Interview Petra Bernhardt
“Corporate Influencer steigern den Wert einer Brand”
Petra Bernhardt, Social Media Leader bei IBM DACH, weiß, wie Corporate Influencer für Reichweitenaufbau eingesetzt werden können. Foto: IBM
Petra Bernhardt, Social Media Leader bei IBM DACH, im Gespräch darüber, wie Corporate Influencer für Reichweitenaufbau eingesetzt werden können. Foto: IBM
Petra Bernhardt, Social Media Leader bei IBM DACH, im Interview über das IBM Corporate Influencer Program, den Mehrwert von Markenbotschaftern auf Veranstaltungen und warum Personal Branding der Dreh- und Angelpunkt ist.
tw tagungswirtschaft: Der Influencer-Markt boomt. Bis 2025 soll er auf mehr als 22 Milliarden US-Dollar anwachsen. Mehr als ein Viertel der Marketingverantwortlichen im DACH-Raum setzen inzwischen auf Influencer in ihren Strategien. Zuletzt zeichnete sich eine neue Facette ab. Unternehmen bauen sogenannte Corporate Influencer auf, um Marken mit authentischem Content aufzuladen. So auch IBM. Frau Bernhardt, was ist die Idee hinter dem IBM Corporate Influencer Program?
Petra Bernhardt: Wir sind überzeugt, dass eine Marke alleine durch Marketingmessages, Paid Media und Brand Social Channels ihr Portfolio nicht nach außen tragen kann. Wir haben viele, sehr gut ausgebildete Mitarbeitende, die aber entlang unserer Portfolios kleinere Themengebiete abdecken. Diese könnten wir gar nicht alle einzeln über Marketing platzieren. Dafür bräuchten wir Unmengen an Budget. Deswegen haben wir schon früh angefangen, Mitarbeitende, die Lust haben, als Corporate Influencer aufzubauen, um sich damit nach außen sichtbar zu machen. Damit meine ich nicht nur Sichtbarkeit auf Social-Media-Kanälen. Wir haben viele Kolleg_innen, die zum Beispiel Speaker auf Events sind oder zum Kunden gehen und sich dort präsentieren. Die Weiterentwicklung in Richtung eines Brand-Ambassador- oder Corporate Influencer ist da nur der logische nächste Schritt.
Wie kam es dazu, dass aus dem Program das IBM Influencer Forum entstanden ist?
Das IBM Influencer Forum entstand nach der Covid-Pandemie aus einer spontanen Idee. Ich wollte unsere internen und externen Influencer zusammenbringen, um den Austausch zu fördern. Bei IBM arbeite ich auch mit externen Influencern, also bezahlten Kooperationen. So kam die Idee auf, sowohl unsere Corporate Influencer als auch externe Influencer und Persönlichkeiten unserer Kunden auf einem Event zusammenzubringen. Ich wollte den Beweis antreten, dass Social Media nicht nur notwendig ist. Dass sich unser Programm eben nicht nur an den C-Level oder IT-Manager richtet, sondern auch Mitarbeitende aus anderen Geschäftsbereichen influencen können. Zum ersten Forum waren wir im IBM Headquarters und haben unser IBM Quantum System One besichtigt. Das hat einen massiven Push im Markt gegeben und die Teilnehmenden waren begeistert. Seither mache ich das zwei Mal im Jahr. Entweder bei IBM oder bei anderen Firmen, die dann als Host fungieren. Ziel ist, zu netzwerken, Neuigkeiten über LinkedIn auszutauschen und sich auch wieder mal zu treffen. Natürlich strahlt das auf die Firma ab, die es abhält.
Was macht einen guten Influencer im B2B aus? Worin unterscheidet er sich von klassischen Influencern, die uns so auf Instagram und TikTok begegnen?
