Interview Silke Lang
„Der Erlebnisfaktor wird bei Live-Events immer wichtiger“
Silke Lang: Bei Bosch Rexroth setzen wir in der Business Unit Mobile Hydraulics im Event-Mix 2023 ungefähr zu 60 % auf Live-Events und 40 % auf digitale Veranstaltungen, beim Bundesverband Industrie Kommunikation ist es umgekehrt. Foto: Privat
Silke Lang: Bei Bosch Rexroth AG setzen wir in der Business Unit Mobile Hydraulics im Event-Mix 2023 ungefähr zu 60 % auf Live-Events und 40 % auf digitale Veranstaltungen, beim Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik) ist es umgekehrt mit etwa 60 % digital und 40 % in Präsenz. Foto: Privat
Silke Lang ist Vorstandsmitglied im Bundesverband Industrie Kommunikation (bvik) und Director Marketing Mobile Hydraulics bei der Bosch Rexroth AG. Im Interview spricht sie über eine Vertrauenskultur in Krisen, intelligente Baufahrzeuge, Marketing-Budgets, das Bedürfnis nach persönlicher Begegnung und den Event-Mix 2023.
tw tagungswirtschaft: Am 6. Dezember hat der Bundesverband Industrie Kommunikation (bvik) die Trends im Industrie-Marketing 2023 veröffentlicht. Auf Platz 1 steht „Angesichts der aktuellen Krisen wird professionelle und ehrliche interne Kommunikation zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen im B2B führen“, auf Platz 10 „Das Metaverse wird die B2B-Live-Kommunikation in den nächsten fünf Jahren maßgeblich beeinflussen“. Hat Sie das überrascht? Silke Lang: Tatsächlich hat es mich ein wenig überrascht, dass der internen Kommunikation ein so hoher Stellenwert zugestanden wird. Aber erklären kann ich es mir durchaus, besonders in schwierigen Zeiten, in denen auch viel über Krisen gesprochen wird, ist Transparenz unseren Mitarbeiter.innen gegenüber absolut wichtig. Entscheidungen müssen erklärt und transparent kommuniziert werden, das schafft Vertrauen, Sicherheit und Verlässlichkeit. Diese Vertrauenskultur, die durch eine zielgerichtete interne Kommunikation mit geschaffen wird, ist jedoch Grundlage für Leistungsbereitschaft und Erfolg, gerade auch bei den so wichtigen jungen Talenten. Die Bewertung des Metaverse fand ich dagegen weniger überraschend. Ich denke, das ist für den B2B-Bereich noch zu abstrakt. Auch bei mir ist das Thema noch nicht ganz angekommen, und es müssen Kosten und Nutzen abgewogen werden. Technisch ist hier sicherlich einiges möglich, aber die authentische Live-Begegnung wird meiner Meinung nach an erster Stelle bleiben.
Was sind Ihre Top-3-Themen als Director Marketing Mobile Hydraulics bei der Bosch Rexroth AG? Thematisch haben wir momentan zwei große Schwerpunkte: Einerseits möchten wir uns im Bereich Elektrik stärker positionieren und Sichtbarkeit auf dem Markt gewinnen. In diesem Zuge haben wir zur Bauma eine große Imagekampagne gelauncht und werden diese fortführen, um uns neben der klassischen Hydraulik auch in unserem elektrischen Portfolio auf dem Markt zu stärken. Ähnliches gilt für unser zweites Thema Automation. Vergleichbar mit der Entwicklung im Pkw-Markt, werden auch Baufahrzeuge immer intelligenter und mit Assistenzfunktionen zu Komfort und Sicherheit ausgestattet. Auch dafür möchten wir mehr Bewusstsein schaffen und unsere Position auf dem Markt stärken. Strategisch beschäftige ich mich stark mit der Optimierung unserer Customer Journeys, zwischen digitalen Formaten und persönlichen Touchpoints. In unserer Erfahrung findet die Hinführung zu unseren Produkten zunehmend auch digital statt, zum Kaufabschluss benötigt es dann aber dennoch immer den persönlichen Kontakt. Darauf gilt es die Strategie auszurichten und bestehende Kommunikationskanäle anzupassen.
