
KI und Events
Zwischen Innovation und Verantwortung

Bild: ChatGPT. Prompt: Erstelle eine eindrucksvolle visuelle Darstellung der versteckten Umweltkosten der KI-Technologie, insbesondere ihres hohen Wasserverbrauchs. Das Gesamtbild soll gleichzeitig eine kritische Perspektive auf den Ressourcenverbrauch, die digitale Zukunft und Umweltzerstörung von KI-Technologie darstellen vermitteln und durch eine starke visuelle Sprache zum Nachdenken anregen. Erstellt am 5. Februar 2025
Bild: ChatGPT. Prompt: Erstelle eine eindrucksvolle visuelle Darstellung der versteckten Umweltkosten der KI-Technologie, insbesondere ihres hohen Wasserverbrauchs. Das Gesamtbild soll eine kritische Perspektive auf den Ressourcenverbrauch, die digitale Zukunft und Umweltzerstörung von KI-Technologie gleichzeitig darstellen vermitteln und durch eine starke visuelle Sprache zum Nachdenken anregen. Erstellt am 5. Februar 2025
Künstliche Intelligenz (KI) verändert nahezu jede Branche – die Veranstaltungswirtschaft bildet keine Ausnahme. Event Professionals müssen nicht nur die Vorteile bei der Anwendung KI vor Augen haben, sondern die ökologischen und sozialen Nachteile. Wie sich KI verantwortungsvoll nutzen lässt, beschreibt in seinem Gastbeitrag Jürgen May, Gründer und Geschäftsführer der CSR-Agentur 2bdifferent.
Von automatisierten Planungsprozessen über personalisierte Teilnehmererlebnisse bis hin zu intelligenten Analyse-Tools bietet KI ein enormes Potenzial für Effizienz und Innovation im Eventmanagement. Doch neben den Chancen bringt diese Entwicklung Herausforderungen mit sich, die häufig übersehen werden: Hinter der scheinbar immateriellen Technologie stecken immense ökologische und gesellschaftliche Auswirkungen. Der Betrieb großer KI-Modelle erfordert eine enorme Rechenleistung, die zu einem hohen Energieverbrauch führt.
Neben Umweltaspekten sind auch die Arbeitsbedingungen in der KI-Wirtschaft kritisch zu betrachten. Viele Aufgaben, die für das Training und die Optimierung von KI-Modellen notwendig sind – etwa das Markieren und Kategorisieren von Daten –, werden von sogenannten Clickworkers in Niedriglohnländern übernommen. Die Eventbranche steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits kann KI die Effizienz und das Erlebnis für Teilnehmer steigern, andererseits muss sich die Branche ihrer Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft bewusst sein.
Nutzen und Risiken
Die Praxis zeigt, dass KI bereits in vielen Bereichen der Eventbranche erfolgreich eingesetzt wird. Zu den wichtigsten Anwendungsfällen gehören etwa die automatisierte Registrierung, die eine unkomplizierte Anmeldung von Teilnehmenden ermöglicht, oder die Echtzeit-Interaktion über Chatbots, die den Kundenservice verbessern, indem sie Anfragen beantworten und Informationen bereitstellen. Ein anderes Beispiel ist die Optimierung von Nachhaltigkeit durch CO2-Bilanzierung und Bedarfsanalysen, indem KI-Daten zu Energieverbrauch, Abfallmengen oder Transportwegen ausgewertet und Maßnahmen für umweltfreundlichere Events sowie intelligente Mobilitätslösungen für Teilnehmer durch personalisierte Vorschläge für umweltfreundliche Anreiseoptionen empfohlen werden. Diese Beispiele zeigen, dass KI nicht nur eine Vision für morgen ist, sondern bereits heute konkrete Mehrwerte für Veranstalter und Teilnehmende bietet.
Die wichtigsten Anwendungen für KI im Eventmanagement
- Automatisierte Registrierung und Echtzeit-Interaktion über Chatbots: KI-gestützte Systeme ermöglichen eine schnelle und unkomplizierte Anmeldung von Teilnehmenden. Gleichzeitig verbessern intelligente Chatbots den Kundenservice, indem sie in Echtzeit Anfragen beantworten und Informationen bereitstellen.
