Events in Präsenz

Wir sind zurück

Welcome back to re:publica 2022! Die vier Gründer:innen Tanja Haeusler, Johnny Haeusler, Markus Beckedahl und Andreas Gebhard eröffnen am 8. Juni 2022 in der Arena Berlin das Festival für die digitale Gesellschaft und treffen den richtigen Ton aus Demut und Mut. Foto: Stefanie Loos, re:publica

Welcome back to re:publica 2022! Die vier Gründer:innen Tanja Haeusler, Johnny Haeusler, Markus Beckedahl und Andreas Gebhard eröffnen am 8. Juni 2022 in der Arena Berlin das Festival für die digitale Gesellschaft und treffen den richtigen Ton aus Demut und Mut. Foto: Stefanie Loos/re:publica

Re:publica, Deutscher Digital Award, Tag der Industriekommunikation, Deutscher Hotelkongress und International Transport Forum: Mit den Temperaturen steigt im Mai und Juni die Zahl der Business Events. Selbst wenn die Teilnehmerzahlen nicht immer Vor-Pandemie-Höhen erreichen, die Wiedersehensfreude übersteigt vorerst alles. Doch was ist anders, was sind die Learnings?

„Is this the real life? …“ ziehen sich wie beim Karaoke die Textzeilen aus der „Bohemian Rhapsody“ von Queen in pastellfarbenen Großbuchstaben über die drei Screens von Stage 1. Im Design der re:publica 2022 laden sie zum Mitsingen ein und die Stimmung weiter auf, sofern das möglich ist. Schon eine halbe Stunde vor Beginn haben die Teilnehmer:innen alle Plätze belegt. Mussten sie doch drei Jahre auf Deutschlands Festival für die digitale Gesellschaft warten, das vom 8. bis 10. Juni 2022 über die Bühnen der Arena Berlin und des Festsaals Kreuzberg geht und unter dem Motto „Any way the wind blows“ steht. 2020 lief die re:publica im Mai als Online-Konferenz auf re-publica.tv, im September hybrid auf dem re:publica Campus und 2021 erneut als Online-Konferenz unter dem Motto „In The Mean Time“.

Foto: Jan Zappner, re:publica

„Erleichterung, Dankbarkeit und Demut“

Andreas Gebhard, Mitgründer und Geschäftsführer der re:publica, Deutschlands Festival für die digitale Gesellschaft in Berlin. Im Interview spricht er über das Comeback nach drei Jahren, über eine unsichere Sicherheit, Nachhaltigkeit, die re:publica als eine Zeitgeistdokumentation und darüber, Zufälliges zulassen.

Am 8. Juni 2022 sind die vier Gründer:innen endlich zurück für ihr „Welcome back to re:publica 2022“: Tanja Haeusler, Johnny Haeusler, Markus Beckedahl und Andreas Gebhard. Für einen Moment steht die Zeit still. Die sonst so schlagfertigen Vier schauen ins Publikum, das Publikum schaut auf sie. Sie brauchen einen Moment, um zu begreifen, dass es wahr ist: Ihre re:publica ist wieder da. An den drei Tagen kommt die re:publica auf 21.000 Besuche, auf 500 Sessions mit 900 Sprecher:innen. „Schön, dass ihr da seid. Danke“, sagen die vier Veranstalter:innen. Sie wissen, die Welt ist eine andere als 2019. Zu ihren Kernthemen wie Klimawandel und Hass im Web sind die Corona-Pandemie und der Angriffskrieg Putins hinzugekommen. „Wie finden wir bei all den Zumutungen Zusammenhalt und Mut?“, fragen die Vier. „Wir wollen, dass die re:publica ein Ort für Menschen mit Gestaltungswillen ist“, versucht Markus Beckedahl eine Antwort und verspricht: „Wir bemühen uns.“ Das ist ehrlich und der Zeit(enwende) angemessen.