Eine der größten Herausforderungen im Marketing ist, die digitalen wie analogen Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen und dabei ihr sich änderndes Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Wie kann das gelingen? Ich persönlich bin hier Freund davon, die Kund:innen selbst ab und an zu befragen, was sie sich wünschen. Durch telefonische Interviews oder Umfragen auf Messen lässt sich ein gutes Stimmungsbild sammeln, auf dessen Basis man dann die konkreten Bedürfnisse der eigenen Kundschaft bedienen und umsetzen kann. Dazu gehören auch unsere Vertriebspartner, die wir gerne in die Konzipierung dieser Maßnahmen miteinbeziehen.
Laut der bvik-Studie „B2B-Marketing-Budgets 2022“ haben die Budgets in den Marketing- und Kommunikationsabteilungen im Vergleich zum Vorjahr um 13 % zugelegt, sind aber noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau angelangt. Braucht es nicht gerade in der Zeitenwende Geld für Marketing und Kommunikation? Grundsätzlich braucht es natürlich immer Budgets, und es fühlt sich auch immer nach zu wenig an. Wichtig ist aber, wo das Budget hinfließt. Die Allokation der Gelder braucht eine entsprechende Fokussierung auf die wichtigsten Themen, denn alles kann man ohnehin nicht bedienen. Die Strategie dazu sollte gemeinsam mit dem Vertrieb entwickelt werden, weil diese Verzahnung und das gemeinsame Agenda-Setting vor allem im B2B unverzichtbar sind. Die Diskussion über die genauen Budgets finde ich sehr relativ, ohne sie mit Bezug auf die geplanten Ziele zu sehen.
„Für mich ist an den Ergebnissen der bvik-Studie ‚B2B-Marketing-Budgets‘ immer besonders interessant zu sehen, wie Budgets neu allokiert und umverteilt werden, wie z.B. die Verlagerung in IT und Systeme.“
Silke Lang, bvik-Vorstand und Director Marketing Mobile Hydraulics, Bosch Rexroth AG
Foto: Thomas R. Schuman
Foto: Thomas R. Schuman
„Für mich ist an den Ergebnissen der bvik-Studie ‚B2B-Marketing-Budgets‘ immer besonders interessant zu sehen, wie Budgets neu allokiert und umverteilt werden, wie z.B. die Verlagerung in IT und Systeme.“
Silke Lang, bvik-Vorstand und Director Marketing Mobile Hydraulics, Bosch Rexroth AG
Wir erleben multiple Krisen. Das bringt Unsicherheit mit sich und hat Folgen für die Budgets. Rechnen Sie für 2023 mit Kürzungen in Marketing- und Kommunikationsbudgets?
Ich rechne unter den gegebenen Umständen mit stabilen oder möglicherweise geringfügig sinkenden Budgets. Die allgegenwärtigen Unsicherheiten führen ja auch allgemein zu sinkenden wirtschaftlichen Erträgen, die sich dann natürlich wieder in Budgetkürzungen abbilden. Es sind noch keine dramatischen Einbrüche und die Entwicklungen sind auch branchenabhängig, aber von steigenden Budgets würde ich nicht ausgehen.
Werden die Budgets für Business Events betroffen sein?
Das kann man pauschal nicht sagen, es kommt auf die individuellen Ziele und Schwerpunkte der Marketing-Maßnahmen an. In unserem Fall beispielsweise hat sich ein sehr gut funktionierendes Konferenzformat entwickelt, welches in Präsenz stattfindet und sehr kostenintensiv ist. Da es aber sehr effektiv für die Kundenbindung und Entwicklung neuer Projekte ist, würde ich hier nicht direkt kürzen. Die einzelnen Marketing-Projekte müssen also im Kosten-Nutzen-Vergleich evaluiert werden, um die verbleibenden Budgets bestmöglich zu investieren. Gegebenenfalls werden dann im Gegenzug Messestände verkleinert oder Messen ganz abgesagt, aber das sind immer Einzelfallentscheidungen.
