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Editorial
Christiane Appel
Chefredakteurin m+a report christiane.appel@dfv.de
Transformation
Die Messewirtschaft ist in der Transformation. Mal wieder. Ich darf das so schreiben, ich bin lange genug dabei. Im Oktober sind es 26 Jahre. Deshalb ist das hier mein erstes Editorial in der tw tagungswirtschaft – und zugleich mein letztes für den m+a report. In Bälde beende ich mein Berufsleben und verändere mich in den Ruhestand. Auch dann werde ich von der Begegnung nicht lassen. Sie ist/war mein USP Nr. 1: Messen ohne persönlichen Kontakt? Das funktioniert einfach nicht. USP Nr. 2: das Haptische. Fühlen, sehen, schmecken, das Anfassen, das Be-greifen, das 360-Grad-Erlebnis, Gänsehautmomente. Und dann sind da noch die Punkte 3 bis unendlich: Messen sind bunt und vielfältig, begeisternd, international und interkulturell, lehrreich, weltoffen und einfach aufregend. Messen sind Emotionen, sind Erlebnisse, Erfahrungen, Anregung und Inspiration, sind Austausch und Interaktion, sind Zukunft, zeigen Zukunft, machen neugierig und befriedigen Neugier, bieten Lösungen für aktuelle Herausforderungen, machen Wirtschaft lebendig, erzählen Wirtschaftsgeschichte(n), fördern Wissenschaft, machen Politik, sind mitunter politisch, senden Botschaften, bieten ganz viel Know-how-Transfer, feiern den Zufall – und im Hintergrund machen sie jede Menge Arbeit, bereits über Jahre und Monate vor dem eigentlichen Event, das bis zur Realisierung ein eher virtuelles Produkt ist. Das gilt nicht nur auf der Veranstalterseite, sondern auch auf der Seite der ausstellenden Unternehmen. Messen sind logistische Kraftakte, die viel Flexibilität und Servicebereitschaft voraussetzen und auch aus diesem Grund wirkliche Wunderwerke. Messewirtschaft ist unglaublich vielfältig. Das macht sie ungeheuer komplex, nicht leicht zu fassen und oft genug erklärungsbedürftig. Der Blick in und hinter die Kulissen lohnt unbedingt.
Systemimmanent: der Wandel
Und weil jetzt Digitales mehr und mehr Einzug hält – das Arbeiten mit KI beginnt ja gerade erst –, eröffnen sich neue Möglichkeiten: Es gibt so viel auszuprobieren, zu entwickeln und zu erleben. Vor allem aber zu machen, vor allem jenseits der Quadratmeter. Hier tut sich nicht nur für die veranstaltende Messewirtschaft eine völlig neue Welt auf. Für die Messen ist das in ihrer Bedeutung ein erneuter Schritt nach vorn, eine weitere Häutung in ihrer über 800-jährigen Geschichte. Es dürfte (sollte) nicht mehr allzu lange dauern, bis das Thema „digitaler Zusatznutzen“ (zumal, wenn er mit Umsatz verknüpft ist) mehr und mehr die Agenden mitbestimmt. Darin liegt so viel Potenzial. Und die Veranstalter haben das Zeug dazu, ihre Plattformen zu Metaebenen auszubauen, das gilt gerade für die internationalen Leitmessen. Messen sind nicht ohne Grund das wohl älteste Marketinginstrument der Welt, das „Zu-Markte-Tragen“ von Produkten und Dienstleistungen ist seit jeher wesentliches Vertriebstool – und als solide Vertriebskanäle wesentliche Stützen der globalen Wirtschaft. Das haben inzwischen auch Finanzinvestoren gemerkt: Sie steigen intensiv in die Messe- und Veranstaltungsbranche ein. In „meinen“ 26 Jahren wurde Messe mehrmals totgesagt: mit dem Aufkommen des Internets, dem Platzen der Internetblase, der Bankenkrise und zuletzt und uns allen noch gut in Erinnerung: der Corona-Pandemie. Und immer waren diese Krisen, einhergehend mit kräftiger Konsolidierung, Startsignale für neue Boom-Zeiten. Danke für Ihr Vertrauen, Ihre Unterstützung und die stets gute Zusammenarbeit, Ihre Anregungen und konstruktive Kritik, die vielen positiven Begegnungen. Ich freue mich, wenn Sie das Vertrauen auf meine Kolleginnen und Kollegen übertragen.