
Kolumne
Blickpunkt Nachhaltigkeit
Prof. Dr. Markus Große Ophoff ist Fachlicher Leiter DBU Zentrum für Umweltkommunikation und Kolumnist der tw tagungswirtschaft. Foto: DBU-Archiv
Prof. Dr. Markus Große Ophoff ist Fachlicher Leiter DBU Zentrum für Umweltkommunikation und Kolumnist der tw tagungswirtschaft. Foto: DBU-Archiv
Der Blaue Engel für nachhaltige Veranstaltungen
Kolumne von Prof. Dr. Markus Große Ophoff, Fachlicher Leiter und Prokurist DBU Zentrum für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Seit August 2024 sind die Vergabekriterien für den Blauen Engel für Veranstaltungen veröffentlicht. Grundlage dafür war ein Antrag, den der Europäische Verband der Veranstaltungs-Center (EVVC) im Jahr 2020 beim Umweltbundesamt eingereicht hatte. Der Kriterienkatalog für den Blauen Engel für Veranstaltungen mit über 80 Seiten kann hier heruntergeladen werden. Ab Januar kann er beantragt werden.
Der Blaue Engel ist das bekannteste Umweltzeichen in Deutschland. Bisher war der Blaue Engel hauptsächlich für Produkte wie Recyclingpapier oder umweltfreundliche Lacke bekannt. Der Blaue Engel für Veranstaltungen ist eines der ersten Umweltzeichen für nachhaltige Dienstleistungen in Deutschland. Damit werden einzelne Veranstaltungen ausgezeichnet, die hohen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Ziel des Blauen Engels ist es, nur die besten Produkte und Dienstleistungen auszuzeichnen.
Der Blaue Engel für Veranstaltungen (DE-UZ 236)
Die Antragstellung für die Nutzung des Umweltzeichens Blauer Engel ist ab Januar 2025 möglich. Das neue Umweltzeichen für Veranstaltungen bietet Organisationen die Möglichkeit, ihre Business Events wie Konferenzen und Messen, auch kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte und Theaterfestivals, mit dem Umweltzeichen zu bewerben, wenn sie ein hohes Umwelt- und Nachhaltigkeitsniveau einhalten.
Warum noch einen Blauen Engel?
Warum ein Blauer Engel, wenn es bereits zahlreiche Zertifizierungen gibt? Durch seine neutrale Kontrolle und die staatliche Trägerschaft hat der Blaue Engel die höchste Glaubwürdigkeit von allen Umweltauszeichnungen. Der Blaue Engel ist keine Auszeichnung für eine einzelne Firma, sondern zeichnet das Zusammenspiel von vielen beteiligten Akteuren bei der Planung und Durchführung einer nachhaltigen Veranstaltung aus. Er steht damit auch nicht in Konkurrenz zu dem firmenbezogenen Umweltmanagementsystem wie dem Umweltmanagement nach ISO 14.000 ff oder dem Umweltmanagementsystem EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) oder niederschwelligeren Zertifikaten wie Ökoprofit oder Green Globe. All diese Zertifikate zeichnen das Umweltmanagementsystem einer einzelnen Firma aus. Firmen, die diese Zertifikate bereits erreicht haben, wird es aber deutlich leichter fallen, auch die Anforderungen und Daten für den Blauen Engel zu liefern. Für eine nachhaltige Veranstaltung müssen aber alle Akteure, wie die Veranstalter, die Hallen, die Caterer, die Technikfirmen, die Hotels und die Managementfirmen, ein abgestimmtes nachhaltiges Konzept realisieren. Zudem sind die Anforderungen des Blauen Engels oft deutlich konkreter als die abstrakten Anforderungen der Managementsysteme.

„Durch seine neutrale Kontrolle und die staatliche Trägerschaft hat der Blaue Engel die höchste Glaubwürdigkeit von allen Umweltauszeichnungen.“
Prof. Dr. Markus Große Ophoff, Fachlicher Leiter und Prokurist DBU Zentrum für Umweltkommunikation
Der Blaue Engel für Veranstaltungen wird nicht einfach zu erreichen sein. Viel Kriterien aus den Vergabekriterien müssen realisiert sein. Das bedeutet auf der einen Seite Aufwand, führt aber auf der anderen Seite auch zu einem besonderen Alleinstellungsmerkmal, wenn die Auszeichnung mit dem Blauen Engel erreicht wird. Blaue-Engel-Veranstaltungen werden die absoluten Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit im Veranstaltungsmarkt sein. Die Vergabekriterien sind bis 2028 gültig. Danach werden sie entsprechend den Erfahrungen der ersten vier Jahre überarbeitet, angepasst und auch verschärft, wenn Ziele nun besser oder einfacher erreicht werden können.
