Auf die richtigen Daten kommt es an
Foto: Deutsche Messe AG / Rainer Jensen
Foto: Deutsche Messe AG / Rainer Jensen
Ein erfolgreicher Messeauftritt beginnt lange vor der Ausstellung. Wer mit klaren Zielen zur Messe fährt, kann den Erfolg planbar gestalten. Planung ist eben nicht der Ersatz des Zufalls durch den Irrtum, sondern minimiert die Risiken und steigert den Erfolg. Zudem ist die Auswahl der für das Unternehmen relevanten Kennzahlen abhängig von den definierten Zielen des Messeauftritts.
Nur wer Ziele festgelegt hat, kann vor, während und nach der Messe Kennzahlen definieren, erheben und analysieren. Damit wird der Erfolg messbar und eventuelle Verbesserungspotentiale können zweifelsfrei identifiziert werden. Das gilt nicht nur für große Messestände, sondern auch für kleinere Systemstände. Denn „dabei sein ist alles“ war gestern! Die bisherigen und aktuellen Gesamtbesucher-Zahlen der Messe geben zunächst einen ersten Hinweis auf die die Attraktivität der Messe selbst. Die Besucherzahl am eigenen Stand zeigt sodann die Reichweite des eigenen Auftritts an und die Besucher pro Stunde oder Tag vermitteln einen detaillierten Einblick in den Besucherstrom und die Besucherherkunft.
Schnelligkeit ist Trumpf bei der Nachbearbeitung
Neben der Quantität spielt die Qualität der Kontakte eine wichtige Rolle. Die Anzahl der geführten Gespräche sollte ebenso erfasst werden, wie die aufgegliederten Bestands- und Neukundenkontakte. Die sich daraus ergebende Zahl der vereinbarten Termine ist u.a. ein wichtiger Indikator für die Vorbereitung zukünftiger Geschäfte. Denn nach der Messe geht es darum, mit den Kontakten Termine zu vereinbaren und konkrete Verkaufsabschlüsse herbeizuführen. Die Menge der gemachten Termine ist daher eine wichtige KPI (Key Performance Indicator).

Die digitale Erfassung von Besucherdaten gehört heute zu den Standards am Messestand. Foto: Cvent
Die Qualität der Kontakte kann anhand von vorbereiteten Fragebögen evaluiert und die Verweildauer sowie konkrete Interessenslage der Besucher am Stand mit speziellen Techniken gemessen werden. Die Auswertung der Gesprächsbögen gibt Aufschluss über die Anzahl geführter Gespräche, aber auch darüber, welche Produkte von besonderem Interesse waren: Digitale Tools zur Leaderfassung ermöglichen eine Übersicht, über welche Produkte sich die Besucher informiert haben. Leider führen laut Localista ca. 70 Prozent aller auf Messen generierten Leads niemals zu einem Verkaufserfolg.
Daher kommen der zielorientierten Erfassung und Bearbeitung von Leads eine hohe Bedeutung zu. Ebenso wie einer zeitnahen Reaktion. Potenzielle Kunden müssen schnell bearbeitet werden, denn andere Aussteller schlafen nicht. So zeigen Studien auf, dass 50 Prozent aller Deals an den Anbieter gehen, der zuerst reagiert. Aber auch manuelle Vorgänge und unstrukturierte Daten gelten als Hauptursachen für ineffiziente Nachbearbeitung. Daher sollte die Erfassung der Leads digital über Lead-Erfassungstools wie beispielsweise die App SnapAddy erfolgen, so dass die Daten exportiert werden können oder sogar in Echtzeit im CRM-System auflaufen.