Aus Ihrer Studie zu den B2B-Marketing-Budgets geht hervor, dass in diesem Jahr 76 % der Messe-Budgets für Offline-Formate geplant sind, letztes Jahr waren es 46 %. Woran liegt das?
Ich sehe darin einen Nachholeffekt unserer Branche. Durch den langen Stillstand ist das Bedürfnis nach einer Live-Begegnung sehr stark gestiegen, was sich auch in der Anzahl an Messen und Veranstaltungen in dieser zweiten Jahreshälfte gezeigt hat. Die Menschen wollen sich wieder treffen, sowohl in internen Veranstaltungen als auch Kundenevents. Diese Entwicklung wird sicherlich wieder etwas abflachen, durch die gegebenen Krisen. Aber ich rechne mit einer Art Wellenbewegung, abhängig von äußeren Umständen, Budgets, etc. Auf jeden Fall kehren wir aber alle gerne an die Live-Schauplätze zurück.
Beim Tag der Industriekommunikation, der Konferenz für B2B-Marketing-Trends, geht es um die persönliche Begegnung. Der TIK2023 findet am 22. Juni 2023 in Präsenz im Veranstaltungsforum Fürstenfeld in Fürstenfeldbruck statt. Foto: bvik
Wie sieht Ihr Event-Mix 2023 (Formate in Präsenz wie auch hybrid und digital) bei der Bosch Rexroth AG aus?
Wir setzen nach wie vor auf unsere wichtigsten Messen und dabei auf das Präsenzformat, von dem wir überzeugt sind. Mit digitalen Messeauftritten haben wir nur bedingte Erfolge erzielt. Budgetseitig ist auch immer zu beachten, dass hochwertige digitale Veranstaltungen ebenfalls (hohe) Kosten verursachen können. Dennoch haben digitale Formate durchaus ihre Berechtigung an den entsprechenden Stellen im Marketing-Mix, deshalb setzen wir unseren Schwerpunkt mit circa 60 % auf Live-Events und 40 % auf digitale Veranstaltungen.
Und wie beim Bundesverband Industrie Kommunikation? Beim bvik verhält es sich etwas anders: Da wir sehr viele Veranstaltungen organisieren und große Teile davon zur Wissensvermittlung dienen, setzen wir hier etwa 60 % digital an und die verbleibenden 40 % in Präsenz. Bei den Präsenzveranstaltungen liegt dann auch immer ein Hauptaugenmerk auf dem Networking-Charakter, denn dieser ist noch immer sehr schwierig digital abzubilden. Unsere Großveranstaltung, der Tag der Industriekommunikation 2023, wird in reiner Präsenz mit anschließender Mediathek stattfinden, da es hier um ein Live-Erlebnis geht und das persönliche Aufeinandertreffen, der Austausch und die Atmosphäre neben den spannenden Vorträgen eine Hauptrolle einnehmen. Der Erfolg gibt uns dabei recht, sich diesen einen Tag zu nehmen, um die gesamte Community zusammenzubringen.
Sehen wir Sie in der bvik-Lounge auf der BOE International 2023, der Fachmesse für Erlebnismarketing, am 11. und 12. Januar in der Messe Dortmund? Leider werde ich es voraussichtlich nicht zur BOE schaffen, das hängt auch damit zusammen, dass wir zu diesem Zeitpunkt noch die Marketingplanung für das neue Jahr abschließen werden. Es wird aber sicherlich hochspannend, auch die Entwicklung der Eventbranche dort vor Ort zu sehen. Der Erlebnisfaktor wird bei Live-Events immer wichtiger, und die Herausforderung, technischen Content spannend und erlebbar aufzubereiten, wird uns alle immer beschäftigen. Ich freue mich also schon auf den Nachbericht meiner Kolleg:innen im bvik und die Learnings aus dem Panel zur Live-Kommunikation.