CSRD, ESRS & CSDDD
Nachweisbar nachhaltig
Auf der internationalen Leitmesse für die Teppich- und Bodenbelagsbranche Domotex war im Januar 2024 Nachhaltigkeit ein großes Thema. Foto: Deutsche Messe AG, Rainer Jensen
Auf der internationalen Leitmesse für die Teppich- und Bodenbelagsbranche Domotex war im Januar 2024 Nachhaltigkeit ein großes Thema. Foto: Deutsche Messe AG, Rainer Jensen
Nachhaltigkeit sorgt bei vielen für ein gutes Gefühl und deshalb oft für gute Geschäfte. Auch deshalb werden derzeit neue Regeln eingeführt, die mehr Transparenz fordern und Greenwashing verhindern sollen. Was das für die Messe- und Eventbranche bedeutet.
Die Domotex Hannover widmet im Januar 2024 die ganze Halle 23 einer Sonderschau zu Nachhaltigkeit in der Bodenbelagsindustrie. Die Sportfachmesse ISPO Munich kooperiert mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Und auf der Leitmesse für Veranstaltungsprofis BOE wird dazu eingeladen, mit der „Sustainability Experience“ in die Zukunft der Nachhaltigkeit einzutauchen.
Nachhaltigkeit ist ganz offensichtlich ein „Nice-to-have" auf Messen. Doch laut Jörg Zeißig, CEO der Holtmann GmbH & Co. KG, kurz Holtmann+, ist es inzwischen noch sehr viel mehr: „Nachhaltigkeit ist die unverzichtbare Grundlage, eine dringliche Notwendigkeit und ein entscheidender Wettbewerbsvorteil“, erklärt das Vorstandsmitglied der fwd: Bundesvereinigung der Veranstaltungswirtschaft. Deshalb bietet Zeißig mit seiner Live-Kommunikations-Agentur Holtmann+ nicht nur Leistungspakete für nachhaltige Messeauftritte und Events an, sondern sucht mit seinem Team auch für das eigene Unternehmen effektive Wege für einen minimalen CO2-Ausstoß.
Nachhaltigkeit: Vom netten Extra zum Must-have
Beim Verband der deutschen Messewirtschaft AUMA zählt man das Thema zu einem der acht maßgeblichen Trends, die derzeit die Branche prägen. „Nachhaltigkeit wird immer mehr zum Entscheidungskriterium für den Messebesuch und für das Ausstellen“, erklärt AUMA-Geschäftsführer Jörn Holtmeier. Dabei spielen vor allem die ökologischen Aspekte des Themas eine entscheidende Rolle am Messeplatz Deutschland, stellt er fest: Unternehmen gestalten ihre Messeauftritte zunehmend ressourcenschonend und Standorte investieren immer mehr in Klimaschutz und z.B. die alternative Energieversorgung.
Nachhaltig ist mehr als „grün“
Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und wird heute v. a. mit umwelt- und klimafreundlichem Handeln assoziiert. Inzwischen steht der Begriff aber für mehr. Dem 3-Säulen-Modell (das oft mit der „Triple Bottom Line“ gleichgesetzt wird) zufolge, das erstmals 1987 im Brundtland-Bericht der World Commission on Environment and Development beschrieben wurde, umfasst Nachhaltigkeit neben der ökologischen auch eine ökonomische und eine soziale Dimension. Es geht darum, verantwortungsbewusst mit Ressourcen umzugehen – und zu diesen gehören nicht nur Natur und Rohstoffe, sondern auch die beteiligten Menschen und die eigene Geschäftsgrundlage: Statt auf schnelle Gewinne durch Ausbeutung dieser Faktoren zu setzen, wird langfristig gedacht und so gewirtschaftet, dass sich alle Faktoren immer wieder regenerieren können. Dazu gehört z.B. auch, gute Beziehungen zu Mitarbeitenden, Zulieferern und Kunden zu pflegen und einen Beitrag für das Gemeinwesen zu leisten, in dem man agiert.
Treiber dieses Engagements für mehr Nachhaltigkeit sind nicht einfach nur gute Absichten, wie der soeben erschienene Sustainability Transformation Monitor 2024 feststellt. Die aktuelle Nachhaltigkeitstransformation wird auch von handfesten wirtschaftlichen Argumenten getrieben, so das Ergebnis der Studie, die u. a. von der Bertelsmann-Stiftung und der Universität Hamburg durchgeführt wurde. Insbesondere sind dies steigende Preise für konventionelle Energien, Konsumentscheidungen, die verantwortungsvolles Wirtschaften belohnen, und die Erwartungen der jüngeren Generation und damit der potenziellen Fachkräfte, die gern langfristig in einer bewohnbaren Welt leben möchten und deshalb lieber für Unternehmen arbeiten, die diesen Wunsch auch im Blick haben.
