
Branchenreports
Steigende Kosten im Blick

Quelle: Messe-Insights AUMA-Aussteller-Ausblick 2024/2025 Befragung im Oktober/November 2023, n=400 Unternehmen
Bild: AUMA
Zuletzt haben die Verbände der MICE-Branche wieder ihre Reports mit Erwartungen für das kommende Jahr veröffentlicht. In den Berichten zeichnen sich steigende Kosten als besondere Herausforderung ab. Eine Bestandsaufnahme.
Im Sommer hat die DHBW Ravensburg die Ergebnisse eines Panel-Forschungsprojekts unter Anleitung von Prof. Dr. Bernd Radtke mit rund 1.800 Eventagenturen veröffentlicht. Ziel seiner Forschung ist die Analyse von aktuellen Trends, die Eventagenturen bewegen. Und sie zeigt: Aktuelles Top-Thema sind die Kostensteigerungen bei der Durchführung von Veranstaltungen, die durchgängig alle Gewerke, Personalkosten, Mieten etc. betreffen. Innerhalb eines Jahres sind die Kosten von Platz 9 jetzt auf die Spitzenposition gerutscht. Das Thema scheint deutlich an Relevanz für die Branche zu gewinnen.
Erst Mitte Oktober ist der 2025 Planner Sourcing Report des Software-Unternehmens Cvent erschienen. Demnach rechnen 67 Prozent aller Planer mit steigenden Kosten nächstes Jahr. 61 Prozent erwarten Budgeterhöhungen. Dagegen sind 93 Prozent der Planer bereit, Budget anzupassen, um gewünschte Hotels und Venues zu buchen. Auch spannend in dieser Hinsicht: Knapp die Hälfte der Event-Planer in Deutschland buchen Luxury Hotels, die auf eine Präferenz für den High-End-Markt hindeuten. „Die neuesten Erkenntnisse aus unserer 2025 Europe Edition zeigen eine Welle des Optimismus bei den Planern hier in Deutschland; 97% sehen die Lage der Branche positiv”, kommentiert Markus Laibacher, Regional Sales Director von Cvent, die Ergebnisse.
Budgetierung in 2025
Optimistisch zeigt sich auch der Bundesverband für Industriekommunikation (BVIK), was die Budgetierung im kommenden Jahr angeht. Laut Umfrage vom September zu B2B Marketing-Budgets gehen über 70 Prozent der Befragten davon aus, dass ihre Budgets im kommenden Jahr gleich bleiben oder sogar steigen werden. Nur 18 Prozent glauben, dass sie mit weniger Budget auskommen müssen. Der BVIK fragte auch, welche Eventform am häufigsten genutzt würden. Messen und (Fach-)Kongresse landen mit Abstand vorn. Es zeigt sich also eine allgemeine Bereitschaft, Kostensteigerungen für MICE-Events mitzugehen. Für René Tumler, Geschäftsführer vom Europäischen Verband der Veranstaltungscentren e.V. (EVVC), ist klar: „Veranstaltungen und insbesondere Kongresse und Tagungen sind ein bedeutender Faktor des wirtschaftlichen und sozialen Lebens und müssen auch Kosten verursachen dürfen.”

Foto: Christof Mattes
“Veranstaltungen und insbesondere Kongresse und Tagungen sind ein bedeutender Faktor des wirtschaftlichen und sozialen Lebens und müssen auch Kosten verursachen dürfen.”
René Tumler, Geschäftsführer vom EVVC
Kosten an oberster Stelle
Im AUMA-Veranstalter-Ausblick 2024 – 2025 wie im AUMA-Aussteller-Ausblick 2024 – 2025 stehen Kosten an oberster Stelle der Herausforderungen. Für Aussteller sei der Knackpunkt, dass sie viele Kosten nicht beeinflussen könnten. So etwa Unterkunft, Mobilität und Energie. Denn der Ausblick zeigt noch eine weitere Perspektive: Auch Messebesucher entwickeln ein erhöhtes Kostenbewusstsein. Gleichzeitig wird Besuchern immer wichtiger, etwas auf dem Messebesuch zu erleben. Also eine erneute Herausforderung, bei Kostendruck gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. Das Meeting- und Eventbarometer prognostiziert ebenfalls allgemein einen Anstieg von Budgets um knapp 20 Prozent von 2023 auf 2024. Von 2022 auf 2023 waren es im Schnitt noch knapp 25 Prozent. Inflation und gestiegene Kosten werden von Anbietern und Veranstaltern aus Deutschland, Europa und dem Rest der Welt allgemein als Belastung wahrgenommen. Für Veranstalter aus Deutschland und Europa sind die Kosten scheinbar etwa gleichbedeutend. Für Veranstalter vom Rest der Welt sind die Kosten wesentlich einschlagender.