Foto: Stefanie Loos, re:publica

„Demokratie braucht Diskurs und Kontroverse, aber eben auch ethische Leitplanken. Kurzum, wir brauchen den Weltgeist der re:publica.“

Bundeskanzler Olaf Scholz zur Digitalpolitik in der Zeitenwende auf der re:publica 2022

Der netzpolitische Aktivist und Journalist schildert die zwei Jahre im Online-Format und formuliert sein Learning: „Auch wenn wir aus dem Netz kommen, ist IRL (in real life) doch cooler“, so Beckedahl. Wegen der Pandemie wählt das Team die Arena Berlin alias Impfzentrum Treptow und den Festsaal Kreuzberg. Das neue Gelände an der Spree hat innen weniger und außen mehr Fläche. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei“, warnt Beckedahl und verweist auf das Hygienekonzept in Zeiten der Immernoch-Pandemie.

Mit weniger Innen- und mehr Außenflächen, mit Terrassen, einem Strand und dem Badeschiff eignet sich das Gelände der Arena Berlin an der Spree in der Pandemie für Veranstaltungen wie hier für die re:publica 2022. Foto: Jan Michalko, re:publica

Für alle im Netz einsehbar ist auch das Nachhaltigkeitskonzept rund um Stadt und Kiez, Mobilität, Energie, Catering und Barrierearmut & Inklusion. Es gibt keinen T-Shirt-Verkauf, sondern Upcycling, es gibt keine Lanyards (#bringyourown), dafür fleischfreies Catering. Die weißen Bäckerkisten sind seit einem Jahrzehnt für Bühnenbau und Stände im Einsatz und werden erneut eingelagert. „Das Thema Nachhaltigkeit ist superwichtig. Seit zehn Jahren arbeiten wir daran“, bemerkt Beckedahl und betont: „Es ist die nachhaltigste re:publica, die wir hingekriegt haben.“ Den Ton für die drei Festivaltage gibt die Eröffnungs-Keynote vor: „Her mit der besseren Zukunft“. Dort spricht die Transformationsforscherin Maja Göpel über den Strukturwandel, in dem sie keine Zumutung, sondern eine Chance sieht: „Wir sind jetzt gefragt, es anders zu machen, damit wir alle eine gute und friedvolle Zukunft haben.“

Her mit der besseren Zukunft

Maja Göpel auf der re:publica 2022

Unser Fenster zur Zukunft steht offen wie nie. Mit dieser Haltung ist Strukturwandel keine Zumutung, sondern eine Chance. Es ist Zeit, dass wir – jeder Einzelne von uns, aber auch die Gesellschaft als Ganzes – uns erlauben, neu zu denken, zu träumen und eine radikale Frage stellen: Wer wollen wir sein?

Der Deutsche Digital Award 2022

„Die re:publica beschäftigt sich stark mit gesellschaftlichen Themen. Viele davon sind auch für den BVDW relevant“, weiß Daniel Schuster, Marketing und Project Manager beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Im Meet-up Nachhaltige Digitalisierung: Mittelstand under pressure diskutiert sein Verband mit, wenn es darum geht, wie der Mittelstand die Herausforderung einer nachhaltigen Digitalisierung besteht. Den Austausch mit dem Publikum beschreibt Schuster als spannend und nimmt viele unterschiedliche Sichtweisen mit, die im Verband thematisiert werden. Verleiht der Bundesverband Digitale Wirtschaft doch den Deutschen Digital Award (DDA) für Innovation und Kreativität – und das nach drei Jahren wieder in Präsenz. 350 Gäste sind am 11. Mai 2022 nach Berlin in die Halle Mahalla, die historische Werkshalle von AEG, gekommen, 91 Awards vergeben worden, darunter der Best-of-Award an die Agentur Philipp und Keuntje für ihre Kampagne „Hetzjaeger. Antifascist. Algorithms“. „Sowohl das BVDW-Team als auch die BVDW-Mitglieder sowie alle Teilnehmer:innen haben sich gefreut, wieder vor Ort in Berlin dabei sein zu können“, unterstreicht Schuster. Und Geschäftsführer Sven Bornemann resümiert: „Eine gelungene Veranstaltung, bei der Networking und gesellschaftliche Themen im Vordergrund standen.“