Als stärksten Einfluss aber sehen die meisten der Befragten die Politik. „Offensichtlich sind Regulierungen und politische Maßnahmen ebenfalls starke Treiber der Transformation – und das ist auch gut so“, kommentiert Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft e.V., der Netzwerkpartner der Studie ist. Denn sie bezweifelt, dass ein Umdenken völlig freiwillig stattfinden würde.
Mehr Transparenz für Nachhaltigkeit
Regulierungen gibt es auf nationaler Ebene, doch auch auf europäischer Ebene wird im Rahmen des European Green Deal daran gearbeitet, die Wirtschaft so umzubauen, dass die gesamte EU bis 2050 klimaneutral ist. Derzeit werden dafür zahlreiche Richtlinien verabschiedet, die die Agenda in rechtlich verbindliche Handlungsanweisungen übersetzen. Aktuell sind v. a. zwei Neuerungen für die Messewirtschaft relevant: die europäische Corporate-Sustainability-Reporting-Richtlinie (CSRD) und das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen in Deutschland zu einem sorgfältigen Umgang mit Menschen und Umwelt, sowohl im eigenen Geschäftsbereich als auch in dem von Vertragspartnern und zuliefernden Firmen. Sie müssen damit in Zukunft das Risiko von Verstößen auch jenseits ihres Werkstors ermitteln, bewerten und priorisieren, in einer Grundsatzerklärung veröffentlichen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um Verstöße zu minimieren. Das Gesetz sollte eigentlich 2024 durch eine einheitliche europäische Richtlinie – die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) – ersetzt werden. Allerdings wird derzeit noch nachverhandelt.
EU-weit schon gültig ist dagegen die CSRD. Sie schreibt fest, wie Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen in den drei Dimensionen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung („Governance“) dokumentieren müssen. Damit ersetzt sie die bisher geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD), die zuletzt die finanzielle Bilanz eines Unternehmens ergänzt hat, um die sozialen und ökologischen Auswirkungen des unternehmerischen Handelns zu beschreiben.
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
Die neue EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung im Überblick hier auf der Themenseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).
„Ab 2024 werden die beiden umfangreichen Regelwerke für große beziehungsweise Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden verpflichtend“, schreibt Silvia Bauermeister zum Jahreswechsel im AUMA-Newsletter. Die CSRD etwa gilt ab dem Geschäftsjahr 2024 für große Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden und einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro bzw. einem Nettoumsatz von über 40 Millionen. Wer zwei dieser drei Kriterien erfüllt, muss 2025 einen Nachhaltigkeitsbericht für das Jahr 2024 vorlegen. Kleinere Unternehmen werden erst in den Folgejahren nach und nach berichtspflichtig.
Nach diesen Kriterien werden selbst die großen Messegelände erst in der zweiten Runde verpflichtet sein, über zentrale Nachhaltigkeitskennzahlen zu berichten. „Die Berichterstattung für unser Unternehmen wird im Sommer 2026 mit Vorlage des Geschäftsberichts 2025 erfolgen“, sagt etwa Wolfgang Marzin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Frankfurt. Doch mittelbar werden sich die Richtlinien schon bald auf alle in der Branche auswirken, betont Bauermeister, die in der AUMA-Geschäftsführung für Recht und Business Development zuständig ist. Etwa, weil sie bei Ausschreibungen eine immer größere Rolle spielen werden. Deshalb sind die Neuerungen schon in vielen Arbeitskreisen des Verbandes Thema.
Viele Regeln erfordern viel Vorbereitung
Und auch viele Akteure der Branche haben die CSRD schon länger im Blick. Bei der Messe Frankfurt etwa hat man laut Marzin schon die vergangenen zwei Jahre intensiv genutzt, um die notwendige Transparenz zu schaffen. „Aber auch, um Ziele zur Verbesserung der Umweltbilanz zu definieren und um unsere Strategie mit einer umfassenden Nachhaltigkeitszielarchitektur konsequent umzusetzen“, erklärt der Messe-Chef.
Foto: Leipziger Messe
Ökologisch aus Tradition
Die Hallen der Leipziger Messe wurden schon bei ihrer Gründung in eine Parklandschaft mit See und 25.000 Bäumen eingebettet, begrünte Dächer und Wildblumenwiesen fördern die Artenvielfalt.