- Optimierung von Nachhaltigkeit durch CO₂-Bilanzierung und Bedarfsanalysen: KI kann Daten über den Energieverbrauch, Abfallmengen oder Transportwege auswerten und so konkrete Maßnahmen für umweltfreundlichere Events empfehlen.
- Intelligente Mobilitätslösungen: Teilnehmer erhalten personalisierte Vorschläge für umweltfreundliche Anreiseoptionen – von Fahrgemeinschaften über öffentliche Verkehrsmittel bis hin zu E-Scooter-Verleihen.
- Nachhaltige Auswahl von Locations und Dienstleistern: KI analysiert Bewertungen, Energieverbrauchsdaten und Nachhaltigkeitskriterien, um die umweltfreundlichsten Veranstaltungsorte und Zulieferer zu identifizieren.
- Sicherheitsmanagement durch Überwachung von Menschenströmen und Frühwarnsysteme: KI kann Echtzeit-Analysen zur Bewegung von Besuchern durchführen und so Engpässe oder Sicherheitsrisiken frühzeitig erkennen.
- Ressourcenplanung bei Catering, Logistik und temporären Bauten: Durch den Einsatz von KI lassen sich Mengen genauer kalkulieren, um Lebensmittelverschwendung und Materialüberfluss zu minimieren.
- Unterstützung virtueller Events durch KI-gesteuertes Networking und Matchmaking: KI hilft, die richtigen Kontakte zusammenzubringen, indem sie Teilnehmende auf Basis gemeinsamer Interessen oder beruflicher Hintergründe miteinander vernetzt.
Trotz der vielen Vorteile birgt der Einsatz von KI in der Eventbranche auch Risiken. Eine der größten Herausforderungen ist die Abhängigkeit von digitalen Systemen. Technische Störungen oder Systemausfälle können Veranstaltungen lahmlegen. Fällt beispielsweise ein automatisiertes Registrierungs- oder Ticketingsystem aus, kann dies zu erheblichen Problemen führen. Ohne funktionierende Backup-Lösungen besteht die Gefahr, dass Veranstalter im Ernstfall nicht schnell genug reagieren können. Auch der Datenschutz stellt eine wachsende Herausforderung dar. Die Nutzung von KI erfordert große Mengen an personenbezogenen Daten, sei es für personalisierte Erlebnisse, Sicherheitssysteme oder Analysezwecke. Veranstalter müssen sicherstellen, dass sie die geltenden Datenschutzrichtlinien einhalten, insbesondere in Bezug auf die DSGVO. Besonders kritisch ist der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware oder Tracking-Technologien, die in vielen Fällen ethische Fragen aufwerfen. Außerdem haben KI-generierte Werke keinen menschlichen Urheber und sind damit gemeinfrei (nicht urheberrechtlich geschützt). Es besteht jedoch das Risiko, dass KI-generierte Inhalte bestehenden, urheberrechtlich geschützten Werken ähneln. In solchen Fällen könnten Urheberrechtsverletzungen vorliegen, was zu rechtlichen Konsequenzen führen kann. Die Nutzungsbedingungen der jeweiligen KI-Plattform sollten genau gelesen und eingehalten werden, insbesondere hinsichtlich kommerzieller Nutzungsrechte.