Volle Gänge auf der Messe Karrierestart 2025 in der Messe Dresden: Besucherzahlen geben Aufschluss über die Attraktivität einer Veranstaltung, Besucherströme und Aufenthaltsdauer am Stand sind wichtige Indikatoren für den Messeerfolg. Foto: André Wirsig
Künstliche Intelligenz in der Nachbearbeitung
Dort endet der Prozess jedoch nicht: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz lässt sich der reine Besucherdatensatz gezielt anreichern. KI-gestütztes Data Enrichment kann unter anderem:
- Unternehmensspezifische Informationen ergänzen: Automatisch Unternehmensgröße, Branche, Standort oder Umsatz recherchieren und dem Profil zuordnen.
- Kontakt- und Entscheidungsstrukturen identifizieren: Relevante Rollen und Ansprechpartner innerhalb der Organisation ableiten.
- Interessen und Potenziale bewerten: Auf Basis von Standverhalten, besuchten Themenbereichen und Gesprächsnotizen Kaufwahrscheinlichkeit oder Interessenschwerpunkte einschätzen.
- Datenqualität verbessern: Dubletten bereinigen, fehlerhafte Angaben korrigieren und fehlende Informationen ergänzen.
- Nächste Schritte vorschlagen: Passende Follow-up-Maßnahmen wie personalisierte Mailings, Terminvereinbarungen oder Lead-Nurturing-Kampagnen automatisiert initiieren.
Durch diese intelligente Anreicherung wird aus einem einfachen Besucherdatensatz ein aussagekräftiges Kundenprofil, das den Vertrieb optimal unterstützt. So entstehen aus Messestandkontakten qualifizierte Leads – mit einem maximal effizienten Ressourceneinsatz.
Vergleich der Messekosten und -Ergebnisse mit der Feldarbeit des Vertriebs
Als Conversion-Rate (Umwandlungsrate) bezeichnet man den prozentualen Anteil der Leads, die in kaufende Neukunden umgewandelt werden. Der ermittelte Umsatz-Wert aus der Nachbearbeitung entspricht idealerweise dem Wert aus der Vertriebsarbeit im Feld. Gravierende Abweichungen nach unten können ein Hinweis dafür sein, dass die jeweilige Messe nicht optimal für die Erreichung der Vertriebsziele ist. Auf der Homepage von Saxoprint findet man einen interessanten Vergleich der Messekosten und -ergebnisse mit den Vertriebskosten „im Feld“.
Dort wird das Ergebnis der Messeinvestition in Relation zur Feldarbeit des Vertriebs aufgeschlüsselt. Denn schließlich ist die Messe nichts anderes als eine komprimierte Feldarbeit mit wesentlich größerem Potenzial. Basierend auf der Kosteneffektivität der Messe sollte laut Saxoprint deren Ergebnis in Bezug auf Kosten und ROI daher günstiger ausfallen als im Feld. Um die Effektivität der Messearbeit des Vertriebs bewerten zu können, zieht man die durchschnittlichen Feld-Kontaktkosten heran: Durchschnittliche Feld-Kontaktkosten, jährliche Gesamtkosten des Verkäufers und die Anzahl Kontakte pro Jahr.
Mit der ermittelten Feld-Conversion-Rate wird das Messeergebnis verglichen. Dabei ist es wichtig, die Parameter für dasselbe Produktsegment und einen vergleichbaren Markt heranzuziehen.
Die Ermittlung der Messe-Kontaktkosten
Die Kontaktkosten sind ein weiterer wichtiger Eckpfeiler der Erfolgskontrolle. Ein Beispiel:
Vertriebsbudget:
Messeergebnis: 280 qualifizierte Kontakte =
pro Kontakt
Bei durchschnittlich anzunehmenden Kontaktkosten im Feld von 350 bis 450 Euro wäre dies ein sehr gutes Ergebnis. Da die Effizienz der Messebeteiligung entscheidend von der Anzahl qualifizierter Messekontakte abhängt, vergleicht Saxoprint für die Analyse das Messeergebnis mit dem rechnerisch zur Verfügung stehenden Potenzial:
Rechnerisches Kontaktpotenzial
5 Verkäufer x 3 Tage x 6 h/Tag = 90 Stunden
1 Gespräch/h = 90 Gespräche insgesamt = 18 Gespräche/Verkäufer
2 Gespräche/h = 180 Gespräche insgesamt = 36 Gespräche/Verkäufer
3 Gespräche/h = 270 Gespräche insgesamt = 54 Gespräche/Verkäufer
Für eine effiziente Beteiligung sollten demnach zwei bis drei Gespräche pro Nettostunde realisiert werden. Das Potential der Messekontakte ist dann eine weitere Kennzahl für Aussagen über den Messeerfolg.
Am Ende steht der Umsatz…
Nicht unwichtig, obwohl nicht von erstrangigem Interesse, ist natürlich der auf der Messe unmittelbar generierte Umsatz. Diese KPI im Zusammenhang mit einem Messeauftritt ist erst einige Wochen oder sogar Monate nach der Messeteilnahme auswertbar, sollte jedoch nicht vernachlässigt werden, um das konkrete Kosten-Nutzen-Verhältnis zu untersuchen.

Brand Awareness im Großformat: Maschinen- und Baukonzerne nutzen die Bauma 2025 für weithin sichtbare Markenauftritte. Foto: Messe München GmbH
Vor allem hier kommt der Begriff Customer Acquisition Cost (CAC) ins Spiel. Mit dem CAC wird ermittelt, wie hoch die Gesamtkosten für die Gewinnung eines neuen Kunden waren. Zu diesem Kostenblock gehören alle Maßnahmen, die darauf abzielen, einen potenziellen Lead in einen zahlenden Kunden zu verwandeln. Dazu gehört auch der Cost per Lead (CPL), der den Aufwand für die Generierung eines Leads misst. Der Return on Investment (ROI) berechnet den Gewinn im Verhältnis zu den Messekosten und die Umsatzwachstumsrate schließlich definiert die Umsatzentwicklung durch die Messebeteiligung.
…und die wichtigen „Nebeneffekte“
Eine Messeteilnahme sollte auch immer auf den Bekanntheitsgrad einer Marke (Brand Awareness) oder der Dienstleistung einzahlen. Wie gut erinnern sich die Messebesucher an die Marke? Wie viele Personen wurden durch den Messeauftritt erreicht? Wie hoch ist die Anzahl der Likes, Kommentare und Shares bei Social Media im Zusammenhang mit dem Auftritt? Auch der Anstieg der Besucherzahlen auf der Unternehmenswebsite nach der Messe kann gemessen werden, ebenso wie der Anstieg der Suchanfragen nach der Marke in Suchmaschinen. Ein nicht unwichtiger Nebeneffekt ist die Anzahl der Medienberichte. Und – last but not least – geben die Nachhaltigkeitskennzahlen Aufschluss über die CO2-Bilanz, das Abfallaufkommen und den Ressourceneinsatz.
Fazit:
Es lohnt sich, den alten Grundsatz „Planen, steuern, kontrollieren“ auch bei der Messeplanung zu beherzigen. Es ist unverzichtbar, insbesondere bei der Digitalisierung, etwaige Wissenslücken zu schließen und mutig in neue Tools zu investieren.
Hans Jürgen Heinrich