
Meeting Destination Georgien
Zwischen Aufbruch und Geschichte
Am Fuße der kaukasischen Berge am Fluss Kura entpuppt sich mit Tiflis eine moderne Hauptstadt, die mit historischer Altstadt und aufregender Geschichte lockt. Charakteristisch stechen die Friedensbrücke im Vordergrund und das Bürgeramt mit seinen Pilzköpfen als Dach im Hintergrund heraus. Foto: Pixabay, sanooj
Am Fuße der kaukasischen Berge am Fluss Kura entpuppt sich mit Tiflis eine moderne Hauptstadt, die mit historischer Altstadt und aufregender Geschichte lockt. Charakteristisch stechen die Friedensbrücke im Vordergrund und das Bürgeramt mit seinen Pilzköpfen als Dach im Hintergrund heraus. Foto: Pixabay, sanooj
Georgien – ein Land, das zwischen seiner Vergangenheit und der Moderne steht. Noch immer gezeichnet von seiner Geschichte als kleine Nation zwischen den großen Mächten der Geschichte. Heute pulsiert das Leben in Tiflis, einer modernen Hauptstadt, die sich auch touristisch etabliert. Die Tourismusorganisation Georgien hat nun zur Pressereise eingeladen. Was kann Georgien als Meeting Destination bieten?
Der erste Blick auf Georgien ist ein feiner weißer Streifen am Horizont, der sich von Minute zu Minute mit einem dunklen Grauton zum Gipfel des Kaukasus vermischt. Unter dem Flugzeug gleiten dunkelgrüne, baumkarge Wiesen entlang. Vereinzelt legt sich eine kleine Siedlung in die Landschaft, die immer rauer wird, bis sich plötzlich das dunkle in saftiges Grün und eine Großstadt verwandelt.
Es ist Tiflis, die Hauptstadt der Republik Georgien. Das Flugzeug setzt seicht auf. Links der Landebahn stehen ein Boeing-747-Wrack und mehrere Verkehrs-, sowie Privatflugzeuge geparkt. Golden gefärbtes Glas überragt eine alte Halle. Das Terminal selbst wirkt klein. Das Flugzeug leert sich schnell und genauso schnell sind die Immigration-Counter passiert. Hier gibt’s noch Stempel, die mit einem Flugzeug und einem Pfeil die Einreise symbolisieren.
Die Georgia National Tourism Administration war bereits 2022 auf der ITB als offizielle Kulturdestination in Berlin. Ein Jahr später folgte dann unter dem Slogan „Infinite Hospitality“ die Teilnahme als ITB Berlin-Gastland, auf der sich Georgien als Destination für Reisen und Business Events präsentierte. Das zugehörige Convention and Exhibition Bureau of Georgia (GCEB) ist mit seiner Gründung 2016 noch jung.
Georgien als Meeting Destination hingegen ist erfahren und nach langen Turbulenzen im Land dabei, sich als moderne Destination mit historischem Charme neu zu erfinden. Die kommunikative Richtung ist klar: “Georgia's combination of modern facilities and unique venues, strategic location, natural beauty, cultural richness and welcoming atmosphere make it a special destination for meetings and congresses”, sagt Levan Japaridze, Leiter des Convention and Exhibition Bureaus Georgia der Georgian National Tourism Administration.
Georgien liegt genau zwischen Europa und Asien am Kaukasus. Über Jahrhunderte war das Land Verbindung zwischen verschiedensten Kulturen, aber auch Bollwerk gegen Invasionen großer Mächte, die Georgien passieren wollten, erzählt Guide Guro Alapishvili stolz. Das zeigt sich heute noch am Stadtbild von Tiflis. Hier finden sich iranische, sowjetische, europäische und viele weitere Einflüsse. Die Rustaveli Avenue wurde beispielsweise von deutschen Auswanderern konzipiert und gebaut. Wer durch die Straße läuft, fühlt sich in der Avenue wie nach Paris oder Budapest versetzt.
