Exportgeschäft
Weltoffenheit als Erfolgsgarantin
Jährlich beteiligen sich bis zu 5.000 ausstellende Unternehmen an den Gemeinschaftsständen unter der Dachmarke „Made in Germany“. Foto: Auma
Jährlich beteiligen sich bis zu 5.000 ausstellende Unternehmen an den Gemeinschaftsständen unter der Dachmarke „Made in Germany“. Foto: Auma
Die älteste, erfolgreichste und effizienteste Unterstützung für kleine und mittelständische deutsche Unternehmen auf Expansionskurs feiert Jubiläum: Das Auslandsmesseprogramm – kurz: AMP – besteht 2024 seit 75 Jahren.
1949: Der erste Rosenmontagszug seit Kriegsende zieht wieder durch Köln, in München wird die Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung gegründet, in den westlichen Besatzungszonen der Lizenzierungszwang für Druckschriften aufgehoben – und es werden politische Weichen gestellt: In Washington entsteht die Nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft (NATO), zehn europäische Staaten gründen den Europarat, Bonn wird zur vorläufigen Bundeshauptstadt: Am 23. Mai wird dort feierlich das Grundgesetz verkündet und tritt damit in Kraft.
Beim Staatsakt zum 75. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes im Mai erinnert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, wie es uns durch die Zeit trägt. „Auch nach einem Dreivierteljahrhundert ist es nicht alt, erst recht nicht veraltet, wenn es auch inzwischen eine der ältesten Verfassungen der Welt und zum Vorbild für viele andere Verfassungen geworden ist. Das Grundgesetz garantiert Freiheit, und es erwartet Verantwortung“, so Steinmeier. „Freiheit“ ist auch Stichwort für Robert Habeck bei der Jubiläumsveranstaltung für das Auslandsmesseprogramm (AMP) im Juni, nur wenige Wochen nach dem Staatsakt für das Grundgesetz. Ins Leben gerufen wurde das AMP im Jahr 1949, um deutschen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, ihre Produkte und Dienstleistungen auf europäischen und internationalen Messen und Ausstellungen zu präsentieren – und damit Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Steuereinnahmen in Deutschland zu sichern. Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gehört aber alles mit allem zusammen, ist „die Geschichte der Bundesrepublik und des Grundgesetzes eine der Freiheit, der individuellen Freiheit“. Gehe es doch um Wohlstand, Wachstum und ökonomischen Erfolg nicht nur für den einzelnen Menschen, sondern „für die Gesamtheit der Menschen, die in unserem Staat leben“, ordnete der Bundeswirtschaftsminister das Aufsetzen des AMP ein. Dass der Export bei der Gründung der Bundesrepublik gleich mitgedacht und mit ihm die Erwartung formuliert wurde, als deutsche Unternehmen in die Welt hineinzugehen – „schon weit vor dem, was wir heute Globalisierung nennen, ist bemerkenswert“, so der Minister. Das Programm hat wesentlich dazu beigetragen, den internationalen Handel zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf den globalen Märkten zu stärken.
Wohlstand, Wachstum und ökonomischer Erfolg für alle – darum geht es beim Auslandsmesseprogramm, sagt Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klima. Foto: Christian Kruppa
Das AMP ist das älteste Förderprogramm des Wirtschaftsministeriums und der Bundesregierung. Teilnehmen können Unternehmen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland sowie deren ausländische Niederlassungen und Vertretungen mit Ausstellungsgütern, die in der Bundesrepublik Deutschland oder von deutschen Niederlassungen im Ausland oder in deutscher Lizenz hergestellt wurden. Das Mitwirken an den Messebeteiligungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfolgt im Wesentlichen in Form von Firmengemeinschaftsständen, die an die jeweiligen Informationsstände des Bundes angeschlossen sind. Für die Aussteller ergeben sich dadurch kostengünstige Teilnahmemöglichkeiten, organisatorische Vorteile und zahlreiche Werbe- und Repräsentationsmöglichkeiten. Von 85 Prozent der Klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) und Start-up-Unternehmen wird das Angebot genutzt, ihr Geschäft im Ausland anzukurbeln und zu steigern. Es bietet ihnen mehr Reichweite, mehr Aufträge, mehr Export, mehr Umsatz – zu relativ günstigen Beteiligungskosten. Abgedeckt wird eine große Spannbreite von Messen. Das Spektrum reicht von Fachmessen in hochentwickelten Ländern bis hin zu Universalmessen in Entwicklungsländern, dazu gehören Messen von Automatisierung über Energiewirtschaft, Elektrotechnik und Elektronik, Medizintechnik, Möbel und Spielwaren, Land- und Agrartechnik, Bautechnik bis zu Maschinenbau, IT und Telekommunikation.
