
Convening EMEA 2023
Belonging am Bildschirm
Wie messen wir Wachstum? Darüber sprechen zur Session ”The Great Unspoken – An unfiltered and contrarian conversation about growth, degrowth and disaster” von links nach rechts: Moderator Felix Rundel, Co-Founder von futurehain, Seynabou Cisse, Global Events Manager bei Dell Technologies, Albert Cerezales Garcia, Strategic Consultant der MCI Group, und Sonto Mayise, General Managerin im Durban KwaZulu-Natal Convention Bureau. Foto: PCMA EMEA
Wie messen wir Wachstum? Darüber sprechen zur Session ”The Great Unspoken – An unfiltered and contrarian conversation about growth, degrowth and disaster” Moderator Felix Rundel, Co-Founder von futurehain, Seynabou Cisse, Global Events Manager bei Dell Technologies, Albert Cerezales Garcia, Strategic Consultant der MCI Group, und Sonto Mayise, General Managerin im Durban KwaZulu-Natal Convention Bureau. Foto: PCMA EMEA
Kurz vor der Konferenz Convening EMEA fange ich mir Corona ein und fahre nicht nach Kopenhagen. Anders als andere Veranstalter verzichtet die Professional Convention Management Association (PCMA) glücklicherweise nicht auf eine virtuelle Verlängerung. Eine stabile Leitung und eine userfreundliche App, gute Musik und guter Content im Livestream halten mich bei Laune und am Bildschirm. Ein Erfahrungsbericht von Kerstin Wünsch.
Felix Rundel ist Gründer des Kreativstudios futurehain, Event Designer, Moderator und offensichtlich Sänger. Die Session “The Great Unspoken – An unfiltered and contrarian conversation about growth, degrowth and disaster” zur Convening EMEA 2023 leitet er singend ein mit “Big Yellow Taxi” von Joni Mitchell: “Don't it always seem to go, that you don't know what you've got till it's gone. They paved paradise and put up a parking lot …”
Sein Gesang und seine sanfte Stimme berühren mich. Ich bin bei mir, bin dabei aber nicht in Kopenhagen im Bella Center: Ich sitze in Berlin am Bildschirm. Am Tag vor der Konferenz vom 20. bis 22. September 2023 der PCMA (Professional Convention Management Association) habe ich Husten und Schnupfen. Ich mache einen Corona-Selbsttest: positiv. Enttäuscht muss ich die Convening EMEA zum Motto "Let's Collaborate. Let's Grow. Let's Belong." absagen. Kleiner Trost: Ich kann Hotel und Zug kostenlos stornieren. Großer Trost: Mein Ticket lässt sich in eine digitale Teilnahme umtauschen. Ich lade mir die Event-App herunter und folge auf LinkedIn dem Hashtag #ConveningEmea. 557 Teilnehmer machen sich auf den Weg nach Dänemark.
About PCMA
PCMA, Professional Convention Management Association, PCMA Foundation, and the Corporate Event Marketing Association (CEMA) build the world’s largest community for Business Events Strategists, providing education, networking, and market intelligence. Their mission is to drive social and economic progress through business events. Headquartered in Chicago, USA, PCMA has 17 North American Chapters, regional communities in Asia-Pacific, Europe, Middle East and Africa, and Latin American, all in all members in 59 countries. The flagship event PCMA Convening Leaders 2024 will take place from 7 to 10 January in San Diego (USA), the European conference Convening EMEA 2024 will take place from 30 September to 2 October 2024 in Barcelona (Spain).
Morning Yoga verpasst
Donnerstagmorgen logge ich mich auf meinem iPhone über die App ein. Das geht leicht, nur hätte ich gerne die volle Ansicht auf meinem Bildschirm. Ich probiere es über mein iPad, allerdings bleibt die Ansicht ein Smartphone-Streifen. Liegt das an der App, an Apple oder an mir? Dafür ist die Leitung stabil und der Ton gut. Das Bild ist etwas dunkel, aber das liegt am fehlenden Tageslicht an der Main Stage im Saal D1 im Bella Center Copenhagen.
Das Programm startet gleich, so belasse ich es bei meinem Smartphone. „Hey there! 👋 Would you like to learn more about Convening EMEA 2023?” meldet sich der Bot zu Wort und fährt, ohne meine Zustimmung abzuwarten, fort: ”Convening EMEA is PCMA EMEA’s annual flagship event bringing together the global business events industry for an immersive 3-day programme in Europe. The event attracts 450+ business event leaders from over 40 countries to challenge each other and develop ways to move forward together. It is the platform to share knowledge, make meaningful connections, learn, do business …”
Ich liebe es, wenn ich ungefragt Antworten bekomme. Leider kann ich dem Bot keine Frage stellen und mache mich selbst auf die Suche nach dem Livestream. Den finde ich über das Programm und sehe: Morning Yoga um 06.50 Uhr! Zu spät – zu früh. Das hätte ich auch in Präsenz verpasst.