Auf dem Gelände des Tsinandali Estate befindet sich neben einem Hotel mit Meeting-Räumlichkeiten auch ein altes Anwesen der royalen Familie Georgiens. Im Prinz Alexander Museum kann begutachtet werden, wie die Familie zur Zeit der Zaren in Russland am Kaukasus lebte. Im Mystery Room in der Hotelanlage kann hinter einer Geheimtür getagt werden. Foto: Tsinandali Estate, A Radisson Collection Hotel
Auf dem Gelände des Tsinandali Estate befindet sich neben einem Hotel mit Meeting-Räumlichkeiten auch ein altes Anwesen der royalen Familie Georgiens. Im Prinz Alexander Museum kann begutachtet werden, wie die Familie zu Zeit der Zaren in Russland am Kaukasus lebte. Im Mystery Room in der Hotelanlage kann hinter einer Geheimtür getagt werden. Foto: Tsinandali Estate, A Radisson Collection Hotel
Weinland Kachetien
Zwei Stunden außerhalb von Tiflis im Osten liegt Kachetien. Es ist die meistbesuchte Region Georgiens. Der Weg dorthin führt über einen Gebirgspass. Wer Glück hat, kann am höchsten Punkt im Sonnenuntergang Halt machen und einen rotglühenden Himmel bestaunen, der seinesgleichen sucht. Hinter dem Pass befindet sich Tsinandali. Hier hat einst die royale Familie Georgiens und Russlands mit Blick auf den Kaukasus residiert. Heute befindet sich auf dem restaurierten Gelände ein moderner Radisson Collection Hotelkomplex mit begrünter Fassade. Das alte Anwesen ist zum Museum umfunktioniert worden und steht inmitten eines Parks mit freigeschnittenem Blick auf den Kaukasus. Auf dem weitläufigen Gelände soll noch eine Reihe an Ferienhäusern entstehen. Das Projekt ist allerdings erst noch in Planung.
Im Erdgeschoss des Hotels befinden sich ein Restaurant sowie Tagungsräume für kleinere Gruppen. Gegenüber wurde ein alter Innenhof neu bedacht. Dabei steht das Dach so hoch auf Stahlträgern, dass es noch immer eine Outdoor-Venue sein könnte. Hier findet Anfang September das Tsinandali Festival statt, ein Festival für klassische Musik. Nur eine Tür weiter schließt sich ein Ballsaal mit getäfelten Wänden an. Ausreichend für 450 Personen mit Theaterbestuhlung beinhaltet der Saal modernste Technik und weist eine angenehme, ruhige Atmosphäre auf. Bevor es jedoch weitergeht, lassen sich die Gastgeber des Hotels es sich nicht nehmen, den hauseigenen Wein zu präsentieren.
Auf ihren Wein sind Georgier besonders stolz. Die Weinzubereitung, die über 8.000 Jahre alt sein soll, ist inzwischen sogar zum UNESCO-Kulturerbe geworden. Georgien gilt damit als Wiege des Weinbaus. Eine Besonderheit ist etwa der bernsteinfarbene Wein, der deshalb gegenüber Gästen auf Englisch Amber Wine genannt wird. Er ist stark und trocken. Laut Guide Guro soll es gar normal sein, dass Georgier sich selbst Wein zu Hause keltern. Eine dreiviertel Stunde weiter befindet sich das Kvareli Wine Cave. Mitten in den Berg wurden lange Gänge geschlagen, die den selbst hergestellten Wein auf natürliche Weise kühlen sollen. Hier kann begutachtet werden, wie Wein nach georgischer Art gekeltert wird und Chacha, ähnlich wie Grappa, probiert werden. Im Eingangsbereich wird Gästen gezeigt, wie auf traditionelle Weise georgisches Brot und andere Spezialitäten zubereitet werden.
Meet me in Tiflis
Etwa fünfzehn Minuten mit dem Auto vom Stadtkern von Tiflis entfernt, führt eine vierspurige Hauptstraße am Fluss Kura entlang. Rechts der Straße türmen sich alte Mehrparteien-Hochhäuser auf. Die Fassaden aus Beton sind schmucklos, gar bröckelig. Trotzdem scheinen sie noch voll bewohnt zu sein. Wir biegen rechts in eine von großen, grünen Bäumen gesaumte Straße ab. Die Straßenränder links und rechts sind voll mit älteren SUV-Modellen geparkt. Inmitten dieser Kulisse erscheint plötzlich ein Tor aus Eisenstäben, dahinter ein vorgelagerter Parkplatz mit dem Gelände der EXPO Georgia.

Die Halle 11 der EXPO Georgia ist die modernste Halle des Geländes. Sie umfasst 1.690 Quadratmeter. Foto: EXPO Georgia
Das Gelände wurde in den 60er-Jahren zu Sowjetzeiten konzipiert und gebaut. Es ist das einzige dieser Art in Georgien. Die Hallen stehen weitläufig auseinander, schaffen Platz für einen Park mit Teich in der Mitte. Mosaike an einigen Wänden der Gebäude erinnern an die Geschichte der Stadt. Obwohl das Gelände nicht allzu groß ist, ist es derzeit doch überdimensioniert für seine Anforderungen. So ist etwa die Hälfte der Kapazitäten seit der Pandemie als Büroräumlichkeit vermietet – ein Weg für die private Messegesellschaft, durch die Corona-Zeit zu kommen. Eigentlich sollte auf einem angrenzenden Grundstück eine weitere Halle entstehen. Die Perspektive war gut. Ein amerikanisches Architekturbüro lieferte die Entwürfe. Die EU sagte Subventionsgelder zu. Doch es reichte nicht zur Finanzierung des Projekts. So wurde das Grundstück wieder verkauft und der Bau auf Eis gelegt.

