Circular Collective
Basis-Check: Hand aufs Herz

Im Basis-Check schneidet tw tagungswirtschaft in einem Bereich sehr gut ab: beim Messebau. Das ist den Messearchitekten imb troschke zu verdanken. Hier die Produktion von Modulbauteilen für die Vorbereitung eines Messestands. Foto: imb troschke
Im Basis-Check schneidet tw tagungswirtschaft in einem Bereich sehr gut ab: beim Messebau. Das ist den Messearchitekten imb troschke zu verdanken. Hier die Produktion von Modulbauteilen für die Vorbereitung eines Messestands. Foto: imb troschke
Die Arbeit am kreislauffähigen Messestand der tw tagungswirtschaft für die IMEX 2024 beginnt mit der Erfassung des Status quo für 2023. Prozessphase eins sieht im ersten Schritt den Basis-Check für den tw-Stand auf der IMEX 2023 vor. Das tw-Team muss 84 Fragen beantworten und bekommt große Unterstützung von den Messearchitekten imb troschke. Die erste Auswertung ergibt … Ein Erfahrungsbericht von Kerstin Wünsch.
Kennen Sie das? Es gibt Dokumente, die erwarten Sie gespannt, klappen Sie nach Erhalt sofort auf und gleich wieder zu. Das PDF „BasisCheck 2bdifferent – SustainFair: tw Messestand IMEX 2024-2026“ ist so ein Dokument für das Team von tw tagungswirtschaft. Die 27 Seiten mit 84 Fragen schrecken erst einmal ab. Nicht nur, dass uns das Dokument erst mit Verspätung zugestellt wird, meine Kollegin Simone Hammer, Sales und Marketing, und ich, Redaktion, vertagen die Bearbeitung mehrfach, gibt es doch im Oktober so viel anderes zu tun.
Wir befinden uns im Herbst und in Prozessphase eins. Darin geht es bis Dezember um die möglichst genaue Vermessung und den Status quo für den Messestand der tw tagungswirtschaft auf der IMEX vom 23. bis 25. Mai 2023. Diese Phase beginnt in Schritt eins mit dem Basis-Check, gefolgt von Schritt zwei, der Ermittlung des CO2-Fußabdrucks auf Basis von Echtdaten. Sämtliche Daten fließen in den Feedback-Bericht ein. „Dort besprechen wir die Ausgangssituation und die Zielsetzung über die Jahre 2024 bis 2026“, weiß unser Projektpartner Jürgen May. Der Gründer der CSR-Beratungsagentur 2bdifferent sendet uns den Basis-Check am 25. Oktober 2023 mit der Bitte um Beantwortung aller Fragen bis zur Woche vom 13. November 2023. Die ursprüngliche Deadline war am 20. Oktober 2023, doch Verzögerungen sind gerade bei Pilotprojekten nichts Ungewöhnliches.
Die CSR-Agentur 2bdifferent, die Messearchitekten imb troschke und die tw tagungswirtschaft der dfv Mediengruppe planen den tw-Stand auf der IMEX 2024 in Frankfurt nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Das Projekt begleitet die Hochschule Osnabrück, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften/Fachbereich Betriebswirtschaftslehre, Veranstaltungsmanagement. Ansprechpartnerin ist Prof. Dr. Kim Werner. Betrachtet werden alle drei Säulen der Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial und ökonomisch) und ihre Handlungsfelder. Das Projekt ist als Pilot für die Veranstaltungswirtschaft gedacht, transparent angelegt und wird von 2023 bis 2026 crossmedial aufbereitet. Ansprechpartner sind Dr. Christoph Soukup und Jürgen May von 2bdifferent, Andrea Walburg von imb troschke, Simone Hammer und Kerstin Wünsch von der tw tagungswirtschaft.
Wir erhalten ein ausführliches PDF mit 27 Seiten und 84 Fragen in acht Kapiteln plus Zugang zum Online-Fragebogen und die Aufgabe: Bitte bereitet die Antworten und Dokumente im PDF vor und erfasst diese anschließend über den beigefügten Link digital. Wir verstehen die Anweisung erst falsch, denken, wir müssten alle unsere Dienstleister wie den Caterer befragen, doch Jürgen May klärt uns mit einer Sprachnachricht sofort auf: Nur wir von der tw tagungswirtschaft, eine Fachpublikation der dfv Mediengruppe, sind in dieser Phase als Auftraggeber des Messestands gefragt.