Bei der Leipziger Messe steht die Nachhaltigkeitsberichtspflicht seit Ende 2022 auf der Agenda, erklärt Andreas Knaut: „Und wir nutzen auch das laufende Jahr noch für die Vorbereitungen“, so der Unternehmenssprecher, der auch Nachhaltigkeitsbeauftragter ist. Denn: „Die internen Prozesse so umzustellen, dass sie den CSRD-Anforderungen gerecht werden, bringt einige organisatorische und strukturellen Herausforderungen mit sich“, gibt er zu. Das gilt etwa für die Harmonisierung der verwendeten Systeme, aber auch für die notwendige Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Auch in Köln und Nürnberg setzt man sich schon eine Weile mit den Anforderungen der neuen Berichtspflicht nach CSRD auseinander, konkret vor allem seit diese 2023 endlich ausformuliert wurden. Zwar bedauert man bei der NürnbergMesse, dass diese späte Klarheit wenig Zeit für die Umsetzung lasse. Man sieht sich aber dennoch gut aufgestellt, da allgemeine Vorarbeiten schon seit mehreren Jahren laufen. Die Koelnmesse ist seit 2021 dabei, die notwendigen Strukturen aufzubauen, erklärt Prof. Dr. Christian Glasmacher, Geschäftsbereichsleiter Unternehmensentwicklung und Sustainability. „Herausfordernd ist insbesondere die Integration der Berichtsanforderungen in die unternehmenseigenen Abläufe inklusive der Einführung einer geeigneten Berichtsstruktur“, so Glasmacher, der auch Mitglied der Geschäftsleitung ist (siehe Interview).
“Die Integration der Berichtsanforderungen ist herausfordernd.”
Prof. Dr. Christian Glasmacher, Geschäftsbereichsleiter Unternehmensentwicklung und Sustainability und Mitglied der Geschäftsleitung der Koelnmesse, erläutert, wie sich die Kölner Messegesellschaft auf die neue Nachhaltigkeitsberichtspflicht vorbereitet.
Foto: Koelnmesse, Hanne Engwald
Neue Standards und doppelte Wesentlichkeit
Ziel der EU-Direktive ist es, den Nachhaltigkeitsbericht mittelfristig der Finanzberichterstattung eines Unternehmens gleichzustellen. Dafür sollen verschiedene Neuerungen sorgen, die über die bisherigen üblichen Anforderungen hinausgehen. So wurde festgelegt, dass der Nachhaltigkeitsbericht Bestandteil des jährlich vorzulegenden Lageberichts eines Unternehmens sein muss. Zudem muss die Nachhaltigkeitsberichterstattung ebenso wie die Firmenbilanz in Zukunft extern geprüft werden. Und es gibt nun europaweit einheitliche Standards, nach denen alle Unternehmen berichten müssen: die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Sie geben z.B. die Struktur des Berichts und die benötigten Informationen vor.
Besonders herausfordernd ist das neue Prinzip der doppelten Wesentlichkeit: Relevant für den Bericht ist nicht mehr nur das, was Unternehmen und Umwelt wesentlich beeinflusst – also etwa, wenn die Entsorgung von Abfällen Kosten verursacht. Berichtet werden muss nun auch, wenn ein Faktor nur in einer der beiden Dimensionen Auswirkungen hat – also wenn die Abfälle etwa die Natur belasten, nicht aber das Unternehmen selbst. „Das bedeutet für die NürnbergMesse, dass über 1.000 Datenpunkte auf ihre Wesentlichkeit hin zu prüfen sind, um dann hierauf aufbauend ein Reporting zu erstellen“, so die Pressestelle.
Vorteil: Vergleichbar und vertrauenswürdig
Die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse sowie das detaillierte Mapping der Anforderungskriterien und Datenpunkte nach den ESR-Standards, das erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die Berichterstattung den Anforderungen der CRSD entspricht, sind zweifellos aufwendig, gibt Christina Gossel zu. Es lohnt sich aber auf mehreren Ebenen, ist die CSRD-Expertin und Nachhaltigkeitsberaterin überzeugt: „So sorgen die neuen Anforderungen für ein Denken in größeren Zusammenhängen“, erklärt die Gründerin der cg sustain GmbH. Und damit für ein ganzheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit, das für unsere gemeinsame Zukunft dringend nötig ist.