Durchschnittliche Tagungskosten steigen
Auch die Global Business Traveler Association sieht ähnliche Entwicklungen. Es wird erwartet, dass die durchschnittlichen Tagungskosten pro Teilnehmer im Jahr 2024 auf 162 US-Dollar ansteigen werden, was einem Zuwachs von 4,5 Prozent im Vergleich zu 2023 entspricht. Für das Jahr 2025 wird eine weitere Steigerung auf etwa 169 US-Dollar prognostiziert, was einem zusätzlichen Anstieg von 4,3 Prozent entspricht. Dieser Trend reflektiere das anhaltende Wachstum der Branche und die steigende Nachfrage nach größeren und anspruchsvolleren Präsenzveranstaltungen. Im Vorjahr waren die Tagungskosten pro Teilnehmer pro Tag laut GBTA erst noch rückläufig. Das soll sich auf eine Verlagerung der Arten von Meetings zurückführen. Viele Unternehmen hätten sich für kleinere, stärker geschäftsorientierte Meetings entschieden, oft ohne kostspielige Incentive-Komponenten. Diese Konzentration auf die Kostenkontrolle, einschließlich der Auswahl erschwinglicherer Veranstaltungsorte und Reiseziele, trug dazu bei, die steigenden Preise für Unterkunft und Verpflegung auszugleichen. Der Verband Deutsches Reisemanagement e.V. kann in seiner VDR-Geschäftsreiseanalyse 2024 interessante Einblicke beisteuern. So sind zwar auch hier Kosten im Vergleich zum Reisevolumen von 2022 auf 2024 überproportional gestiegen. Geschäftsreisende sind dafür über alle Unternehmensgrößen hinweg im Schnitt länger unterwegs. 77 Prozent aller Business Traveller planten 2022 MICE-Reisen. Insgesamt bleibt das Reisevolumen aber hinter 2019 zurück.
Steigende Kosten – höhere Ansprüche
Im Oktober wurde der Incentive Travel Index 2024 auf der IMEX America in Las Vegas vorgestellt. Auch hier werden steigende Kosten als besondere Herausforderungen gesehen. Höhere Ausgaben pro Teilnehmer werden erwartet. Gleichzeitig müssten Preissteigerungen auch mit höheren Qualitätsansprüchen einhergehen. Hier erwarten nur 30 Prozent signifikante Budgetanpassungen an die Inflation. Interessanterweise schauen Supplier positiver auf die nächsten zwei Jahre als Buyer.

Der Incentive Travel Index (ITI) der Incentive Research Foundation (IRF) und der Society for Incentive Travel Excellence (SITE) zeigt, in welchen Bereichen Kosten anfallen und welchen Anteil sie haben. Bild: ITI
Und noch eins zeigt der Incentive Travel Index: Nicht nur Europa hat mit extremen Preisanstiegen zu kämpfen. In der Region Asia-Pacific (APAC) nehmen Hotel und Air Fare anteilsweise mehr Budget in Anspruch als in Europa und Nordamerika. Außerdem führen höhere Kosten zu strukturellen Veränderungen. Die Ticketing-Plattform Eventix hat nach einer Datenanalyse in Belgien und der Niederlande herausgefunden, dass der Preisschub von Tickets für Konzert-Festivals zu einer Zielgruppenveränderung führt. Demnach steigt der Altersdurchschnitt von Festivalbesuchern von 26 auf 31 Jahre. Clubs können hingegen ihr Publikum stabil zwischen 18 und 26 halten. Eventix schiebt dies auf gestiegene Kosten für Tickets. Dennis Behlau, Country Manager Eventix Deutschland, sagt dazu: „Obwohl diese Datenanalyse aus dem Benelux-Raum stammt, sehen wir Übereinstimmungen mit unseren Einsichten im deutschen Markt. Diskussionen mit Veranstaltern in ganz Deutschland deuten darauf hin, dass ähnliche Trends auch hier auftreten. Wir planen, in der Zukunft weitere Analysen durchzuführen."