Influencer auf Instagram und TikTok sind meistens im B2C-Bereich aktiv, oft mit klassischer Produktplatzierung und mit viel mehr Push. Unsere externen Influencer im B2B-Bereich sind Meinungsmacher, Expert_innen in ihren Bereichen und oft auch Keynote Speaker. Sie sind überzeugt von den Produkten, die sie unterstützen. Das macht sie glaubwürdig. Ein Beispiel ist unsere Influencerin für künstliche Intelligenz, die IBM watsonx hervorragend platziert. Für Nachhaltigkeit haben wir ebenfalls einen tollen Influencer, Zackes Brustik, der sich tief im Thema auskennt. Sein Podcast #GewinneZukunft ist absolut hörenswert! Genauso ist es bei den Corporate Influencern. Mein Hauptthema ist hier Personal Branding: Es geht darum, dass unsere Mitarbeitenden sich als Experten_innen positionieren. Dass sie ihre eigene Geschichte erzählen. Zeigen, was sie können, anstatt einfach nur willkürlich Unternehmensinhalte zu posten.
„Unsere externen Influencer im B2B-Bereich sind Meinungsmacher, Expert_innen in ihren Bereichen und oft auch Keynote Speaker. Sie sind überzeugt von den Produkten, die sie unterstützen. Das macht sie glaubwürdig.“
Petra Bernhardt, Social Media Leader bei IBM DACH
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter, Corporate Influencer zu werden? Und dann auch zu bleiben?
Ich setze auf das Thema Personal Branding. Wenn ich meinen Impulsvortrag mache, dann halte ich ihn so enthusiastisch wie nur möglich. Ich versuche meine angehenden Corporate Influencer zu überzeugen, dass sie es für sich tun. Innerhalb der Arbeitszeit. Zu ihrem eigenen Nutzen. Aber mit Strahlkraft für IBM. Ich möchte also die intrinsische Motivation ansprechen. Versuche mit Give-aways hatten nicht funktioniert.
Sie schreiben auf Ihrem LinkedIn-Profil, dass Sie Expertin für Event-Surround- Konzepte sind. Welche Aufgaben bekommen Ihre Corporate Influencer auf Events? Geben Sie Aufgaben auf?
Ich gebe keine Aufgaben auf. Das steht mir nicht zu. Vor einer Veranstaltung, in die wir normalerweise viel Geld und Manpower investieren, mache ich kurze Schulungen. Darin erkläre ich den Teilnehmenden, wie sie im Vorfeld auf das Event hinweisen. Und gebe beispielhafte Fragestellungen: Warum sollte jemand auf dem Event teilnehmen? Warum bin ich auf dem Event? Was mache ich Tolles auf dem Event? Während des Events sollten die Influencer das Geschehen dokumentieren und ihre Eindrücke teilen. Auch wenn es um Konkurrenzbeiträge geht. Nach dem Event sollten sie dann eine Summary posten. Es geht also auch darum, ein Event, das uns wichtig ist, durch die Perspektive einer anderen Person zu begleiten und so den Wert einer Veranstaltung zu steigern.
Der Corporate Influencer steigert also allein durch seine Reichweite den Wert eines Events?
Das beantworte ich klar mit Ja. Die Investition unserer Teilnahme und die Begleitung mit den Inhalten auf Social Media durch die anwesenden IBMer verbreitet die vorgestellten Themen von uns wesentlich besser. Auch für die Kunden und Interessenten, die nicht vor Ort sein konnten.
Influencer können wertvolle Reichweite für ein Event schaffen. Dass sie allerdings kein limitfreies Tool sind, zeigt das Beispiel der Gamescom in Köln. Hier waren den Teilnehmern so viele Influencer „im Weg“ während des Events, dass dies sogar Thema auf dem ZDF heute Instagram-Kanal wurde. Hier geht’s zum Instagram-Post.
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Wie messen Sie den Erfolg von Corporate Influencern? Lassen sich die Aktivitäten in Kosten und Nutzen umrechnen?
Das lässt sich nicht in klassischen Kosten-Nutzen-Kategorien messen. Es gibt Firmen, die ähnliche Programme in Vollzeit betreiben. Sie betreuen ihre Influencer durchgehend und wollen deren Ergebnisse auf LinkedIn nachvollziehen können. Bei mir läuft das anders ab. Ich biete Impulsschulungen an und lasse die Mitarbeitenden dann selbst entscheiden, ob sie weitermachen wollen. Ich biete dann tiefergehende Sessions an, was sich gut bewährt hat. Und Open Office Hours, zu denen ich News mitbringe, aber auch alle Fragen beantworte. Wir überwachen nicht, wer was postet. Wir respektieren den privaten Charakter der Social-Media-Kanäle unserer Mitarbeitenden. Erfolg messe ich eher an der wachsenden Teilnahme in unseren internen Kommunikationskanälen, wie zum Beispiel unserem Slack-Kanal, der mit null Teilnehmenden begann und jetzt 1.000 freiwillige Abonnenten hat.