Doch auch für die strategische Ausrichtung des eigenen Geschäfts sind die Regelungen hilfreich, meint die Beraterin. „Durch die systematische Herangehensweise lassen sich effektive Managementkonzepte definieren und übergreifende Prozesse implementieren“, erläutert Gossel: „Dafür müssen Ziele und Maßnahmen messbar gemacht werden, das hat wiederum einen Mehrwert für die Weiterentwicklung der eigenen Organisation.“
Foto: Steffen Beck
„Wenn Ziele und Maßnahmen messbar gemacht werden müssen, hat das auch einen Mehrwert für die Weiterentwicklung der eigenen Organisation.“
Christina Gossel, Gründerin und Geschäftsführerin der Nachhaltigkeitsberatung CG Sustain, Hamburg.
So ergeben sich oft Kosteneinsparungen und auch neue Benchmarks, mit denen sich z.B. leicht ablesen lässt, wie sich u.a. Energieverbrauch oder Abfallmenge entwickeln und aus denen sich Reduktionspotenziale ableiten lassen. Nebenbei ermöglicht die neue Berichtspflicht einen besseren Überblick über alle Maßnahmen und Projekte im Haus. „Das unterstützt die Systematisierung unserer Aktivitäten“, bestätigt Unternehmenssprecher Knaut von der Leipziger Messe. Dadurch hilft die CSRD auch, Nachhaltigkeitsbemühungen zu verstetigen.
Zudem ist die neue Transparenz gut für die Außenwirkung. „Die höhere Qualität der Berichterstattung stärkt das Vertrauen unserer Kunden und Stakeholder in uns“, sagt etwa der Kölner Geschäftsbereichsleiter Glasmacher. Das wiederum ist nicht nur eine gute Grundlage für eine überzeugende Nachhaltigkeitskommunikation. Es kann sich auch positiv auf die Akquise von Neugeschäft auswirken. Denn auch ausstellende Unternehmen und Gastveranstalter achten zunehmend auf die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftspartner.
Was ist Nachhaltigkeitskommunikation?
Die Kunst, zwischen Marketingversprechen und Greenwashing-Gefahr die richtige Balance zu finden, lässt sich als Nachhaltigkeitskommunikation bezeichnen. Sie gewinnt mit zunehmender Regulierung an Bedeutung nach innen und außen: Sie muss Mitarbeitende überzeugen, das Thema ernst zu nehmen und z.B. notwendige Daten zu sammeln, und gleichzeitig nach außen glaubwürdig von erfolgreichen Maßnahmen erzählen. „Wenn die CSRD den Pflichtteil der Kommunikation abbildet, ist Nachhaltigkeitskommunikation die Kür", erklärt Karina Wolf, Senior Consultant Sustainability Communications bei der Tübinger Storymaker GmbH. Sie kann z.B. interne Change-Kommunikation, Sinnstiftung durch Storytelling sowie dialogische Kommunikation mit den Stakeholdern des Unternehmens umfassen.
Beispielsweise ist die Frage nach einem Nachhaltigkeitskonzept immer häufiger Bestandteil von Ausschreibungen. „Mehr Transparenz bei Unternehmen führt zu erhöhten Anforderungen in der gesamten Wertschöpfungskette“, erklärt Nachhaltigkeitsexpertin Gossel und verweist auf eine Blitzumfrage des Berliner Research Institute for Exhibition and Live Communication (RIFEL). Der Umfrage zufolge plant ein Großteil der befragten Verantwortlichen sogar, alle Event-Dienstleister von Ausschreibungen auszuschließen, die kein Nachhaltigkeitszertifikat vorweisen können.
Nachhaltigkeitszertifikate und CSRD
Damit wird belegbare Nachhaltigkeit auch für kleinere Firmen, für die die europäische Berichtspflicht erst viel später gelten wird, schon zu einem hochaktuellen Thema. Beim Live-Kommunikations-Experten Holtmann+ ist man auch deshalb 2023 in die Zertifizierung nach ISO 20121, der Norm für nachhaltige Events, gestartet. „Die ISO 20121 ist die kompletteste Zertifizierung in unserer Branche und damit – aus meiner Sicht – der Benchmark für einen nachhaltigen Erfolg bei diesem Thema“, erklärte Geschäftsführer Zeißig. Sie umfasst alle drei Säulen der Nachhaltigkeit: Umweltschutz, soziale Auswirkungen und wirtschaftliche Aspekte und geht damit deutlich über die schon vorliegenden Nachweise über Klimaneutralität nach SCOPE 1 und SCOPE 2 hinaus.