Wie kam es zu dem Blauen Engel für Veranstaltungen?
Nach der Beantragung durch den EVVC hat das Umweltbundesamt die Firma adelphi mit der Erarbeitung der Vergabekriterien beauftragt. Eine erste Informationsveranstaltung dazu gab es im Frühjahr 2023 auf der Sustainable Events Conference (SECON) in Osnabrück. Der erste Entwurf der Vergabekriterien wurde dann in mehreren Online-Anhörungen vorgestellt und diskutiert. Es gab dabei zahlreiche Rückmeldungen aus der Branche, die sowohl die Art und das Niveau der Anforderungen als auch deren Praktikabilität betrafen. Die meisten dieser Kritikpunkte wurden in die abschließenden Vergabekriterien aufgenommen. Ziel war es, einen guten Kompromiss zwischen der guten Durchführbarkeit der Beantragung und gleichzeitig einem hohen Ambitionsniveau zu erreichen. An dem Prozess waren mehr als 100 Vertreter*innen der relevanten Branchenverbände, Firmen, Institutionen und der Wissenschaft beteiligt. Mein Eindruck ist, dass etwas Sinnvolles dabei herausgekommen ist. Der Test findet aber in der Realität statt. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie viele Veranstaltungen den Blauen Engel beantragen und damit ausgezeichnet werden. In Österreich, das als Vorbild diente, wurde das entsprechende staatliche Umweltzeichen gut angenommen.
Was regelt der Blaue Engel für Veranstaltungen?
Die erste Herausforderung besteht darin, dass der Blaue Engel – damit er Sinn macht – bereits kommuniziert wird, bevor die Veranstaltung stattfindet. Bei allen anderen Produkten war das vorher anders. Einen umweltfreundlichen Lack konnte man prüfen, bevor er überhaupt im Handel verkauft wurde. Ob eine Veranstaltung wirklich nachhaltig war, kann man aber erst dann abschließend prüfen, wenn sie durchgeführt wurde. Dann macht aber eine produktbezogene Auszeichnung nur noch wenig Sinn, da sie nicht mehr werblich für die Veranstaltung genutzt werden kann. Die Beantragung wurde daher in zwei Phasen unterteilt. Viele Kriterien kann und muss man bereits in einer frühen Planungsphase nachweisen. Wenn diese Nachweise erfüllt sind, kann der Blaue Engel auch bereits in der Ankündigungsphase der Veranstaltung eingesetzt werden, wenn man sich verpflichtet auch die weiteren, erst später nachweisbaren Kriterien zu erfüllen. Weiterhin wird zwischen „Muss“-Kriterien, die auf jeden Fall erfüllt werden müssen, und „Kann“-Kriterien unterschieden. Dabei muss man insgesamt zusätzlich zu den „Muss“-Kriterien mindestens 30% erreichen, um mit dem Blauen Engel ausgezeichnet zu werden. Die Kriterien teilen sich in folgende Bereiche auf:
- Allgemein
- Mobilität
- Unterkünfte
- Veranstaltungsstätten
- Beschaffung, Material und Abfallmanagement
- Gastronomie
- Kommunikation
- Soziale Aspekte
- Kompensation von Treibhausgasen
Insgesamt sind 140 Anforderungen zu beachten, die sich teils in weitere Untergruppen aufteilen. Davon sind 71 Anforderungen „Muss“-Kriterien, die auf jeden Fall erfüllt werden müssen, um den Blauen Engel zu erreichen.
Jetzt geht’s los!
Ab 2025 kann mit der Verleihung des Blauen Engels für nachhaltige Veranstaltungen gestartet werden. Ich hoffe, dass viele diese neue glaubwürdige Umweltauszeichnung nutzen werden. Sie bietet gerade am Anfang die Chance, sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu präsentieren. Meine Empfehlung:
- Nutzen Sie die Vergabekriterien als Checkliste für die Nachhaltigkeit Ihrer Veranstaltungen.
- Trauen Sie sich, den Blauen Engel für Veranstaltungen zu beantragen.
- Nutzen Sie die Chance, sich als Vorreiter für Nachhaltigkeit zu platzieren.
Doch selbst wenn Sie aktuell noch nicht sicher sind, ob Sie diesen Schritt gehen wollen und die Anforderungen erfüllen können: Die veröffentlichten Vergabekriterien sind für alle, die eine Veranstaltung nachhaltig organisieren wollen, eine Schatzgrube, um Optimierungspotenziale zu finden, Prozesse zu verbessern und die eigene Performance in einem Benchmark einzuordnen.
Prof. Dr. Markus Große Ophoff