Foto: HTW Berlin
Editorial
Kerstin Wünsch
Chefredakteurin tw tagungswirtschaft kerstin.wuensch@dfv.de
„Ja“ zu Europa
In einem Monat gehe ich wählen. Mit mir sind vom 6. bis 9. Juni 370 Millionen Bürger in 27 Ländern der Europäischen Union aufgerufen, das Europäische Parlament zu wählen. Seine 705 Mitglieder bestimmen die Rahmenbedingungen für unsere gemeinsame Zukunft. Damit sie die richtigen Entscheidungen treffen, braucht es uns als Bürger und als Branche, denn die europäische Idee lebt von uns allen und ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Im Angesicht eines Krieges in Europa erinnere ich an die Gründungsidee der EU nach dem Zweiten Weltkrieg: die Mitgliedsländer über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu verbinden und kriegerische Auseinandersetzungen zu vermeiden. Heute garantiert der EU-Binnenmarkt den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital. Diese vier Freiheiten sind wesentlich für Kongresse und Messen, die wiederum als Plattformen für Wissenschaft und Wirtschaft zu Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Wohlstand in der Europäischen Union beitragen und zu deren Umbau zu einem klimaneutralen Wirtschaftsraum bis 2050. Allerdings hat die Kongresswirtschaft kaum Kontakt nach Brüssel. Dabei sind von gegenseitigem Vertrauen und gemeinsamen Zielen getragene Beziehungen zwischen den Vertretern des Volkes und den Vertretern der Veranstaltungswirtschaft für beide Seiten wichtig. Darum ist es beim EU Dialogue – Driving Positive Change in the Meetings Industry in Brüssel gegangen, einer offiziellen Veranstaltung im Rahmen der belgischen EU-Ratspräsidentschaft, organisiert von visit.brussels mit dem Dachverband Joint Meetings Industry Council (JMIC), der City Destinations Alliance (CityDNA) und der European Exhibition Industry Alliance (EEIA).
Ins Gespräch kommen
Gekommen sind 180 Eventprofessionals und 13 Europapolitiker, etwa aus der Directorate General GROW for Internal Market, Industry, Entrepreneurship and SMEs der Europäischen Kommission. Die Kommission gliedert sich in 27 Generaldirektionen, die für verschiedene Politikbereiche Strategien, Rechtsvorschriften und Förderprogramme verantworten. Nur: Zu welcher Generaldirektion gehört die Meetingindustrie? Tourismus fällt in den Zuständigkeitsbereich der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (GD GROW). Während die einen meinen, wir zählen als Branche zum Tourismus, verneinen andere das. Und … wer genau ist mit „wir“ gemeint und wie heißen wir? Meeting(s) Industry, (Business) Event(s) Industry oder MICE (Meetings, Incentives, Conventions/Congresses/Conferences, Exhibitions/Events)? Und wo sind unsere europäischen Fachverbände? Die CityDNA, vormals European Cities Marketing, ein Merger aus der European Cities Tourism und der European Federation of Conferences Town, hat zwar ihr „European“ abgelegt, versteht sich aber als europäisch. Der Europäische Verband der Veranstaltungs-Centren (EVVC) klingt europäisch, doch die 600 Veranstaltungshäuser stehen überwiegend in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Internationaler ist das European Chapter der International Congress & Convention Association (ICCA) mit sechs Sub-Chapters: Central European Chapter, France-Benelux-Chapter, Iberian Chapter, Mediterranean Chapter, Nordic Chapter und UK & Ireland Chapter.
Mit einer Stimme sprechen
Ich finde, wir sollten von der Messewirtschaft lernen und den Schulterschluss mit ihr suchen. Die europäische Messewirtschaft tritt als European Exhibition Industry Alliance (EEIA) auf, einem Bündnis aus der European Major Exhibition Centres Association (EMECA) und der Global Association of the Exhibition Industry (UFI) in Sachen Europa. Die Messewirtschaft spricht mit einer Stimme und hat ein Gesicht: Barbara Weizsäcker. Die EMECA-Generalsekretärin ist seit mehr als einem Jahrzehnt die Ansprechpartnerin für Brüssel. Die Zeit ist günstig, um in Brüssel aktiv zu werden. Das hat drei Gründe: Durch den EU Dialogue haben wir den Fuß in der Tür, im September treten die neu gewählten EU-Parlamentarier an, das von der EU mit vier Millionen Euro geförderte Projekt BEFuture – Shaping the Future of Europe’s Business Events Sector ist ein Riesenschritt in Richtung Anerkennung. Wie sehen Sie das, und sprechen wir uns auf der Fachmesse IMEX vom 14. bis 16. Mai 2024 in den Hallen 8 und 9 der Messe Frankfurt? Sie treffen das Team von tw tagungswirtschaft und m+a report zu den Sessions der She Means Business und am Stand G510 in Halle 8, der das Thema Kreislaufwirtschaft aufgreift. Zum Thema Europa werde ich das Gespräch mit den Fachverbänden wie CityDNA suchen und den Ländern Ungarn und Polen – und möchte wissen, wie sie zur Fortsetzung des EU Dialogues im Rahmen der ungarischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2024 und/oder der polnischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2025 stehen.