Circular Collective
So misst man den CO2e-Impact
Bei der CO2-Bilanz des Messestands der tw tagungswirtschaft auf der IMEX 2024 in Halle 8 der Messe Frankfurt werden auch die An- und Abreisen der Besucher:innen betrachtet. Das entspricht dem Scope 3 des Greenhouse Gas Protocols. Foto: IMEX Group
Bei der CO2-Bilanz des Messestands der tw tagungswirtschaft auf der IMEX 2024 in Halle 8 der Messe Frankfurt werden auch die An- und Abreisen der Besucher:innen betrachtet. Das entspricht dem Scope 3 des Greenhouse Gas Protocols. Foto: tagungswirtschaft
Im nächsten Schritt auf dem Weg zu einem kreislauffähigen Messestand werden nach der Fachmesse IMEX 2024 die Aktivitätsdaten des Auftritts der tw tagungswirtschaft erhoben, um die tatsächlich erzeugten CO2e-Emissionen zu messen. Die Vorgehensweise beschreibt in seinem Fachbeitrag Clemens Arnold, Geschäftsführer des CSR-Projektpartners 2bdifferent.
Die tw tagungswirtschaft präsentierte sich auf der Fachmesse IMEX vom 14. bis 16. Mai 2024 auf einem gut 30 Quadratmeter großen Messestand in Halle 8 der Messe Frankfurt. Um den CO2e-Ausstoß zu berechnen und zu bilanzieren, visualisiert der Event Carbon Footprint alle Emissionen, die bei der Planung, Produktion und Umsetzung des Messeauftritts in den CO2e-relevanten Handlungsfeldern entstanden sind. Dieser Wert wird nach einer validierten Methodik des international anerkannten Green House Gas (GHG) Protocol Standards kalkuliert.
Der vorliegende Event Carbon Footprint umfasst die von der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) und im Kyoto-Protokoll berücksichtigten Treibhausgase, wie in nachfolgender Tabelle 1 dargestellt. Da diese in ihrem jeweiligen Treibhauspotenzial (Global Warming Potential, GWP) stark voneinander abweichen, werden sie zugunsten einer besseren Vergleichbarkeit auf CO2-Äquivalente (CO2e) umgerechnet:
Tabelle 1: Treibhausgase des Kyoto-Protokolls
Die notwendige Datensammlung wurde in Form von spezifischen Erhebungsbögen entsprechend der Gewerke vorbereitet und vor der Fachmesse den beteiligten Dienstleistern zur Verfügung gestellt. Dies deshalb, damit die Dienstleister die zu erhebenden Daten kennen und bereits u.a. Aktivitätsdaten für Mobilitätsfahrten erfassen können. Die finalen, im Rahmen des Messeauftritts entstandenen Aktivitätsdaten wurden nach Abschluss der Messe erfasst und dienen als Basis für die Ermittlung der CO2e-Emissionen. Die erfassten Gewerke sind:
- Messebau
- Mietmöbel
- Catering
- Location (Messestandort)
- Speaker
- Reinigungsdienstleistungen
- An- und Abreise der Besucher:innen
- Logistik
- Übernachtungen
Um belastbare Kennzahlen zu den einzelnen Gewerken des Messeauftritts zu erhalten, ist es notwendig, relevante Daten wie Mobilität, Ressourcen- und Energieeinsatz sowie Abfallmengen je Gewerk zu erfassen. Nur so können die Verantwortlichen der tw tagungswirtschaft Maßnahmen ableiten, die gezielt auf die Reduzierung und Vermeidung von CO2e-Emissionen für die Messeauftritte der Folgejahre einzahlen. Das Thema Glaubwürdigkeit wird durch die beschriebene Vorgehensweise nochmals aktiv unterstützt. Gerade in Zeiten, wo Begriffe wie klimaneutral, klimapositiv, klimaoptimiert nicht mehr einfach in den Raum gestellt werden können, sondern im Rahmen der verstärkten Regulierungen wie der Green Claims Directive und der Empowering Consumers Directive nachvollziehbar erläutert werden müssen. Aus diesem Grund war es hier wichtig, auch die CO2e-Emissionen der An- und Abreise der Besucher:innen des tw-Messestandes zu erfassen (Scope 3 des Greenhouse Gas Protocols).
Klimaneutralität in der Veranstaltungsbranche
Der Begriff „Klimaneutralität“ wird in der Veranstaltungswirtschaft zunehmend genutzt, um umweltbewusste Praktiken zu fördern. Doch oft wird er missverständlich eingesetzt. Klimaneutralität suggeriert, dass eine Veranstaltung keine schädlichen Auswirkungen auf das Klima hat, doch dies ist selten der Fall. In der Praxis werden CO2e-Emissionen meist durch Kompensationsprojekte ausgeglichen, anstatt sie tatsächlich zu vermeiden. Kritiker argumentieren, dass dies das eigentliche Problem verdeckt und den Fokus von notwendigen Emissionsreduzierungen ablenkt. Statt nur auf Kompensation zu setzen, sollte die Veranstaltungsbranche verstärkt auf konkrete Maßnahmen zur Emissionsvermeidung und nachhaltigen Planung setzen. Gleichzeitig entstehen durch die Regulatoriken der Green Claims Directive und der Empowering Consumers Directive klare Vorgaben, wie zukünftig mit solchen Aussagen zu verfahren ist – nämlich klare Nachweise zu erbringen, wie es zu den Ergebnissen kommt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang für die Veranstaltungswirtschaft die Berücksichtigung aller Emissionen aus Scope 1 bis 3 des Greenhouse Gas Protocols.