Wir machen uns ans Werk
Der Basis-Check hat acht Kapitel und beginnt mit Fragen zu betrieblicher Nachhaltigkeit und Managementsystemen, etwa ein zertifiziertes Umweltmanagement- und/oder Nachhaltigkeitssystem wie ISO 14001 oder EMAS. Eine Beispielfrage ist: „Hat das projektverantwortliche Unternehmen ein Leitbild und/oder Nachhaltigkeitsleitlinien entwickelt?“ Das müssen wir noch verneinen, verweisen aber auf den Reiter Nachhaltigkeit der Website der dfv Mediengruppe mit unseren Publizistischen Grundsätzen. „Ja“ können wir bei Fragen wie „Leistet das projektverantwortliche Unternehmen einen Beitrag zu den Sustainable Development Goals (SDG)?“ ankreuzen. Wir verlinken auf unsere Artikelserie SDGs und Events, in der wir die UN-Nachhaltigkeitsziele für die Veranstaltungswirtschaft übersetzen. Für das SDG 5 Gender Equality machen wir uns als Mitveranstalter der Konferenz She Means Business stark.
Der Basis-Check für die tw tagungswirtschaft: 84 Fragen in acht Kapiteln
- Managementsysteme
- Projekt- und Eventteam
- Beschaffung Produkte/Dienstleistungen
- Messebau
- Food und Beverage (Messe- und Sideevents, Crewcatering)
- Print und Give-aways
- CO2-Bilanzierung (Event Carbon Footprint)
- Kommunikation
In Kapitel zwei geht es um das Projekt- und Eventteam. Die Fragen drehen sich um unser Reiseverhalten, über Transporte und darum, ob wir bei der Übernachtung auf Hotels mit Nachhaltigkeitszertifikaten achten, sei es ISO 14001, EMAS, GreenSign oder Certified Green Hotel. Letzteres tun wir noch nicht, dafür nutzen einige Teammitglieder die Bahn und öffentliche Verkehrsmittel, haben eine BahnCard und ein Deutschland-Ticket. Im Inland fliegt niemand von uns. Kapitel drei befasst sich mit der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen. Hier können wir angeben, dass wir bei der Auswahl eventspezifischer Zulieferer und Dienstleister regionale Partner in einem Umkreis von 150 Kilometern vorziehen, um lange Transportwege zu vermeiden.
Proaktive Partner: der Messebau
Beim Kapitel vier bekommen wir – bevor wir darum bitten müssen – Unterstützung von unserer Messearchitektin Andrea Walburg. Als Projektpartnerin ist die geschäftsführende Gesellschafterin von imb troschke in die Kommunikation eingebunden und sendet uns proaktiv sämtliche Antworten für Kapitel vier Messebau. Es ist ein umfangreiches Kapitel mit den Unterpunkten: 4.1 Allgemeine Planung und Bauweise des Messestands, 4.2 Materialauswahl, 4.3 Behandlung und Verarbeitung von Materialien, 4.4 Rückbau und Recycling, 4.5 Transport und Verpackung und 4.6 Technische Ausstattung. Zur Erinnerung: Der tw-Stand hatte auf der IMEX 2023 eine Fläche von 30 Quadratmetern und ein Gewicht von 1,816 Tonnen. Die Wände waren aus Stahlrahmen und lackierten Platten, der Boden aus Spanplatten, verkleidet mit einem Teppich. Mit Teppich, Molton, Abdeckfolie, Gaffa Tape, Klebeband und Schrauben fielen 12,15 kg Müll an.

Beim Entwickeln eines nachhaltigen Konzeptes: Innenarchitektin und Projektleiterin Isabel Häffner und Grafiker Christoph Felbinger, beide von imb troschke. Foto: imb troschke
Dank Andrea Walburgs hervorragender Vorarbeit und ihrer nachhaltigen Betriebsführung können wir die Fragen nicht nur schnell, sondern überwiegend mit „Ja“ beantworten. Z.B.: „Wird bei der Messeplanung bereits berücksichtigt, dass der Messestand kreislauffähig im Sinne der Wieder- und Weiterverwendung umgesetzt wird?“, „Erfolgt die Messebauplanung überwiegend auf Basis einer Modul- oder Systembauweise?“ und: „Stammt das im Messebau eingesetzte Holz nachweislich aus nachhaltiger Forstwirtschaft?“
Für ihre Antworten hat unsere Messearchitektin vorab mit ihren Servicepartnern gesprochen. „Und siehe da“, resümiert sie: „Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind bei vielen angekommen und ein großes Thema.“ Die Beantwortung des Fragebogens fiel ihr leicht, die Fragen waren für sie klar und eindeutig. Beschäftigt haben Andrea Walburg zwei Fragen und eine Erkenntnis. Nämlich Frage 42: „Wird bei der Messebauplanung mehrheitlich auf den Einsatz von Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen geachtet?“ Dazu sagt sie: „Unser Ansatz ist in erster Instanz, die Strategie und Zielsetzung unseres Kunden zu verarbeiten, um daraus ein funktionierendes Konzept zu kreieren. Erst danach setzen wir das Ganze in eine nachhaltige Architektur um. Beides muss unseres Erachtens gleichermaßen berücksichtigt werden. Bei uns ist die Materialität nachgelagert, aber eben auch nicht weniger wichtig.“
Und Frage 51: „Wird bei Transport des Messestandes – bei weiteren Entfernungen über Land – der Transport mit der Bahn dem Lkw vorgezogen?“ Walburg: „Darüber haben wir ehrlich gesagt niemals nachgedacht, geschweige denn haben uns unsere Logistik-Partner auf diese Option aufmerksam gemacht.“ Ihr Team bucht in der Regel ganze Sattelzüge und ist auch hier oft zeitlich eng getaktet. Den Transport mit der Bahn stellt sie sich als sehr zeitaufwendig vor. Dem will Andrea Walburg nachgehen und sieht das als „guten neuen Impuls“.