The sense of belonging
Gegen 09.00 Uhr erwacht der Livestream. Gastgeberin Kit Lykketoft, Director of Convention bei Wonderful Copenhagen betritt die Bühne. Kit leitet das Copenhagen Convention Bureau und begrüßt uns. Statt einer Präsentation über Dänemark beginnt sie den Konferenztag mit einem Lied. ”We Dans have sung our life trough”, sagt Kit. Die Dänen singen gerne; auf Festen, einfach so oder in Krisen. ”Singing together means something: the sense of belonging”, lässt uns Kit wissen und lädt uns ein: ”Let’s sing!” Ich höre gerne zu.
Das Publikum und ich sind eingestimmt. Wir sind bereit für das ”Welcome by Jaimé Bennett”. Jaimé führt die Geschäfte von PCMA EMEA und freut sich über die Rekordzahl von 557 Teilnehmern vor Ort und 56 vor den Bildschirmen. Letztes Jahr zur Convening EMEA 2022 in Wien waren wir 460 Teilnehmer. Sie führt kurz durch das Konferenzprogramm, das von KI bis Klima reicht, und versichert sich bei uns: ”Are you ready?“ „Yes, I am ready!“, rufe ich meinem Handy zu. „For the digital audience: You are on mute!“, informiert Moderator David Meade. Schwein gehabt. Ich amüsiere mich über mich und mache mir so meine Gedanken und ein Müsli.
Jaimé Bennett, Geschäftsführerin PCMA EMEA, begrüßt zur Convening EMEA 2023 die Teilnehmer im Bella Center Copenhagen und am Bildschirm. Foto: PCMA EMEA
Jaimé Bennett, Geschäftsführerin PCMA EMEA, begrüßt zur Convening EMEA 2023 die Teilnehmer im Bella Center Copenhagen und am Bildschirm. Foto: PCMA EMEA
Mit Ungewissheit umgehen
Meine Überlegungen unterbricht die erste Session: “Leading self and others through uncertainty” mit Nathan Furr und Susannah Harmon Furr. Er ist Associate Professor of Strategy an der Insead Business School, sie Unternehmerin und Kunsthistorikerin. Gemeinsam haben sie die UP School gegründet und das Buch The Upside of Uncertainty: A Guide to Finding Possibility in the Unknown geschrieben. Das Couple weiß: ”In unserer schnelllebigen, sich ständig verändernden Welt nimmt die Ungewissheit zu. Wir sind jeden Tag damit konfrontiert. Aber nur wenige von uns haben gelernt, wie sie Ungewissheit gut meistern.” Nathan Furr und Susanna Harmon Furr untersuchen in ihrer Session Tools und Techniken, wie Menschen der Ungewissheit mit Mut und Widerstandsfähigkeit begegnen können.

”When we reframe the uncertainty we encounter as possibility, we invoke transilience: from Latin transiliens, to leap across or over from one thing to another.”
Die Session führt in vier Schritten (Reframe, Prime, Do, Sustain) von der Art und Weise, wie wir etwas beschreiben, die unsere Wahrnehmung beeinflusst, über das Umlenken unserer Gedanken von den negativen Dingen zu den positiven Möglichkeiten. Die beiden laden das Publikum zu einer Übungsaufgabe ein: „Denken Sie an Ihre Grenzen und wenden Sie sich an Ihren Nachbarn. Überschreiten Sie die Grenzen und handeln in der Ungewissheit.”

Das UP Framework
The UP Tools were designed to help you find fuel and direction through uncertainty in order to unlock hidden possibilities
Kuchen gegen Altersarmut
Zeit für mich, mich nach den anderen in der App umzusehen. Es sind 214 Personen angezeigt, aber nicht, ob sie vor Ort sind oder wie ich online. Im Chat ist nichts los. Ich frage in die Runde: Wer ist noch da? In der Zwischenzeit ist die Übung gelaufen und die Teilnehmer gehen in die Pause, um Kaffee zu trinken und in Kontakt zu treten. Nicht einfach so, nein: Sie lernen im Hygge Hub die Kopenhagener kennen und in der Vollpension die Wiener. Die Vollpension hat das Vienna Convention Bureau letztes Jahr eingeführt. Im Wohnzimmer von „Oma“ Doris Horvath gibt es Kuchen gegen Altersarmut und für den Generationendialog, also nachhaltige Initiativen für wirkungsvolle Business Events.
