zukunft das Mobilitätsangebot verstärkt beeinflussen, so das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. Hier geht es also zukünftig darum, Intermodalität mitzudenken und vielseitige Angebote bereitzustellen.

Grafik: MyClimate

„Wie viel CO2 stößt Ihr Event aus?“

Bei internationalen Kongressen kann die Anreise schnell bis zu 80 % des CO2-Fußabdrucks ausmachen. Finden Sie heraus, wie es für Ihr Event aussieht und wie Sie mit der Kompensation einen Ausgleich schaffen können.

Grafik: MyClimate

„Wie viel CO2 stößt ihr Event aus?“

Bei internationalen Kongressen kann die Anreise schnell bis zu 80 % des CO2-Fußabdrucks ausmachen. Finden Sie heraus, wie es für Ihr Event aussieht und wie Sie mit der Kompensation einen Ausgleich schaffen können:

Das, was bleibt, kompensieren

Prinzipiell geht es beim Thema Emission immer um: reduce first, compensate second! Doch dem Anspruch ganzheitlich grüner Mobilität können wir heute noch nicht gerecht werden, auch wenn dies das langfristige Ziel ist. Innerhalb Europas kommen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sicherlich auch bei weiter Entfernung noch gut mit Schnellzügen wie dem TGV von A nach B, jedoch spätestens von Übersee wird es schwierig. Aber auch hier gibt es eine Möglichkeit, um Schritte in Richtung Emissionsreduktion zu gehen: die Kompensation. Das Angebot, die ausgestoßenen Emissionen zu kompensieren oder vielmehr auszugleichen, bietet die Möglichkeit, finanziell Verantwortung für die entstandene Ressourcenbelastung zu übernehmen. Um die Kompensationssumme zu erfassen, werden die Kennzahlen der Anreise erhoben und berechnet. Die gezahlten Gelder fließen dann wiederum in nachhaltige Projekte, die je nach Anbieter variieren können. Bei der Auswahl des Anbieters zur Kompensation sei jedoch Vorsicht geboten und die Hintergründe der Kompensationsprojekte geprüft. Nicht jedes Angebot ist seriös oder im Sinne der Nachhaltigkeit sinnvoll. Ein beliebter Anbieter ist myclimate, welcher mit den Einnahmen Projekte wie Solarkraftwerke in der Dominikanischen Republik und den Schutz des Regenwaldes auf den Fidschi-Inseln unterstützen. In 2021 hat beispielsweise die IAA Mobility ihre komplette Veranstaltung über myclimate kompensiert.

Wie können wir uns zukünftig bewegen?

Wenn die Pandemie etwas Positives hervorgebracht hat, dann das, dass sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Frage stellen, zu welchen Veranstaltungen sie wirklich reisen wollen, sofern es die Beschränkungen zulassen. Nicht nur spart es Geld und Zeit, virtuell an Events teilzunehmen, sondern auch CO2-Emissionen in der Anreise. Wie genau das Angebot zukünftig angepasst werden kann, damit alle Eventbesucherinnen und -besucher diese Frage für sich beantworten können, untersuchte die Umfrage „Warum reisen wir zukünftig zu Veranstaltungen?“ des Future Meeting Space in Kooperation mit dem German Convention Bureau und dem Fraunhofer IAO. Die Umfrage wurde bis zum 30. April verlängert. Die späteren Ergebnisse werden hier zu finden sein.

Foto: GCB, Michael Pasternack

„Mobilität sollte verstärkt auch als Teil des Arbeitslebens der Teilnehmer*innen gedacht werden. Die Schaffung entsprechend attraktiver Rahmenbedingungen wird somit zu einem wichtigen USP für Live-Events.“

Matthias Schultze, Geschäftsführer des German Convention Bureau

Sicher ist jedoch auch jetzt schon – egal, wie genau die Anreise künftig gestaltet wird: Der Aspekt um Nachhaltigkeit wird bleiben. Denn grüne Lösungen für Events sind schon lange kein Alleinstellungsmerkmal mehr und werden klar von Besucherinnen und Besuchern gefordert, so Matthias Schultze. Ergänzend führt Schultze aus, dass dieses Bedürfnis nach nachhaltigen Mobilitätslösungen Potenzial aufweist und genutzt werden kann. So können Angebote geschaffen werden, die die Anreise als Teil des Arbeitslebens verstehen. Attraktive Rahmenbedingungen wie temporäre Co-Workingspaces im Zugabteil oder der Hotellobby können zum neuen USP von Veranstaltungen werden. Das Angebot von Leihfahrrädern, E-Scootern und Co-Workingspaces in Zügen ist großartig – und es ist wichtig, dass sich Planerinnen und Planer darum Gedanken machen. Doch an großen Stellschrauben, wie dem Ausbau von Fahrradwegen und öffentlichen Ladesäulen für E-Fahrzeuge, kann nur die Politik drehen. Genau deshalb ist das Ziel des Bundes, die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor bis 2030 um mindestens 40 bis 42 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren und eine weitere Reduktion um 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 anzustreben, so wichtig. Bis dieses Ziel erreicht ist, hilft jeder eigenmotivierte Schritt in Richtung Klimaneutralität.

Pia Such

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