„We are a host nation.“
Resan Kikava, CEO der EXPO Georgia in Tiflis
Auf dem EXPO-Gelände in Tiflis treffen sich Menschen aus Iran, Aserbaidschan, Armenien, der Türkei, China, Russland und der Ukraine. Ziel ist es, den Standort zwischen den Kontinenten zum Hub für B2B-Events auszubauen, berichtet Resan Kikava, CEO der EXPO Georgia in Tiflis. In der globalen Digitalisierungswelle der Meeting-Industry während Corona versuchte auch die EXPO einen eigenen Service aufzubauen. Wie sich herausstellen sollte, bevorzugen die Kunden und Besucher der EXPO in Tiflis aber das reale Aufeinandertreffen, und so ist für den CEO klar, wo die Stärken seines Standorts liegen. Kikava beschreibt es mit: „We are a host nation.“ Trotz der Geschichte rund um Invasionen, auch im jüngsten Zeitgeschehen, verstehen sich die Georgier als eine der gastfreundlichsten Nationen weltweit und wollen weiterhin Gäste im Land empfangen.
Neben dem EXPO-Gelände haben inzwischen auch die großen Hotelketten ihren Weg in die Stadt gefunden und ihren globalisierten Hotel-Standard mitgebracht. Darunter etwa Radisson, Sheraton und Biltmore. Das Biltmore ragt wie eine gigantische Glasskulptur aus den Dächern der Innenstadt. Es besteht aber eigentlich aus zwei Teilen. Zum einen das moderne Hochhaus mit Glasfassade. Zum anderen ein historisches Gebäude mit prächtigem Atrium zur Hauptstraße hin. Hier sind auch die Tagungsräumlichkeiten untergebracht. In den kleineren Räumen hängen schwere Vorhänge vor den Fenstern. Teuer wirkende Ledersessel und Holzvertäfelungen geben den Räumen Prestige. Goldgelbes Licht und royale Blautöne sowie mit weißem Marmor und goldenen Verzierungen versehene Räume ergänzen das Bild über das Biltmore. Zusätzlich befindet sich im zweiten Stock ein Amphitheater mit 150 Sitzplätzen. Zum Zeitpunkt der Führung findet dort eine Konferenz der United Nations und der georgischen Regierung statt. Das strenge Auftreten von Security im Gebäude und auf der Einfahrt für eine Diplomaten-Kolonne verstärken den Eindruck eines Ortes, an dem wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Das Amphitheater des Biltmore Tbilisi Hotels mit 150 Sitzen. Foto: Biltmore Tbilisi Hotel
Meet me in nächster Nähe zu Tiflis
Eine halbe Stunde nordwestlich von Tiflis liegt die Swetizchoweli-Kathedrale, UNESCO-Weltkulturerbe, in der kleinen Stadt Mzcheta. Ihr ist anzusehen, dass hier früh Gelder vergeben wurden, um die Stadt zu sanieren und für große Touristenströme vorzubereiten. Die Fassaden zu den Straßenseiten sind sauber und strahlen eine angenehme Wohnlichkeit aus. Im Ort laufen wir an Souvenir-Shops und Obstständen vorbei, die sich auf Besucher spezialisiert haben. In der Kathedrale stoßen wir auf Gräber mit georgischen, russischen und arabischen Schriftzeichen. Zeugnis für die abwechslungsreiche Geschichte des Landes.
Nur wenige Kilometer entfernt ist das Château Mukhrani, ebenfalls ein altes Anwesen der royalen Familie. Lange wurde es dem Zerfall überlassen. Erst seit wenigen Jahren wird das Anwesen nun wieder bewirtschaftet. Heute befinden sich hier ein Weingut und zwei Event-Venues. Da ist zum einen das Schloss selbst. Jeder Raum steht unter einem anderen Motto. Ein Raum etwa ist mit griechischen Skulpturen geschmückt, während ein anderer im arabischen Stil eingerichtet wurde. So ergibt sich ein vielseitiges Gebäude mit mittelgroßem Saal für Empfänge und kleinere Räume für Besprechungen. Weiter hinten auf dem Anwesen wurde kürzlich ein neues Gebäude in Betrieb genommen. Die Orangerie ist ein viereckiger Kasten mit hohen Glaswänden und Fenstergiebeln, die viel Licht hereinlassen. Als wir da sind, wird gerade eine Hochzeit mit Bankettbestuhlung und kleiner Bühne aufgebaut. Trotz des vielen Glases scheppert das Schlagzeug erstaunlich wenig durch den Saal. Hinter der Orangerie breitet sich ein großer Weinhang aus, der einladend für abendliche Spaziergänge wirkt.