KMU nutzen Angebot
Im Gründungsjahr ist das Auslandsmesseprogramm mit einer Million D-Mark hinterlegt. Zum Start waren vom damaligen Wirtschaftsministerium fünf Länder ausgewählt worden, fünf Firmenbeteiligungen wurden durchgeführt. Mit seinem Lancieren wurde die Basis für die Exportnation Deutschland geschaffen: Deutschland ist weltweit drittgrößter Warenexporteur hinter China und den USA. Damit ist die deutsche Exportwirtschaft für den Wirtschaftsstandort von zentraler Bedeutung. Gut ein Viertel der Arbeitsplätze hängt direkt oder indirekt vom Export ab, im Verarbeitenden Gewerbe sogar mehr als die Hälfte (Quelle: BMWK, Fakten zum deutschen Außenhandel, 2023). Schweden, Türkei, USA, Kanada und Pakistan bilden den Grundstock für diesen Erfolg. Sie waren die ersten fünf Länder, in denen die Bundesrepublik 1949 in Messeauftritte investiert. Der Erfolg überzeugt von Beginn an, zehn Jahre später beträgt der Etat bereits 10 Millionen Deutsche Mark, 45 Beteiligungen können organisiert werden. 1971 umfasst das Programm erstmals 100 Messen, in den 1990er-Jahren klettert der Auslandsmesse-Etat von 39 Millionen DM (1990) auf 65 Millionen DM im Jahr 1995. 75 Jahre nach Gründung umfasst das Programm in der Spitze bis zu 250 Messebeteiligungen jährlich, für die der Bund 2022 noch mehr als 45 Millionen Euro bereitstellt. Jährlich beteiligen sich bis zu 5.000 ausstellende Unternehmen.
Foto: Christian Kruppa
„Seit 75 Jahren ist das bewährte Auslandsmesseprogramm die erfolgreichste und effizienteste Unterstützung für kleine und mittelständische deutsche Unternehmen auf ihrem Weg in Auslandsmärkte.“
Philip Harting, Auma-Vorsitzender
Im Jubiläumsjahr 2024 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages das Programm im Etat des Bundeswirtschaftsministeriums nach zuletzt einschneidenden Kürzungen auf rund 44 Millionen Euro angesetzt – und knüpft damit an das Niveau von vor der Corona-Pandemie an. Über 200 Messebeteiligungen in 40 Ländern umfasst das geplante diesjährige Programm. Von AMP-Beginn an ist der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (Auma) involviert. Der Verband der deutschen Messewirtschaft übernimmt die Koordination der deutschen Auslandsmessebeteiligungen. Der Auma-Vorsitzende Philip Harting dankt im Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck „allen, die zum Erfolg des Programms seit Jahrzehnten beitragen.“ Für ihn steht das Auslandsmesseprogramm „für eine gelungene Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Verbänden“. Harting: „Ausstellende Unternehmen gewinnen auf den Gemeinschaftsständen unter der Dachmarke ‚Made in Germany‘ besondere Aufmerksamkeit auf Messen weltweit.“ Die wachsende Zahl der German Pavilions belegt den Erfolg. Das Programm ist Türöffner des deutschen Mittelstands in spannenden Märkten.” Allein 140 Gemeinschaftsbeteiligungen fanden in der ersten Jahreshälfte 2024 statt.
German Pavilions
Die sogenannten German Pavilions bilden den Kern des Auslandsmesseprogramms, die Gemeinschaftsstände der Bundesrepublik Deutschland. Die häufigste Form eines German Pavilions ist die „Firmengemeinschaftsbeteiligung“, denn einzelne Beteiligungen einzelner Unternehmen an Auslandsmessen werden nicht durch das Auslandsmesseprogramm unterstützt. Bei Firmengemeinschaftsbeteiligungen werden einzelne Firmenstände räumlich zusammengelegt. Die optische Klammer bildet die Dachmarke „Made in Germany". Ziel: durch die Kennzeichnung eine möglichst geschlossene Präsentation von Erzeugnissen aus Deutschland zu erreichen.
Und: Die Wirtschaft weiß, wo es langgeht: Sie folgt den Märkten, das AMP zieht mit. Auch das zeigt ein Blick in die Annalen des Auslandsmesseprogramms. 1975 findet die deutsche Industrieausstellung Technogerma das erste Mal in Peking statt, es folgen technische Leistungsschauen in Tokio (1984), Delhi (1988), Seoul (1991), Mexiko (1994) und Jakarta (1999). Im Jahr 1991 gibt es erstmals mehr Gemeinschaftsbeteiligungen in Asien als in Amerika. Ein Trend, der sich für lange Zeit halten soll. Heute liegt der Fokus auf den USA, China, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Indien. Die deutsche Wirtschaft sucht neue Kanäle und diversifiziert. Deutschlands Handels- und Lieferbeziehungen stärker zu diversifizieren, ist ein zentrales Ziel der Außenwirtschaftspolitik der Bundesregierung. Schon die Corona-Pandemie hat die Fragilität globaler Lieferketten und die Abhängigkeit Deutschlands von einzelnen Handelspartnern verdeutlicht. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die zwischenzeitliche Gefährdung der Energieversorgungssicherheit in Deutschland haben schonungslos offengelegt, dass starke wirtschaftliche Abhängigkeiten von autokratisch regierten Ländern im Konfliktfall erhebliche Risiken für die geopolitische und ökonomische Handlungsfähigkeit Deutschlands bergen können, heißt es aus dem BMWK.