91 Awards für Kreativleistungen beim Deutschen Digital Award 2022. Den Best-of-Award bekommt die Agentur Philipp und Keuntje für die Kampagne „Hetzjaeger. Antifascist. Algorithms“. Foto: BVDW, Svea Pietschmann

Selbst wenn die digitalen Award-Shows 2020 und 2021 beim alpha awards Grand Prix 2021 ausgezeichnet werden, favorisiert Schuster hier das Präsenzformat. „Was Fachkonferenzen betrifft, müssen wir akzeptieren, dass sich viele Menschen an eine Video-Teilnahme gewöhnt haben“, differenziert er und konzipiert den BVDW Data-Summit im Juni trotz des finanziellen und organisatorischen Mehraufwands hybrid. Denn das Verhalten und die Erwartungen der Teilnehmer:innen haben sich verändert und digitale Events und Remote-Working sind zur Norm geworden. „Wir alle hatten schon Web-Sessions, in denen Katzen durchs Bild gelaufen sind oder Online-Panels mit spielenden oder im Worst-Case schreienden Kindern im Hintergrund“, verdeutlicht er. Wegen der vielen Online-Events sinke die Hemmschwelle für ein Nur-mal-kurz-Vorbeischauen und die No-Show-Rate bei Online- und Hybrid-Formaten steige. Außerdem nehme die Konzentration vor dem Bildschirm mit jeder Stunde ab. Schuster steuert mit Live-Umfragen und digitalen Breakout-Rooms ebenso gegen wie mit Breakfast- oder Lunch-Sessions mit Snack-Boxen und -Vouchern. Schuster: „Das hilft den Teilnehmenden, ihre Arbeitszeit optimal zu nutzen und sich in einer etwas entspannteren Atmosphäre auszutauschen.“ Das funktioniere auch offline gut, erfährt er durch die Reaktionen auf seine Lunch-Sessions.

„Wenn uns die Corona-Pandemie eines gelehrt hat, dann sind es Flexibilität und Team-Zusammenhalt“, beschreibt Schuster sein wichtigstes Learning aus den letzten zwei Jahren. Es brauche Flexibilität in Bezug auf Back-up-Pläne, mit denen auf externe Faktoren zeitnah reagiert werden kann. Mit Team-Zusammenhalt meint er nicht nur die Unterstützung des Event-Teams, wenn es zu spontanen oder zusätzlichen Aufgaben kommt, sondern auch die Zusammenarbeit mit allen Dienstleistern.

Foto: BVDW

„Wenn uns die Corona-Pandemie eines gelehrt hat, dann sind es Flexibilität und Team-Zusammenhalt. Es braucht Flexibilität in Bezug auf Back-up-Pläne, mit denen auf externe Faktoren zeitnah reagiert werden kann.“

Daniel Schuster, Marketing und Project Manager beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW)

Der Tag der Industriekommunikation 2022

„Sei mutig, vertraue auf dein Team und die Stärke deiner Event-Marke“, formuliert Michaela-Susan Pollok ihre Learnings. Die Leiterin Eventmanagement und Social Media beim bvik – Bundesverband Industrie Kommunikation freut sich, dass der 10. Tag der Industriekommunikation (TIK) am 23. Juni 2022 erfolgreich und in Präsenz abgelaufen ist. Der TIK 2022 hat sich im veranstaltungsforum fürstenfeld in Fürstenfeldbruck mit der Rolle des B2B-Marketings der Zukunft in drei Abschnitten befasst: Exzellenz schaffen – Sinn stiften – Menschen begeistern. Dabei wird die Nachhaltigkeit zum Prüfstein für die Industrie. „Nachhaltigkeit muss ein Querschnittsthema im Unternehmen werden, mit Commitment der obersten Führungsebene“, betont in ihrer Keynote Prof. Dr. Estelle L.A. Herlyn die Dringlichkeit. Die wissenschaftliche Leiterin des KompetenzCentrums für nachhaltige Entwicklung FOM der Hochschule für Oekonomie & Management nennt ihre Empfehlungen bewusst „Lösungssuche“, denn einfache Lösungen gebe es nicht. Best Practices hingegen teilen die Unternehmen Schneider Electric und Mann+Hummel. Ins Tun kommt auch der bvik und misst erstmals den ökologischen Fußabdruck seiner Jahresveranstaltung.

