B2B-Marketing
Persönliche Begegnung bleibt zentral
Im Jahr 2022 sind 76 % der Messe- und Event-Budgets für Präsenzformate geplant. 2021 waren es nur 46 %. Das ist ein Ergebnis der Studie „B2B-Marketing-Budgets 2022“. Grafik: bvik
Im Jahr 2022 sind 76 % der Messe- und Event-Budgets für Präsenzformate geplant. 2021 waren es nur 46 %. Das ist ein Ergebnis der Studie „B2B-Marketing-Budgets 2022“. Grafik: bvik
„Professionelle und ehrliche interne Kommunikation“ ist der Top-Trend im Industrie-Marketing 2023, so die Umfrage des Bundesverbandes Industrie Kommunikation (bvik). Zusammen mit der Studie „B2B-Marketing-Budgets 2022“ eröffnet sich Event-Professionals ein Ausblick: Die Budgets stehen unter Druck, die Planbarkeit bleibt schwierig und der Austausch wichtig. Dazu lädt die bvik-Lounge zur BOE International 2023 ein.
Professionelle und ehrliche interne Kommunikation wird zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen führen. Die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit von HR und Marketing im Bereich Employer Branding wird im B2B zum Standard. Alternative Datenqualifizierung wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Das sind die Top 3 der Top-10-Trends im Industrie-Marketing 2023, die der Bundesverband Industrie Kommunikation e. V. (bvik) am 6. Dezember 2022 veröffentlicht hat.
In seiner jährlichen Umfrage hat der Bundesverband Industrie Kommunikation (bvik) seine Mitglieder, Marketing-Verantwortliche der Industrie und Professionals in der B2B-Kommunikation gefragt, auf welche Themen sie setzen. Das so entstandene Stimmungsbild soll Marketing-Professionals bei ihrer strategischen Ausrichtung helfen. Vor dem Ukraine-Krieg hießen die Top-10-Trends im Industrie-Marketing 2022 und die entsprechenden Top-3-Thesen noch: „Digitale Skills werden zum Erfolgsfaktor“ (94 % Zustimmung), „Mitarbeiter:innen werden als Markenbotschafter immer wichtiger“ (90 % Zustimmung) und „Eine professionell umgesetzte Customer Experience wird zum Standard“ (86 % Zustimmung).
Foto: Thomas R. Schuman
Interview Silke Lang
„Der Erlebnisfaktor wird bei Live-Events immer wichtiger“
Silke Lang ist Vorstandsmitglied im Bundesverband Industrie Kommunikation (bvik) und Director Marketing Mobile Hydraulics bei der Bosch Rexroth AG. Im Interview spricht sie über eine Vertrauenskultur in Krisen, intelligente Baufahrzeuge, Marketing-Budgets, das Bedürfnis nach persönlicher Begegnung und den Event-Mix 2023.
Für 2023 spreche vieles dafür, dass die B2B-Marketing- und Kampagnenplanung zum Drahtseilakt wird, so ein übergreifendes Fazit. Der Grund sind die aktuelle weltpolitische Unsicherheit, die, gepaart mit Inflation, Lieferengpässen und Energiekrise, eine größtmögliche Flexibilität erfordere, und Budgetkürzungen. „Besonders wenn Budgets stark unter Druck stehen und die Planbarkeit immer schwieriger wird, sind der Austausch und Wissenstransfer unter unseren Experten umso wertvoller“, ist bvik-Geschäftsführerin Ramona Kaden überzeugt. Ein Umstand, der dem B2B-Netzwerk trotz oder gerade in krisenhaften Zeiten neue Mitglieder zuführt, wie Erlebnismarketing-Spezialist Philipp Wenger, Geschäftsführer der 360°-Agentur GO-Event, betont. Kaden weiß, dass die Umbrüche im Eventmanagement und die Digitalisierung aller Touchpoints eine tiefgreifende Wissenserweiterung bei B2B-Professionals erfordern.