Foto: Georg Strohbücker, ClicClic
„Wir überwachen nicht, wer was postet. Wir respektieren den privaten Charakter der Social-Media-Kanäle unserer Mitarbeitenden. Erfolg messe ich eher an der wachsenden Teilnahme in unseren internen Kommunikationskanälen (…)“
Petra Bernhardt, Social Media Leader bei IBM DACH
Welche drei Hacks haben Sie für einen guten Post?
Ein guter Post braucht zuerst eine Hook – der erste Satz muss sitzen, weil danach „mehr anzeigen“ auf LinkedIn angezeigt wird. Dann ist eine gute Strukturierung wichtig: Worum geht es im Beitrag? Ein paar Bullet Points als Lösungspunkte und ein aussagekräftiges Bild sollten inkludiert sein. Auch ein Link darf direkt im Post enthalten sein, auch wenn das dem Algorithmus nicht so gut gefällt.
Stichwort Chat GPT und Content für Social Media mithilfe von KI erstellen lassen: Ist das eine gute oder eher eine schlechte Idee aus Ihrer Erfahrung?
Es kommt darauf an, wie sicher jemand beim Posten ist. Ich finde, man kann sich durchaus gute Ideen bei Tools wie watsonx, ChatGPT oder PerplexityAI holen, wenn einem nichts einfällt. Aber ich bin eher Team "Echt". Ich schreibe meine Posts selbst, weil ich weiß, was ich sagen will. Ich empfehle den Leuten, sich eine Stelle zu suchen, wo sie Ideen notieren können, damit sie einen Content-Plan haben. Wer das nicht möchte, kann auf KI zurückgreifen, aber das ist Geschmackssache.
Wo setzen Sie in der Ausgestaltung von Posts und von der Personal Brand bei Ihren Corporate Influencern Grenzen, wenn sie im Sinne von IBM kommunizieren sollen?
Wir haben Business Conduct Guidelines und Social Computing Guidelines, die klare Regeln, besser gesagt: Leitplanken, aufstellen. Es geht darum, keine vertraulichen Informationen preiszugeben, höflich zu bleiben und sich an die allgemeinen Geschäftsprinzipien zu halten. Ansonsten haben unsere Mitarbeitenden große Freiheit, sich auszudrücken. Unser IBM Unternehmenswert „Trust and Personal Responsibility“ spielt dabei eine zentrale Rolle.
Ist schon einmal etwas so richtig schief gegangen? Mussten Sie schon eingreifen?
Nein, wir sind ein gut ausgebildetes Team und unsere Mitarbeitenden wissen, was sie dürfen und was nicht. Ein Thema, das ich immer wieder anspreche, sind Bildrechte. Es ist wichtig, immer die Erlaubnis der abgebildeten Personen einzuholen, bevor man ein Foto veröffentlicht. Das ist nur fair.
Zum Abschluss: Was sind Ihre drei Learnings aus dem IBM Corporate Influencer Program?
Ich verlängere es mal um Wünsche. Erstens würde ich mir wünschen, dass alle Mitarbeitenden mitmachen. Zum zweiten haben wir letztes Jahr das Programm auf das C-Level bei IBM erweitert. Das heißt, unsere Geschäftsführung ist jetzt auch mit am Start. Das macht viel aus, weil sie Kraft ihrer Person schon höhere Reichweiten erzielen und natürlich die Mitarbeitenden auch motivieren, durchzustarten. Drittens hoffe ich, dass jede Firma ein solches Programm startet. Zusammen mit externen Influencern wird das die Zukunft des Social Media Marketings sein. Paid Media wird weiterhin wichtig bleiben, aber für eine echte Durchdringung und Brand Consideration braucht man Menschen, die ihre Firma authentisch und glaubwürdig nach außen repräsentieren.