Für den Auftritt auf der BAU 2023 konzipierte Holtmann+ für den Branchenverband bauforumstahl e.V. einen Stand, der Nachhaltigkeit im Fokus hatte – die ressourceneffiziente Konstruktion hatte u.a. einen reduzierten Energieverbrauch, zugleich stellte die Präsentation die Langlebigkeit und Wiederverwendbarkeit des Baustoffs Stahl anschaulich dar. Foto: Holtmann+
Die Entscheidung für die ISO-Richtlinie ist auch im Hinblick auf die CSRD sinnvoll, findet Nachhaltigkeitsmanagerin Gossel, die selbst Zertifizierungen begleitet. „Die Implementierung eines Nachhaltigkeitsmanagementsystems ist eine solide Basis, um sich den CSRD-Anforderungen anzunähern“, meint sie. Neben ISO 2021 ist hier etwa auch das international anerkannte Eco Management and Audit Scheme EMAS hilfreich, da es schon eine gute Datengrundlage für die ESRS-Berichterstattung im Umweltbereich liefert.
Auch die ersten EMAS-zertifizierten Messegesellschaften in Karlsruhe und Frankfurt sparen sich demnach einigen Aufwand. „Die EMAS-Zertifizierung, die Aufbereitung der nötigen Daten für das ESG-Rating und übrigens auch für den UN Global Compact CoP helfen uns, die Herausforderungen der neuen EU-Regularien zu bedienen“, erklärt der Frankfurter Messe-Chef Marzin. Bei der Umsetzung einer umfassenden Nachhaltigkeitszielarchitektur in den vergangenen zwei Jahren seien eine valide Datenbasis sowie eine Methodik entstanden, die man nun weiter ausbauen werde, erklärt Marzin: „Nicht zuletzt, um den stetig wachsenden Anforderungen an die Datenmengen und deren Verfügbarkeit gerecht zu werden.“
„Die EMAS-Zertifizierung und andere Ratings helfen uns, die Herausforderungen der neuen EU-Regularien zu bedienen.“
Wolfgang Marzin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Frankfurt
Ähnliche Grundlagen liefern weitere Zertifikate und Berichte – die Leipziger Messe etwa kann Daten und die Erfahrungen aufbauen, die man dort seit 2009 mit dem internationalen Green-Globe-Standard gemacht hat. Und auch wer wie die Messe Nürnberg beispielsweise schon dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) beigetreten ist, deckt schon viele der Berichtsfelder der ESRS ab, heißt es vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE), der die Zertifizierung anbietet.
Schon 2021 stellten Peter Ottmann und Dr. Roland Fleck, das damalige CEO-Team der NürnbergMesse Group, mit Pressesprecher Dr. Ulf Santjer eine Nachhaltigkeitsstrategie für das Unternehmen vor. Foto: NürnbergMesse, Ralf Rödel
Nachhaltigkeit geht nur gemeinsam
Um Messen nachhaltig zu machen, reicht es allerdings nicht, nur die eigenen Daten zu sortieren. Schließlich tragen viele Gewerke zum Erfolg einer Veranstaltung bei. Für nachhaltige Messen müssen deshalb die Messegesellschaften, die Veranstaltenden, die ausstellenden Unternehmen und letztlich auch die Besucherinnen und Besucher an einem Strang ziehen.
„Bei der CSRD zeigt sich, was beim Thema Nachhaltigkeit grundsätzlich gilt: Man kann hier kaum ein Ziel allein erreichen, es braucht immer Partner zur gemeinsamen Umsetzung“, heißt es von der NürnbergMesse. Und auch der Frankfurter Messechef Marzin findet, dass nachhaltiges Engagement nur als eine Gemeinschaftsaufgabe betrachtet werden kann. Sein Team hat deshalb beispielsweise auch Leitfäden entwickelt, um ausstellende Unternehmen und Servicepartner für mehr Nachhaltigkeit zu begeistern.
Kleine und mittelständische Unternehmen, für die die Berichtspflicht in den nächsten Jahren noch nicht verpflichtend sein wird, sollten sich diese ruhig ansehen. „Auch bei kleineren Unternehmen werden Informationen zu ihren Nachhaltigkeitsbemühungen immer häufiger von Auftraggebern und Kunden abgefragt werden“, merkt Nachhaltigkeitsexpertin Gossel an. Zudem gilt bald eine weitere EU-Richtlinie, die im Rahmen des European Green Deal demnächst verabschiedet wird: die Green Claims Directive, die Greenwashing Einhalt gebieten soll. Sobald diese in nationales Recht umgesetzt ist, müssen dann alle, die kommunizieren, dass sie nachhaltig agieren oder zum Zeitpunkt XY klimaneutral sein wollen, dies mit belastbaren Daten belegen. Und zwar die kleinen genauso wie die großen Unternehmen.
Sylvia Lipkowski