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Editorial

Mirjam Blake
Online-Redakteurin tw tagungswirtschaft mirjam.blake@dfv.de
Keine Pahnung
„Im Scheitern liegt eine Offenheit und Ehrlichkeit, ein bodenständiges Zusammentreffen mit der Realität, das auf den Höhen des Erfolgs nicht zu haben ist“, schreibt der britische Journalist und Autor Oliver Burkeman in seinem lesenswerten Buch „Das Glück ist mit den Realisten – Warum positives Denken überbewertet ist“.
Dieser Ansatz ist eine Einladung, die Unsicherheit, die Wandel mit sich bringt, nicht zu verdrängen – sondern ihr offen und konstruktiv zu begegnen. Gerade in Zeiten drastischer Umbrüche, in denen Fehlschläge und Krisen real und greifbar werden, sind es solche Perspektiven, die motivieren können. Denn was wäre, wenn genau hier – im ehrlichen Scheitern – unser größter Handlungsspielraum liegt?
„Keine Pahnung“, sagt eines meiner Kinder in letzter Zeit öfter mit einem Schulterzucken. In diesem Wortspiel verschmilzt „keine Ahnung“ mit „keine Panik“ und offenbart eine fast schon philosophische Haltung. Keine Ahnung, wie es weitergeht, ob wir es hinkriegen oder scheitern. Und gleichzeitig: Keine Panik, ich weiß es noch nicht und das ist okay, denn das kann sich ändern.
Ob im Mikrokosmos unseres Alltags oder im Makrokosmos einer Welt voller technologischer, politischer und gesellschaftlicher Umbrüche – Sicherheit ist Mangelware. Wenn Zukunft nicht wie ein Rückspiegel oder ein angstgetränkter Alptraum wirken soll, bleibt uns nur: Handeln, auch ohne Gewissheit.
Mut-Orte und Tapetenwechsel
Geteilte Erfahrungen und Synergien in einem starken Netzwerk überbrücken so manche Unsicherheit und machen vor allem Mut. Dementsprechend können Veranstaltungen zu echten Zukunftsorten werden. Zukunftsberater Patrick Rammerstorfer empfiehlt Veranstaltenden, die rosaroten Brillen wegzulassen und auch schwierige Themen ins Programm aufzunehmen. „Wenn nach einer Veranstaltung nur zehn Prozent der Teilnehmenden eine Spur mutiger sind als vorher, weil sie ein paar Mal gehört haben, dass sie etwas tun können, dann kann das einen enormen Impact haben“, meint Rammerstorfer im Interview.
Auch Michaela-Susan Pollok, Mitverantwortliche für das TIK-Programm des bivk, verdeutlicht im Gespräch über die Zukunft, was Business-Events bereits heute beitragen können: „Gerade in Zeiten des Wandels brauchen Unternehmen Formate, die nicht nur informieren, sondern auch inspirieren und Mut machen.“
Veranstaltungen bringen per se einen weiteren Vorteil mit sich: Der Aufenthalt an einem anderen Ort kann eingefahrene Denkmuster aufbrechen und neue Sichtweisen ermöglichen. Einige ungewöhnliche Eventlocations in Deutschland zeigen, wie stillgelegte Industrieanlagen zu inspirierenden Orten der Zukunft werden. Hier können Veranstaltende ihren Teilnehmenden frische Impulse, Energie und kreative Freiheit bescheren. Ein weiteres Beispiel für einen Zukunftsort ist der Estrel Tower in Berlin, dessen Eröffnung für 2026 geplant ist. Er soll als erster Wolkenkratzer der Hauptstadt ein bedeutender neuer Standort für die Veranstaltungsbranche werden. Über dieses ambitionierte Bauprojekt gibt Heike Mahmoud, COO des Estrel Berlin, Auskunft.
Auch die IMEX Frankfurt 2025 bietet eine Plattform, um Zukunft mit Mut und Haltung zu gestalten. Unter dem Motto „Impact 2.0“ wird dort sichtbar, was möglich ist, wenn Menschen aus der ganzen Welt zusammen- und in die Umsetzung kommen. „Veranstaltungsformate werden in Zukunft dann erfolgreich sein, wenn sie einen echten Mehrwert stiften, also Impact erzeugen: für die Menschen, für die Gesellschaft und für den Planeten. Das bedeutet: weniger Show, mehr Sinn“, so Tanja Knecht, Brand Ambassador IMEX Group und CEO MICE Impact.
Das Schöne an der Zukunft bleibt, dass wir für sie unbegrenzte Möglichkeiten und Bilder entwickeln können. Dabei spielt nicht unbedingt eine Rolle, ob sich alle Ideen und Projekte sofort in großem Maßstab umsetzen lassen. Denn trotz Ungewissheit oder Rückschritten geht es nicht ohne Weitblick. Ohne Zukunftsvisionen keine nachhaltige Legacy.
Da ich mich hier nur indirekt als neues Redaktionsmitglied der tw tagungswirtschaft vorstelle, freue ich mich umso mehr auf das persönliche Kennenlernen auf der IMEX. Das Team von tw tagungswirtschaft und m+a report lädt zu den Sessions der She Means Business ein und an den Stand G110 in Halle 8, der das Zukunftsthema Kreislaufwirtschaft aufgreift.
Falls wir uns dort nicht treffen, schreiben Sie mir gern eine E-Mail, um mir von Ihren Zukunftsvisionen für den MICE-Sektor zu berichten – der Betreff könnte lauten: „Keine Pahnung“.