Die Perspektive des DMCs
Global DMC Partners, ein Netzwerk aus unabhängigen Destination Management Companies, weist in den Ergebnissen ihrer Q3 2024 Meetings & Events Survey ebenfalls auf die Herausforderungen von gestiegenen Kosten hin. Die Mehrheit der befragten Planer gibt an, dass die Kosten in verschiedenen Bereichen im Vergleich zu vor zwei Jahren um durchschnittlich 10 bis 30 Prozent gestiegen sind. Besonders in den Kategorien Hotels/Veranstaltungsräume, Speisen und Getränke, Flugtickets und Bodentransport werden deutliche Kostensteigerungen beobachtet, was sich mit den Ergebnissen der GBTA deckt. Um Kosten zu sparen, haben laut Global DMC Partners Veranstaltungsplaner bei den audiovisuellen Kosten gespart, die Anzahl der Programmtage reduziert oder die Anzahl der Programme pro Jahr reduziert. Außerdem haben sie frühzeitig Verträge abgeschlossen. Im Gegensatz zu der positiven Aussicht vom BVIK zu Budgeterhöhungen fällt die Aussicht bei DMCs nüchterner aus. Da die meisten Budgets nur um 10 bis 20 Prozent erhöht werden, reiche dies meist nur aus, um die Inflation auszugleichen. Zwischen 2023 und 2024 stellten 39 Prozent der Befragten eine Budgeterhöhung fest, 16 Prozent erlebten eine Kürzung, und 45 Prozent sahen keine Veränderung. Besonders auffällig ist, dass in den USA und Kanada 44 Prozent der Befragten über gestiegene Budgets berichteten, während dies international nur bei 27 Prozent der Fall war.
Tipps zum Kostensparen
Welche Tipps haben Eventprofis für mehr Kosteneffizienz? Was Reiseplanungen angeht, empfiehlt Inge Pirner, Vizepräsidentin im Verband Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR): „Um Kosten niedrig zu halten, ist eine gesamtheitliche Betrachtung im Hinblick auf Logistik und Transport zu empfehlen. Bei der Organisation einer Veranstaltung sollte daher im Vorfeld abgewogen werden, ob das Ziel logistisch gut angebunden und erreichbar ist – je besser die An- und Abreise zum Zielort umzusetzen ist, desto mehr können dabei bereits Kosten eingespart werden.“

Foto: VDR
„Um Kosten niedrig zu halten, ist eine gesamtheitliche Betrachtung im Hinblick auf Logistik und Transport zu empfehlen.”
Inge Pirner, VDR-Vizepräsidentin
Erin Leonard, Founder und CEO Erin Leonard Events, rät im MPI Online Magazin The Meeting Professional, 10 bis 15 Prozent vom Budget für Last-Minute-Needs einzukalkulieren. So lohne sich teilweise auch ein Kauf mehr als Anmietung oder die Bündelung von Aufträgen mit einem Supplier, um bessere Konditionen zu bekommen. Cvent schlägt außerdem die Option von Flexible Pricing, also ein gestaffeltes Preissystem, vor. Demnach ließen sich beispielsweise Pakete schnüren, die kostenlosen bis hin zu Premium-Zugang gewähren. So bieten die Hochpreistickets vollen Zugang zu allen Inhalten sowie zusätzliche Extras. René Tumler vom EVVC sieht auch Nachhaltigkeit als Weg zur Kosteneffizienz: „Einen Beitrag können dabei schon Maßnahmen leisten, die im Sinne der Nachhaltigkeit ohnehin von Vorteil sind, wie bspw. die mehrmalige Nutzung bzw. Wiederverwendung und Upcycling von Bühnen oder Dekoration. Ein wichtiger Faktor kann zudem die Berücksichtigung von nachhaltigen Praktiken sein, die langfristig Kosten sparen können, wie z.B. digitale Materialien anstelle von gedruckten Handouts und anderen Tagungsunterlagen.” So, wie es ausschaut, werden sich auch im anstehenden Jahr Kosten über alle Bereiche von Events hinweg nach oben entwickeln. Doch scheinen Event Planer im Schnitt nicht alleingelassen zu werden. Die Perspektive auf steigende Budgets vom BVIK bestätigt dann doch die Wichtigkeit der Branche.