Studie „B2B-Marketing-Budgets 2022“
„Wir befinden uns nach wie vor in einem stetigen Wandel. Nach den Auswirkungen der Corona-Krise sind nun noch weltpolitische Themen dominant zu spüren“, konstatiert Ramona Kaden in ihrem Vorwort zur Studie „B2B-Marketing-Budgets 2022“. Zu diesen Themen gehören für die bvik-Geschäftsführerin neben Lieferengpässen, gestauten Auftragseingängen und Fachkräftemangel auch der Klimawandel und damit verbundene Nachhaltigkeitsziele. Genau deshalb sei es wichtig zu erfahren, wie die Industrie auf den steigenden Druck und die hohe Dynamik der äußeren Rahmenbedingungen reagiert und wie sie ihre Budgets auf die verschiedenen Maßnahmen und Kanäle aufteilt. Kaden weiß: Eine der größten Herausforderungen für Marketingabteilungen wird es künftig weiterhin sein, den Bedürfnissen der Kunden im digitalen wie analogen Umfeld gleichermaßen passgenau zu begegnen und sich dem stetig veränderten Nutzerverhalten anzupassen. Doch was heißt das?
Antworten liefert der Fachverband in seiner Studie „B2B-Marketing-Budgets 2022“ im Oktober. Dafür hat das Fördermitglied Statista zwischen April und Juli rund 100 Marketing-Experten aus deutschen Industrieunternehmen zur Verteilung ihrer Budgets und Entwicklung der Abteilungen online befragt. Die Durchführung und Auswertung der Studie hat Prof. Dr. Hannes Huttelmaier wissenschaftlich unterstützt. Der Professor und Strategie Advisor Digital B2B Marketing & Sales an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt bekräftigt die Auswirkungen der Budgetplanung durch die von Kaden angesprochenen Krisen und geht nicht von einer schnellen Erholung aus. „Vor diesem Hintergrund wächst neben der allgemeinen Unsicherheit auch der reale Druck auf Unternehmen massiv.“ Das habe Folgen für die Planung der Budgets im Allgemeinen und folglich auf jene für Marketing und Kommunikation im Speziellen.
B2B-Marketing-Budgets 2022: Drei wichtige Erkenntnisse
- 13 % durchschnittliche Steigerung der Gesamtbudgets im Bereich Marketing in den befragten B2B-Unternehmen von 2021 auf 2022!
- 76 % des Messe- und Event-Budgets fließen 2022 in die Live-Durchführung vor Ort (2021: 46 %).
- 62 % der befragten Marketing-Abteilungen zählen Employer-Branding 2022 zu ihren Aufgabenfeldern (2021: 35 %).
Zwar würde der Stellenwert von Marketing- und Kommunikationsabteilungen laut Huttelmaier aus Sicht der befragten B2B-Marketer weiter steigen, doch schlage sich dies nicht in den Budgets nieder. Selbst wenn die Marketing-Budgets von 2021 auf 2022 im Durchschnitt um 13 % gestiegen sind, haben sie das Vor-Corona-Niveau nicht erreicht. Der Anteil des Marketing-Budgets liegt mit durchschnittlich rund 0,5 % des Umsatzes auf Vorjahresniveau. „Die Marketing-Budgets steigen gegenüber dem Vorjahr wieder leicht an, unterliegen aber gleichzeitig einem gewachsenen Kostendruck“, erklärt Ramona Kaden. Kai Halter, Director Marketing beim Ventilatoren-Hersteller ebm-papst und Vorstandsvorsitzender des bvik, ergänzt: „Rollierende Forecasts pro Quartal mit verlässlichen Prognosen und ROIs werden von der Geschäftsleitung erwartet. Dies bedeutet, dass die Planungssicherheit für Marketing-Kampagnen, Beauftragung externer Partner und Preisverhandlungen bei Weitem nicht mehr so hoch ist wie früher.“
Für 2023 geht das Gros der Befragten von mindestens gleichbleibenden, wenn nicht sogar wachsenden Budgets aus. Allerdings, so das Ergebnis der qualitativen Interviews, sei mit kurzfristigen Budget-Kürzungen für 2023 zu rechnen.
„Die Marketing-Budgets steigen gegenüber dem Vorjahr wieder leicht an, unterliegen aber gleichzeitig einem gewachsenen Kostendruck.“
Ramona Kaden, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Industrie Kommunikation (bvik)
Foto: bvik
Eine weitere interessante Beobachtung macht Huttelmaier beim Thema Employer Branding, das aufgrund des Fachkräftemangels stark diskutiert wird. Obwohl der Bereich Employer Branding bei 63 % der Marketer zum Aufgabengebiet zählt und das einen Anstieg um 27 % im Vergleich zur Studie 2021 bedeutet, spiegelt sich diese gestiegene Bedeutung noch nicht in den Budgets wider: Der Budgetanteil ist mit 3 % weiterhin niedrig. Obwohl das Fachwissen und neue Disziplinen im Marketing durch die Digitalisierung gefragt sind und kontinuierliche Weiterbildung erfordern, geben nur 21 % der befragten Unternehmen mehr als 1.000 Euro pro Mitarbeiter:in für die Qualifizierung ihres Teams jährlich aus.