Es kommt auf das Team an. Vor der Kamera die Geschäftsstelle des bvik – Bundesverband Industrie Kommunikation. Hinter der Kamera Geschäftsführerin Ramona Kaden. Foto: Ramona Kaden, bvik

„Über 200 Gäste live vor Ort und in regem Austausch miteinander zu erleben, das ist in der aktuellen Lage keine Selbstverständlichkeit”, verdeutlicht bvik-Geschäftsführerin Ramona Kaden. Dass es 100 Teilnehmer:innen weniger sind als 2019, ist kurzfristigen Absagen wegen Corona geschuldet und der hohen Konkurrenz in diesem „Eventsommer der Superlative“, so Pollok. Beim TIK digital am 6. Juli 2022 erwartet sie 350 Personen und sieht in der digitalen Verlängerung die Fortschreibung ihrer Learnings aus dem digitalen TIK 2020 und dem hybriden TIK 2021. „Nun modellieren wir den TIK 2022 in eine Art B2B-Marketing Samstagabend-Show, verbunden mit einer 24/7-Mediathek. Damit tragen wir dem veränderten Konsumverhalten der Zielgruppe Rechnung.“ Mit Event-Tech-Partner wird die TIK-App in knapp zwei Wochen in den TIK-Community-Hub umgebaut. Parallel erstellen die Content-Partner SportBrain und Wob AG die Inhalte für die Mediathek und schneiden die Kick-off-Show aus Live- und exklusiven Digital-Modulen zusammen. Pollok: „Das A und O bei dieser Transformation ist ein ausgeklügelter Regieplan mit flexibel verwendbarem, aber immer wiedererkennbarem Design, um weiterhin in die Marke des Events einzuzahlen.“

Als Herausforderungen im Event-Management für den TIK 2022 nennt Pollok die vielen Dienstleister, die der Pandemie zum Opfer gefallen sind, und die sehr angespannte Situation. „Es war sehr schwierig, passende und bezahlbare Gewerke zu finden und diese zu koordinieren.“ Betrachtet sie alle Events des bvik, macht sie den Faktor Zeit in ihrer Zielgruppe als Problem aus und die Unsicherheit. „Viele Menschen sind noch zurückhaltend, gerade was Live-Events betrifft.“

Der Deutsche Hotelkongress 2022

Die Unsicherheit wegen der Pandemie ist es, die die ahgz Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung ihren Deutschen Hotelkongress & HotelExpo 2022 (DHK) und die Preisverleihung „Hotelier des Jahres" in den Juni umziehen lässt und vom InterContinental Hotel Berlin in der deutschen Hauptstadt in Deutschlands meistbesuchten Freizeitpark, den Europa-Park nach Rust – genauer: ins Confertainment-Center. Dort haben sich am 14. und 15. Juni 2022 rund 550 Teilnehmer:innen zum Deutschen Hotelkongress unter dem Motto „Das Hotel der Zukunft – digital. innovativ. vielfältig.“ getroffen und 800 Gäste zum Hotelier des Jahres. „Mit der Familie Mack als Gastgeber haben wir die Veranstaltungen in einem neuen Licht gezeigt und die Räumlichkeiten besonders in Szene gesetzt. Die Stimmung, das Ambiente sowie das Konzept vor Ort kamen sehr gut bei den Teilnehmer:innen an“, freut sich Lena Steinhäuser-Heinz. Nach der Befragung aller Beteiligten verkündet die Projektleiterin Deutscher Hotelkongress & HotelExpo 2022 bei der dfv Conference Group das Save-the-date für den 24. und 25. April 2023 erneut im Europa-Park.