Grafik: Engagement Global 2023
„Überrascht war ich bei meinen Gesprächen mit unseren Partnern, wie weit diese sind und wie weit das Thema Nachhaltigkeit bei vielen bereits angekommen ist. Das macht mich ausgesprochen zuversichtlich, dass viele die Notwendigkeit, in ihrem Rahmen zu agieren, erfüllen. Damit haben wir einen ersten großen Schritt zur SDG 17 gemacht: Wir haben Partnerschaften zur Erreichung der Ziele. Und zwar die richtigen. Das war meine (stolze) Erkenntnis aus dem Basis-Check.“
Andrea Walburg, geschäftsführende Gesellschafterin von imb troschke
Es bleiben vier Kapitel. Zu Kapitel fünf Food und Beverage (Messe- und Sideevents, Crewcatering) zu Herkunft und Qualität der Lebensmittel und Food Waste, sowie Kapitel sechs Print und Give-aways können wir schreiben, dass wir kaum Speisen am Stand haben und keine Drucksachen, denn die tw tagungswirtschaft erscheint digital. Anders das Kapitel sieben, CO2-Bilanzierung, mit der konkreten Frage: „Erfolgt seitens des projektverantwortlichen Unternehmens die Bilanzierung des Messeauftritts?“ und das Kapitel acht, Kommunikation, mit Fragen, ob die Maßnahmen zur nachhaltigen Umsetzung des Messeauftritts intern kommuniziert werden und in die Nachhaltigkeitsberichtserstattung einfließen. Hier müssen wir passen.
Die Auswertung: der Basis Score
Wir erfassen unsere Antworten am 3. November 2023 und erhalten fünf Tage später die Auswertung des Basis-Checks von Jürgen May. Diese umfasst den gesamten Messeauftritt in den acht Kapiteln abgebildeten Handlungsfeldern von betrieblicher Nachhaltigkeit bis Nachhaltigkeitskommunikation. Wir bekommen eine ausführliche Excel-Tabelle, in der jeder Frage eine Punktzahl und jedem Kapitel ein Score zugeordnet ist. Eine Grafik weist den Basis Score aus: Wir landen im Mittelfeld mit 607 bis 831 von 1.500 Punkten.

Die tw tagungswirtschaft liegt im Mittelfeld. Gut sind wir beim Messebau, nicht so gut in der Nachhaltigkeitskommunikation. Grafik: 2bdifferent
„Aus dem Messeauftritt auf der IMEX 2023 ergibt sich noch Luft nach oben“, lautet das Fazit von CSR-Berater May. Das betrifft zum einen den Bereich der betrieblichen Nachhaltigkeit, zum anderen ein Nachhaltigkeitsprogramm der eventspezifischen Vertragslieferanten und Dienstleister, Nachhaltigkeit bei Food und Beverage sowie die CO2-Bilanzierung. „Bei der Messebauplanung und Materialauswahl seid ihr schon sehr gut aufgestellt“, ermuntert uns Jürgen May.
„Ich bin ich überrascht, dass wir ‚overall‘ im ersten Anlauf im Mittelfeld gelandet sind“, fasst meine Kollegin Simone Hammer zusammen. Sie fügt hinzu: „Ich denke, wir sollten hier wirklich ehrlich sein. Das Ergebnis haben wir nicht zuletzt unserem vorbildlich aufgestellten Messebauer zu verdanken. In vielen Bereichen sind wir bis dato nicht aktiv gewesen. Gut, dass uns der Basis-Check diese Felder aufzeigt und wir sie gemeinsam angehen können – allein dafür hat sich der Basis-Check schon gelohnt.“