Die Ergebnisse
Die CO2e-Emissionen des Messeauftritts der tw tagungswirtschaft auf der IMEX 2024 betrugen insgesamt 24 Tonnen und wurden aus 50 Datenpunkten ermittelt. Da man sich unter 24 Tonnen CO2e-Emissionen nur schwer etwas vorstellen kann, haben wir den Wert einmal anders – aus dem täglichen Leben heraus – dargestellt: nämlich wie viele Menschen dafür ein Jahr lang täglich duschen könnten.
Grafik: 2bdifferent
Die Zusammensetzung der CO2e-Emissionen zeigen die beiden nachfolgenden Grafiken. Wir haben dazu bewusst zwei Darstellungen gewählt. Diese separate Darstellung zeigt auch bei diesem Veranstaltungsformat, dass die An- und Abreise der Besucher:innen mit 22.127 kg CO2e-Emissionen bei gesamt 24.000 kg CO2e--Emissionen einen sehr hohen Anteil am Gesamtwert ausmachen. Hier ist neben dem Aussteller auch die IMEX als Veranstalter gefragt, durch ein nachhaltiges Mobilitätskonzept mit z.B. einer Mobilitätsplattform die Emissionen zu reduzieren.
Grafik 1: CO2e-Emissionen in kg mit An- und Abreise der Besucher:innen des tw-Messestandes, Darstellung: 2bdifferent
Grafik 2: CO2e-Emissionen in kg ohne An- und Abreise der Besucher:innen des tw-Messestandes, Darstellung: 2bdifferent
Exemplarisch zeigen wir nachfolgend, wie die Ermittlung der Aktivitätsdaten für die An- und Abreise der Besucher:innen auf dem IMEX 2024 tw-Messestand erfolgt ist: Die Gesamtzahl der Fachbesucher beträgt laut IMEX-Report 12.000 Fachbesucher:innen insgesamt (100% der Besucher:innen), darunter sind 6.000 Personen aus dem Inland (50% der Besucher:innen) und 6.000 aus dem Ausland (50% der Besucher:innen).
An den Stand der tw tagungswirtschaft kamen an den drei Tagen laut den Daten und der Zählung des tw-Messestandteams rund 700 Besucher:innen insgesamt. Jede/r Besucher:innen besucht durchschnittlich fünf Stände. D.h., daraus resultierend sind CO2e-Emissionen von 140 Besucher:innen dem tw Messeauftritt zu 100% zugerechnet worden.
CO2e-Emissionen für den Messestandbau
In Bezug auf den Messestandbau bestätigen die 573,02 kg CO2e-Emissionen für den Materialeinsatz des 34,5 Quadratmeter großen Messestands die Werte aus der bereits durchgeführten Stoffstrombilanz. Das geringe Abfallvolumen und die damit einhergehende hohe Wiederverwendungsrate sind hier der Schlüssel für ein sehr niedriges Emissionsaufkommen. Nachfolgend die Top-3-Materialarten mit dem jeweiligen CO2e-Emissionswert:
Gesamtbetrachtung der Emissionen
Wie zuvor bereits erwähnt, tragen die CO2e-Emissionen für An- und Abreise der Besucher:innen 22.127 Kilogramm zum Gesamtergebnis bei, während die weiteren Gewerke Messebau, Mietmöbel, Catering, Location mit Reinigung, Speaker, Logistik und Übernachtungen zusammen 1.873 Kilogramm ausmachen. Hier zeigt sich, dass die CO2e-Emissionen, die sich unter unmittelbarem Einfluss der tw tagungswirtschaft befinden, schon weitestgehend „optimiert“ sind, was Reduktion und Vermeidung angeht. Das unterstreicht nochmals die Ermittlung der CO2e-Emissionen je Besucher:innen des tw-Messestandes auf der IMEX 2024. Wenn man sich einmal von den absoluten Zahlen löst und die Betrachtung auf die CO2e-Emissionen je Besucher:innen dieses internationalen Messeformats lenkt, kommt man zu dem Wert von 171,43 Kilogramm CO2e-Emissionen je Besucher:innen des tw-Messestandes.
Clemens Arnold
Foto: 2bdifferent
Über Clemens Arnold
Clemens Arnold ist Geschäftsführer bei 2bdifferent, der Beratungsagentur für Nachhaltigkeit in der Veranstaltungswirtschaft. Er berät mit seiner umfassenden Expertise Unternehmen, Verbände, Organisationen, Veranstalter und Agenturen aus dem Event- und Sportbusiness. Ein wesentliches Kompetenzfeld umfasst die Analyse, Bewertung und Optimierung von Eventformaten jeder Art nach ökologischen, sozialen und ökonomischen Kriterien. In diesem Zusammenhang bilden die Erstellung von Event- und Corporate-Carbon-Footprints im Rahmen der CO2e-Bilanzierung eine zentrale Rolle.