Dr. Caroline von Kretschmann, geschäftsführende Gesellschafterin des Hotels „Der Europäische Hof“, ist "Hotelier des Jahres 2022".

Sie beobachtet, dass sich durch die Pandemie vor allem das Anmeldeverhalten verändert hat. „Wir stellen fest, dass viele Interessierte abwarten, wie sich die Coronazahlen oder auch das eigene Business entwickeln, bevor sie ein Ticket buchen.“ Neben der Vermarktung wird folglich das Veranstaltungskonzept angepasst und mehr auf das Erlebnis gesetzt. „Wir versuchen, das Programm emotionaler zu gestalten und den Fokus verstärkt auf den persönlichen Austausch vor Ort zu richten, der in den letzten zwei Jahren nur digital stattfinden konnte“, informiert Steinhäuser-Heinz. Eine digitale Verlängerung hat es nicht gegeben, aber am 7. April 2022 eine Vorschau. Etwa zum Themen-Fokus III Nachhaltigkeit, dem erstmals ein halber Kongresstag gewidmet wird. Dort moderiert Stefan Baumeister, Geschäftsführer von myclimate Deutschland, nicht nur die Podiumsdiskussion „Wie kann Nachhaltigkeit fest in der Unternehmensstrategie verankert werden?“: Der Hotelkongress und der Hotelier des Jahres werden erstmals mit der Unterstützung von myclimate kompensiert.

Drei Learnings aus den letzten zwei Jahren

Lena Steinhäuser-Heinz, Projektleiterin Deutscher Hotelkongress & HotelExpo 2022 bei der dfv Conference Group

Neu sind beim Deutschen Hotelkongress auch zwei partizipative Formate: der „Inner Circle Female Leadership“ für Frauen – und Männer – aus der Hotellerie und das Barcamp „Future Hotel Leaders“. Beide Formate sind so gut angekommen, dass nun geprüft wird, wie diese Themen in Zukunft ein- und ausgebaut werden können. Lena Steinhäuser-Heinz: „Wir möchten die Hotellerie vor Ort zusammenbringen und Formate schaffen, wo Networking und auch der Wissenstransfer untereinander im Vordergrund stehen und topaktuelle Themen besprochen werden können.“

Das International Transport Forum 2022

Der Annual Summit des International Transport Forum (ITF) beschäftigt sich als wichtigstes Treffen der internationalen Verkehrspolitik mit der globalen Mobilität, mit Handelswegen und Verkehrsträgern. „Im Vergleich zu den Vorjahren ist das IFT 2022 auf der Leipziger Messe vom 18. bis 20. Mai 2022 sehr viel politischer geworden, beeinflusst vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine“, berichtet André Kaldenhoff, Geschäftsbereichsleiter Kongresse der Leipziger Messe. Ist es doch auch bei dieser Zusammenkunft von Verkehrsministern und Delegationen aus aller Welt darum gegangen, einen Umgang mit diesem Krieg zu finden, der sich auf den globalen Handel und Verkehrswege, auf Lieferketten und die Mobilität auswirkt.

Zum Annual Summit des International Transport Forum sind 1.000 Delegierte nach Leipzig gekommen und haben mehr als in den Vorjahren bilaterale Gespräche geführt. Foto: ITF 2022

„Der große Bedarf nach persönlichem Austausch hat den Annual Summit in Leipzig spürbar geprägt und ihn mehr als zuvor zu einem Forum für diplomatische Beziehungen gemacht“, befindet Kaldenhoff. Die Verkehrsminister aus Deutschland und 36 weiteren Staaten sichern der Ukraine beim Weltverkehrsforum ihre Unterstützung zu. Von den registrierten Teilnehmern sind im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich mehr vor Ort. Kaldenhoff betont: „Die Teilnehmer sind dieses Jahr mit konkreten Fragen und Anliegen angereist und weniger als stille Zuschauer. Das hat der Veranstaltung eine ganz neue Qualität gegeben.“ Es gab einen hohen Bedarf für bilaterale Gespräche. Schon parallel zur ersten Abendveranstaltung finden viele Gespräche statt, zum Teil bis spät in die Nacht. Die Vorbereitungen sind sehr viel kurzfristiger, sowohl in der inhaltlichen Planung als auch in der Registrierung der 1.000 Teilnehmer. Rund 60 % der Anmeldungen gehen erst in den letzten zwei Wochen vor der Veranstaltung ein. Kaldenhoff: „Die Teilnehmer reisen nicht mehr auf ‚gut Glück‘ an und lassen sich überraschen. Vielmehr wollen sie vorab konkrete Inhalte erfahren und entscheiden anhand des Programms, ob sich eine Teilnahme lohnt.“ Darauf müssten sich Veranstalter einrichten.