Die persönliche Begegnung
Bemerkenswert ist für den Wissenschaftler auch, dass dieses Jahr 76 % des Budgets für Messen für Offline-Formate geplant sind. Letztes Jahr waren es 46 %. Im Gegenzug sinken die Anteile von Online-Formaten von 41 % auf 16 % und von hybriden Formaten von 13 % auf 8 %. Genauer nachgefragt bei den Veranstaltungsformaten, ergibt sich für das laufende Jahr: Mit 93 % dominiert Offline bei Branchenmessen und 68 % bei internationalen Messen. 70 % sind es bei Fachkongressen, doch spielen hier mit 18 % hybride Formate eine größere Rolle.
Die Erhebung des bvik belegt, dass die persönliche Begegnung mit Kunden und Partnern im B2B-Umfeld zentral bleibt und durch die Erfahrungen der vergangenen Jahre einen noch höheren Stellenwert erhalten hat. Die digitale und hybride Messe habe auch nach fast drei Jahren nicht überzeugt. So fasst im Webinar „Entwicklung der B2B-Marketing-Budgets – Einblick in die bvik-Studie“ Dr. Andreas Bauer, CMO bei XITASO, das „ungewollte Live-Experiment Corona“ zusammen. Dem stimmt Hendrik Hochheim zu. Doch warnt der Geschäftsbereichsleiter Messen Deutschland beim Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (AUMA) und Leiter des Instituts der Deutschen Messewirtschaft vor dem Rückschritt zum „Old Normal“. Die identifizierten Mehrwerte der Präsenz wie Zufallsbegegnung, Neukundenkontakt und Konkurrenzbeobachtung müssten noch stärker ausgespielt werden. Neben der Digitalisierung müsse das Format Live-Messe den Veränderungen Rechnung tragen und sich fortlaufend an den Bedarfen aller Stakeholder weiterentwickeln.
bvik-Lounge auf der BOE International
Der bvik ist erneut exklusiver B2B-Partner der BOE International 2023. Die bvik-Lounge in Halle 4 versteht sich als Treffpunkt für den Austausch zu den aktuellen Themen. Gemeinsam mit den Partnern Holger Steffentorweihen (DCC.Ruhr) und Kerstin Wünsch (tw Tagungswirtschaft) werden verschiedene Themen aufgegriffen und drei einstündige Guided Tours angeboten:
- 11. Januar 2023, 13:00 Uhr: Guided Tour Nachhaltigkeit
- 12. Januar 2023, 11:00 Uhr: Guided Tour Best of BOE International
- 12. Januar 2023, 13:00 Uhr: Guided Tour Nachhaltigkeit
Vor dem Hintergrund, dass Online-Veranstaltungen eher schlecht funktionieren, wird in vielen Unternehmen in Präsenz geplant, aber mit der gebotenen Vorsicht. Die vom Bundesverband Industrie Kommunikation Befragten gehen selektiver bei ihren Messebeteiligungen vor und bereiten sich auch auf Messeabsagen vor. „Menschen kaufen bei Menschen. Deswegen werden Messen wahrscheinlich bleiben. Man möchte sich wieder „in echt" sehen und zum Beispiel einen Kaffee zusammen trinken“, resümiert Berndt Sander. Der Head of Marketing bei Beko Technologies räumt ein: „Vielleicht ist das in zwei bis drei Generationen anders und die Messen verlieren an Bedeutung.“ Er glaubt aber nicht, dass das in den nächsten fünf Jahren der Fall sein wird. Sander: „Neue Möglichkeiten, wie zum Beispiel das Metaverse, lösen die Messe also zumindest momentan nicht ab, sondern sind ein zusätzlicher Kanal beziehungsweise ein zusätzliches Tool.“ Mit dieser Einschätzung ist er nicht allein, denn das Metaverse landet bei den Top-10-Trends im Industrie-Marketing 2023 auf Position 10.