Während der Pause läuft im Livestream der Song „When I Look At You ...” Ich lasse die Musik laufen, beantworte Mails und logge mich in ein Teams-Meeting ein. Danach schaue ich, was im Chat los ist (nichts) und auf LinkedIn (einiges), etwa Feedback auf die Session am Morgen: Die Botschaft „Ungewissheit gleich Möglichkeit“ ist angekommen. Da nur die Vorträge und Talks auf der Main Stage gestreamt werden, verpasse ich die Sessions “From risk to resilience – Fixing and futureproofing your event” auf der Impact Stage im Auditorium 11 und “Water Works: Purpose driven collaboration” auf der Growth Stage in D2.

Nachhaltiges Networking in den Pausen: Willkommen in der Wiener Vollpension mit Kuchen von „Oma“ Doris Horvath gegen Altersarmut. Foto: PCMA EMEA
Pünktlich um 11:15 Uhr bin ich zurück im Livestream, doch “Accelerating possibility: Finding courage and directions in situation of not knowing” verzögert sich. Dafür spielt „Dancing queen“ von ABBA, ich singe erfreut mit. Fünf Minuten später geht die eine Hands-on-Session mit Nathan Furr and Susannah Harmon Furr los. Leider kann ich auf meinem Mini-Screen nicht die Texte auf der Bühne lesen. Ich strenge mich an. Die 90 Minuten sind online zu lang. Ich schweife ab und schreibe eine Meldung für unsere Website: Fostering a deeper understanding of risks, denn das Copenhagen Convention Bureau hat das Copenhagen Risk Assessment Whitepaper herausgebracht.
Während die Anwesenden die Köpfe für Übungsaufgaben zusammenstecken, sehe ich mich in der App um und stutze. Da steht: „Sei die erste Person, die eine Frage an die Referent:innen stellt. Andere Teilnehmer:innen könne mithilfe des Daumen-Symbols für die Frage voten, sodass diese hervorgehoben wird.“ Nicht nur, dass das System plötzlich fast fehlerfrei Deutsch spricht: Es gendert! Die Frage, wie viel und welche künstliche Intelligenz dahintersteckt, nehme ich mit in die Mittagspause.
Job carving und KI
Um 14:00 Uhr folgt das Thema “How to build human-centered high functioning teams”. In ihrem Vortrag referiert die australische Psychologin Dr. Zena Burgess über geschäftliche wie psychologische Ansätze für Teams und Organisationen, um Wachstum zu erzielen und Talente zu halten. Leider liest sie ab. Ist Dr. Zena Burgess dafür von Melbourne nach Europa geflogen? Hätte man sie nicht zuschalten können? Doch plötzlich geht es ums Kennenlernen und um Kekse, australische Kekse. Tim Tam-Kekse, Australiens beliebteste Schokokekse, liegen auf den Tischen aus, nur nicht auf meinem Schreibtisch.
Dr. Zena Burgess spricht wichtige Themen an, darunter mentale Gesundheit und Diversity. Und dysfunktionale Teams, erkennbar am mangelnden Vertrauen in das Team und in die Organisation, fehlendem Engagement, der Vermeidung von Verantwortlichkeit und an CEOs mit starkem Ego. Da Zena weiterhin abliest, es nichts zu sehen gibt – und keine Kekse –, laufe ich mit ihr in die Küche. Beim Kaffeekochen bekommen wir eine Aufgabe: „What role do you play in a team?“ Während ich darüber nachdenke, fliege ich aus der Leitung.
In der Eile vertippe ich mich beim erneuten Einloggen in der App und lande in einer Aufzeichnung der Convening EMEA 2022 und in der Session „Audience first approaches to understanding changing behaviours” mit Tom Reiser, Executive Director International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH), und Daniel Waigl, Executive Director der Cardiovascular and Interventional Radiological Society of Europe (CIRSE). Ich höre ein bisschen zu.
Zwischendurch mache ich, was ich auch vor Ort gemacht hätte: Ich checke meine Mails. Mit einem Ohr höre ich zu und lerne ein neues Wort für sich ständig ändernde Stellenbeschreibungen: „Job-Carving“ leitet sich vom englischen Wort „to carve“ ab und bedeutet wörtlich: „Eine Arbeitsstelle schnitzen“. Verschiedene Aufgaben werden so umgeschichtet, dass daraus eine neue Stelle entsteht.
Wie gut würde sich jetzt die Session zu künstlicher Intelligenz anschließen. Leider läuft ”Unlocking the power of AI for events and beyond” mit Stephen Rose, Head of Global Communication Services bei der Siemens AG, und Veemal Gungadin, Founder und CEO der Omnichannel-Event-Management-Platform GEVME auf der Growth Stage in D2. Immerhin erfahre ich vom Spark Accelerator von PCMA und GEVME. Deren zwei Lernprogramme (Explorer und Innovator) umfassen Workshops, die Entwicklung von Anwendungen und einen Aktionsplan zur Umsetzung.