Auch dieses Anwesen spiegelt den Kontrast zwischen Aufbruch in die Moderne und Zeugnisse der Geschichte des Landes wider. Das Anwesen wirkt hochkarätig und modern westlich. Der Weg dorthin führt jedoch durch eine in die Jahre gekommene Ortschaft mit alten heruntergekommenen Gebäuden. Neben dem weiß glänzenden Eingangstor zum Gelände sind ausgetrocknete Fußballfelder mit rostigen Toren zu sehen. Die Straße ist löchrig und holprig.

Foto: Guro Alapishvili
“You’re going to love Georgia when you leave.”
Guro Alapishvili, freier Fremdenführer in Georgien.
Georgische Küche
Als herausragendes Merkmal für Georgien stellt sich die Küche heraus. Sie ist besonders fleisch- und fettlastig, und mindestens genauso lecker. Dank der vielen interkulturellen Einflüsse in der Region weist sie Elemente anderer Kulturräume auf. Dennoch ist sie reich und divers und hat viele regionale Spezialitäten hervorgebracht. Khinkali beispielsweise sind Teigtaschen, die mit einer Fleischpaste gefüllt, gekocht werden. Khachapuri ist ein mit Käse gefülltes Brot, das im Ofen gebacken wird. Im Allgemeinen hat Brot einen hohen Stellenwert in der georgischen Küche. Dazu wird beispielsweise eine Paste aus Spinat, Roter Beete oder Bohnen, Pkhali genannt, gegessen. Ganz wichtig sind aber auch Mzwadi, gegrillte Schaschlik-Spieße, traditionell vom Schwein.
Junge Köche sind sich der Laster der traditionellen Küche bewusst, erzählt Guro beim Abendessen. Sie probieren sich aus, versuchen den Geschmack zu erhalten, die Speisen aber leichter und bekömmlicher zuzubereiten. Und so eröffnen in Tiflis kleine Boutique-Restaurants, in denen im Wohnzimmer-Charme die Kreativität georgischer Köche probiert werden kann.
Beim Gang durch die Altstadt von Tiflis machen wir Halt in der kleinen Restaurant-Boutique Kneina. Betreiber Lasha unterrichtet georgische Geschichte und hatte das Haus in den 90er Jahren gekauft. Im Keller fand er Überreste eines Ofens eines Gebäudes, das zuvor an der Stelle stand und einer der unzähligen Zerstörungen der Innenstadt zum Opfer gefallen sein muss. Im Hauptraum hängt eine alte Landkarte, auf der Georgien noch zwischen Russland und dem Osmanischen Reich aufgeteilt ist. Lasha fragt mich, ob ich schon Chacha probiert hätte und holt lachend eine Flasche selbst gemachten Chacha aus der Kühlung. Der Grappa ähnliche Schnaps ist besonders hochprozentig, brennt aber kaum und eröffnet eine wohlige Wärme im Magen. Lasha merkt, dass mir der Schnaps schmeckt, füllt mir eine kleinere Flasche als Souvenir ab und drückt sie mir begeistert in die Hände. „Infinite Hospitality“, erinnere ich mich an den Slogan des Tourismusbüros.
Vegetarisch speisen auf Georgisch
Die georgische Küche wirkt zunächst sehr fleischlastig. Trotz der traditionellen Küche beginnen auch in Georgien immer mehr junge Menschen sich vegetarisch zu ernähren, erzählt Guro. Auf der Website des Tourismusbüros findet sich für Interessierte ein Guide zu traditioneller, vegetarischer Küche.
Anreise nach Georgien
Wie geht’s nach Georgien aus Deutschland? Etwa in gleicher Reiseentfernung wie die Kanaren, liegt Georgien in entgegengesetzter, östlicher Richtung am Schwarzen Meer. Laut Website des Flughafens von Tiflis existieren zwei Direktverbindungen, eine von Berlin und eine von München. Aus Hamburg dauert die Anreise mit Umstieg in München etwa sechs Stunden, von München aus sind es etwa viereinhalb Stunden. Die Zeit in Georgien ist jener in Deutschland zwei Stunden voraus.
Georgien präsentiert sich bereit für Meetings bis zur mittleren Größenordnung. Das kleine Land am Kaukasus weist dabei einen krassen Kontrast zwischen seiner Geschichte, jüngsten Entwicklungen und dem Aufbruch in die europäische Moderne auf. Für Meetings finden sich Rückzugsräume außerhalb der Städte, ebenso wie prestigeträchtige Venues im Stadtkern. Allein für Business Meetings sollte Georgien allerdings nicht besucht werden. Die vielseitige Natur und Sehenswürdigkeiten im Umfeld der Hauptstadt laden ein, Georgien als Bleisure-Destination ins Eventkonzept einfließen zu lassen.