Fundament der Exportnation
Insofern ist das AMP gelebte Diversifikation. Das Ausweiten des Leistungsprogramms auf neue Produkte und neue Märkte ist sein Markenkern. Es ist eine Erfolgsgeschichte und hat in der Zeit seines Bestehens an vielen anderen Erfolgsgeschichten aktiv mitgeschrieben. „Wenn es das AMP nicht gäbe, dann müsste man es erfinden“, sagt Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, in seiner Würdigung. „Dass sich das Programm fulminant entwickelt, war erhofft, aber nicht so schnell erwartet worden.“ Habeck unterstreicht die Bedeutung des ältesten Förderprogramms: Es hat seit der Gründung über 200.000 deutschen Unternehmen den Einstieg in Auslandsmärkte ermöglicht und bildet das Fundament für die Exportnation Deutschland, für Wohlstand und Sicherheit über eine sehr lange Zeit. Das Geld kommt mannigfach zurück, hat das Programm doch wesentlich dazu beigetragen, den internationalen Handel zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf den globalen Märkten zu stärken. Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima (BMWK) hat sich PwC im Jahr 2017 das Ganze genauer angeschaut. Das Ergebnis der Wirtschaftsprüfer: Auf eine Million Euro an investierten Mitteln können rund 216 Millionen Euro zusätzliche Exporterlöse generiert werden. Das heißt: Mit einem aktuellen Jahresbudget von 43 Millionen Euro werden fast zehn Milliarden Euro an Exporteinnahmen erzeugt. Auch das war ein Grund fürs Gründen: deutsche Unternehmen bei ihren ersten Messeauftritten im Ausland zu unterstützen und auf diese Weise Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Steuereinnahmen in Deutschland zu sichern.
Deutschland auf der CES in Las Vegas: Das AMP bildet das Fundament für die Exportnation Deutschland. Foto: Angela Mans
Der Etat für das Auslandsmesseprogramm wird jedes Jahr vom Bundestag bereitgestellt. Die Entscheidung darüber, welche Messen aus der Sicht der Wirtschaft in das Auslandsmesseprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgenommen werden, wird vom deutschen Verband der Messewirtschaft Auma koordiniert. Weitere Messen werden von den zuständigen Ministerien aus politischen Gründen aufgenommen. Mit der Vorbereitung und Durchführung der Auslandsmessebeteiligungen werden von den zuständigen Ministerien „Durchführungsgesellschaften“ beauftragt. Sie sind Ansprechpartner für die ausstellenden Unternehmen.
Freuen sich über den Erfolg des ältesten Förderprogramms des Wirtschaftsministeriums: Moderatorin Monika Jones, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Auma-Vorsitzender Philip Harting. Foto: Christian Kruppa
Das AMP bleibt Indikator: Zunehmend gerät Lateinamerika in den Fokus, das Interesse der deutschen Wirtschaft daran wächst, zeigt das Auslandsmesseprogramm für das Jahr 2025. Im Vergleich zum laufenden Jahr sind im stärksten Förderprogramm des Bundes für erste Auftritte kleiner und mittelständischer deutscher Unternehmen im Ausland ab 2025 gleich 20 Messen in Lateinamerika zu finden. Das sind doppelt so viele wie derzeit. Der Anteil der Messe-Unterstützung in der EU hat sich von aktuell 18 erhöht auf zwei Dutzend Beteiligungen. Die Messe-Möglichkeiten im Nahen und Mittleren Osten steigen von heute 23 auf 28 Beteiligungen, in Afrika bleibt die Zahl mit 22 Auftritten konstant. In Summe werden kleine und mittelständische deutsche Unternehmen im kommenden Jahr auf 230 Messen in knapp 50 Ländern vom Bundeswirtschaftsministerium unterstützt. Die Länder Südost- und Zentralasiens bleiben mit mehr als 80 Messeförderungen an der Spitze. Wichtigstes Land werden wiederholt die USA mit mehr als 30 Beteiligungen. China und die Vereinigten Arabischen Emirate folgen mit 24 und 23 Gemeinschaftsständen sowie Indien mit 15 und Thailand mit acht Messen. Der Auma-Vorsitzende Philip Harting bringt es auf den Punkt: „Die persönliche Ansprache schafft zusätzlich Vertrauen. Insbesondere Messen im Ausland eignen sich als ein effektives Exportmarketinginstrument.“