Neben KI sind Kosten das Thema, das alle umtreibt. Diesem stellen sich in der Session “Can you really manage costs?” Ori Lahav, CEO von Kenes, Clare Melton, Executive Director, Head of Enterprise Events bei S&P Global, und Adrian Ott, CEO der European Federation of National Associations of Orthopaedics and Traumatology (EFORT). Sie tauschen sich offen aus zu der Frage: Wirken sich die steigenden Kosten nur auf Ihr Budget aus oder halten diese Sie, Ihr Team oder Ihre Kunden nachts wach? Um den Schlaf gebracht wird Adrian Ott, als ein Venue fünf Monate vor dem EFFORT-Kongress mit 4.000 Delegierten die Kosten erhöht. „Wir haben uns gemeinsam an den Tisch gesetzt, sind kreativ gewesen und haben uns Fragen gestellt.“ Z.B.: Brauchen wir noch eine Ausstellung? Oder: Können wir die Catering-Optionen reduzieren? Ott: „Das positives Ergebnis ist: Wir mussten darüber nachdenken, was wir gemeinsam mit den Partnern und dem Veranstaltungsort tun.“ Sein Rat: „Schauen Sie sich den Preis an, was ihn ausmacht, und setzen Sie sich an den Verhandlungstisch.“ Für mich endet der erste Konferenztag um 18.00 Uhr, für die Teilnehmer geht er weiter mit der Welcome Reception im Kopenhagener Rathaus.
Felix Rundel (links) und Sherrif Karamat sprechen über die Ungewissheit als Chance, die Klimakrise und die neue Nachhaltigkeitskonferenz. Foto: PCMA EMEA
Felix Rundel (links) und Sherrif Karamat sprechen über die Ungewissheit als Chance, die Klimakrise und die neue Nachhaltigkeitskonferenz. Foto: PCMA EMEA
Ihr habt die Macht
Während Tag zwei für Frühaufsteher um 07.30 Uhr mit einer “bommetje” (”Arschbombe”) in the waters of Copenhagen beginnt, boote ich meinen Rechner. Punkt neun, ertönt K'naan Warsame’s Song Wavin’ Flag, dann Applaus, denn Moderator Felix Rundel und Sherrif Karamat, CEO und President von PCMA haben auf der Bühne Platz genommen. Die beiden führen ein kluges Gespräch, bei dem ich gerne zuhöre. Sie sprechen über Ungewissheit als Chance.
„Ich will nicht mit Leuten zusammen sein, die das Schlechte sehen, sondern mit denen, die Chancen für ein besseres Leben für alle sehen", bekennt Karamat. Der charismatische PCMA-Präsident betont: „Unsere größte Herausforderung, die vor uns liegt, ist die Klimakrise, und ich glaube, wir werden sie lösen. Wir können viel von Kopenhagen lernen. Wir sollten anderen auf diesem Weg helfen. Ihr, die ihr an den Wirtschaftsveranstaltungen teilnehmt, habt Macht. Was wir tun, ist wichtig. Es verändert das Leben, es schafft Lösungen."
PCMA and SANCBE launch sustainability conference
PCMA and the Strategic Alliance of the National Convention Bureaux of Europe (SANCBE) announced a new sustainability conference to be hosted in conjunction with Convening EMEA 2024 from 30 September to 2 October 2024 in Barcelona, Spain.
Folgerichtig lädt er nicht nur ein zur Convening EMEA 2024 nach Barcelona vom 30. September bis 2. Oktober, sondern zur neuen Nachhaltigkeitskonferenz, die PCMA und die Strategic Alliance of the National Convention Bureaux of Europe (SANCBE) zeitgleich abhalten. „Wir starten unsere erste Climate-Tech-Konferenz in Barcelona“, kündigt Karamat an. „Die Nachhaltigkeitskonferenz wird es ermöglichen, Menschen zusammenzubringen, um den Wissenstransfer zu gewährleisten, Netzwerke zu schaffen und Plattformen zu bieten, auf denen Antworten auf die übergreifenden Fragen unserer Zeit entwickelt werden.“ Er wiederholt: „Business-Events sind ein wichtiger Rahmen für die Lösung komplexer Fragen.“ Felix Rudel hört ihm aufmerksam zu. Auf LinkedIn schreibt er später: „Sherrif hat mich inspiriert, seit ich ihn vor vielen Jahren zum ersten Mal getroffen habe. Er ist viel zu bescheiden, um es zuzugeben, aber Sherrif setzt sich in einem unglaublich großen Ausmaß für das Gute ein.“ Felix fügt hinzu: „Zu guter Letzt hätte ich nie gedacht, dass ich jemals Joni Mitchells 'Big Yellow Taxi' vor 557 Zuhörern auf einer internationalen Wirtschaftskonferenz singen würde, aber nun ja ...“ Großen Dank, lieber Felix und Sherrif, liebe Jaimé und Kit.