Drei Learnings aus den letzten zwei Jahren

André Kaldenhoff, Geschäftsbereichsleiter Kongresse der Leipziger Messe

Zu den größten Herausforderungen zählt für den Leipziger der Personalmangel, der sich in allen Bereichen auswirke und bei der Anreise beginne: verspätete Züge, verzögerte Abläufe an Flughäfen oder stornierte Flüge verhinderten die rechtzeitige Anreise oder machten die komplette Reise hinfällig. In der Durchführung vor Ort spürt er den Personalmangel vor allem im Catering, im Standbau und allen anderen Dienstleistungen, was den Druck für alle Beteiligten erhöhe. Und das bei einem besonderen Peak im Veranstaltungsgeschäft im Mai und Juni 2022. „Im Kongressbereich der Leipziger Messe hatten wir 20 % mehr Geschäft als im gleichen Zeitraum unseres bisher besten Veranstaltungsjahres“, erklärt Kaldenhoff und ergänzt: „Diese hohe Auslastung hat sich vor allem durch Nachholtermine und bewusste Verschiebungen ergeben und wird sich voraussichtlich wieder normalisieren.“

Foto: AUMA

Messemonat Mai

„Erfolge soll man genießen, darauf ausruhen darf man sich nicht. So würde ich vielleicht unser großes Learning beschreiben“, sagt Sylvia Kanitz, Manager Marketing Kommunikation und Marketing beim Verband der deutschen Messewirtschaft – AUMA. Nach erfolgreichen Jahren treffen die Pandemie und politische Entscheidungen die deutsche Messewirtschaft schwer. 55 der 350 Mrd. Euro an gesamtwirtschaftlichem Schaden hängen an den Verboten und Verschiebungen von Messen. „Daraus haben wir gelernt“, so Kanitz. „Messen wurden lange als zu selbstverständlich betrachtet. Wir erklären nun jeden Tag ein Stück besser, was alles an uns hängt.“ Mit Blick auf den Winter …

In den Planungen für 2023 und die Folgejahre erkennt André Kaldenhoff in der Auslastung wieder mehr Ähnlichkeiten mit der vorpandemischen Zeit. Auch wenn er nach wie vor eine Unsicherheit wahrnimmt und die Veranstalter noch zurückhaltend sind und die Entwicklung beobachten, bevor sie den Zeitpunkt für ihre Veranstaltungen festlegen. In der Kommunikation mit Teilnehmern von Kongressen gehe es häufiger als zuvor um Sicherheit und gefühlte Sicherheit – kann ich eine Reise wagen oder sind damit Risiken verbunden aufgrund einer pandemischen Entwicklung oder aufgrund politischer Entwicklungen? Was Kaldenhoff und seine Kollegen noch viel mehr als die weitere Entwicklung der Pandemie beschäftigt, sind die globale Entwicklung und eine Destabilisierung durch globale Krisen, die Energiekrise genauso wie die Klimakrise, Kriege und Konflikte. Deren Auswirkungen verändern die geopolitischen Zusammenhänge und damit das Veranstaltungsgeschäft, die Planbarkeit und Kontinuität langfristig und massiv. André Kaldenhoff: „Gerade angesichts all dieser Veränderungen bleiben ein persönlicher Austausch und Diplomatie als Grundlage für Verständnis und Toleranz aber auch in Zukunft essenziell.“

Kerstin Wünsch

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