Big Data und die Umweltbelastung
Technologische Innovationen haben eine oft übersehene Schattenseite: den erheblichen Energie- und Wasserverbrauch, der mit der Infrastruktur für KI-Modelle einhergeht. Der Energiebedarf großer KI-Systeme wie ChatGPT hat sich in den letzten Jahren stark vervielfacht, was in einem hohen CO2-Ausstoß resultiert. Microsoft allein steigerte seine Emissionen im Zusammenhang mit KI-Infrastrukturen von rund 12 auf 15 Millionen Tonnen CO2 zwischen 2020 und 2023. Zusätzlich verbrauchen Datenzentren enorme Mengen an Frischwasser, was insbesondere in wasserarmen Regionen wie Arizona zu Konflikten führt. Noch kritischer ist, dass der weltweite KI-Bedarf im Jahr 2027 voraussichtlich 4,2 bis 6,6 Milliarden Kubikmeter Wasserentnahme ausmachen wird – mehr als die gesamte jährliche Wasserentnahme von Dänemark oder der Hälfte des Vereinigten Königreichs. Je mehr in KI investiert wird, desto mehr rückt die Tatsache ins öffentliche Bewusstsein, dass die Stromversorgung und Kühlung riesiger Rechenzentren die Umwelt belasten. Unternehmen wie Microsoft, Google und Amazon investieren massiv in KI-Technologie und damit auch in den Ausbau energieintensiver Rechenzentren. Obwohl diese Konzerne sich Nachhaltigkeitsziele setzen, bleibt die Realität ernüchternd: Die von ihnen verursachten Emissionen steigen weiter an, während gleichzeitig nur begrenzte Maßnahmen zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs nachgewiesen werden können. Vielmehr sind die Regionen, für die der größte Zuwachs an Rechenzentren erfolgt, tendenziell auch Gebiete, in denen ein großer Anteil des erzeugten Stroms aus fossilen Brennstoffen stammt. Während einige Technologieunternehmen sich öffentlich dazu verpflichten, ihren Betrieb klimaneutral zu gestalten, bleibt fraglich, inwieweit diese Versprechen tatsächlich umgesetzt werden. Selbst wenn ein Teil der benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen stammt, ändert dies nichts am enormen Wasserverbrauch oder dem Materialeinsatz für den Bau und die Wartung der Infrastruktur. Zudem bleibt der hohe Energieverbrauch von KI-Systemen ein ungelöstes Problem.
„Im verantwortungsvollen Umgang mit KI ist es wichtig, Transparenz zu schaffen und Teilnehmer zu sensibilisieren.“
Jürgen May, Gründer und Geschäftsführer der CSR-Agentur 2bdifferent
Foto: 2bdifferent
Clickworkers und soziale Verantwortung
Allerdings ist nicht nur die Umweltbelastung durch den Ressourcenverbrauch bedenklich. Während KI oft als autonomes System wahrgenommen wird, basiert sie maßgeblich auf menschlicher Arbeit. Der zentrale Aspekt ist die Datenannotation, eine grundlegende Aufgabe beim Training von KI-Systemen. Hierbei werden große Datenmengen manuell gekennzeichnet, um Algorithmen zu verbessern. Der Global Wage Report 2024-25 (ILO) liefert wichtige Erkenntnisse zu den Arbeitsbedingungen in der digitalen Arbeitswelt, insbesondere für Clickworker in Niedriglohnländern. Diese Arbeit wird häufig von sogenannten Clickworkers ausgeführt – Menschen, die unter oft prekären Bedingungen in Ländern wie Kenia oder Kolumbien arbeiten und Maschinen mit Informationen trainieren. Berichte zeigen, dass diese Arbeiter in Venezuela im Durchschnitt nur 90 Cent pro Stunde verdienen, um für KI-Modelle wie ChatGPT teils schockierendes Material zu klassifizieren. Der zunehmende Einsatz von KI ist nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern der sozialen Verantwortung. Die Eventbranche nutzt viele dieser KI-Anwendungen – sei es für Bilderkennungssysteme, Chatbots oder automatisierte Analysen. Doch nur selten wird hinterfragt, unter welchen Bedingungen diese Technologien entstehen.
KI verantwortungsvoll nutzen
Um KI nachhaltig und verantwortungsvoll in der Eventbranche zu nutzen, sollten Veranstalter gezielt auf energieeffiziente Technologien, faire Arbeitsbedingungen und ethische Datenverarbeitung achten. Ein zentraler Aspekt ist die Auswahl nachhaltiger IT- und KI-Dienstleister, die ihre Rechenzentren mit erneuerbaren Energien betreiben und ihre CO2-Bilanzen offenlegen. Dabei können Anbieter bevorzugt werden, die energieeffiziente Hardware nutzen und ihren Stromverbrauch optimieren.
Checkliste: KI nachhaltig nutzen
✅ 1. Nachhaltige IT- und KI-Dienstleister auswählen ✅ 2. Energieverbrauch durch bewusste KI-Nutzung reduzieren ✅ 3. Datenschutzfreundliche und ethische KI-Lösungen bevorzugen ✅ 4. Faire Arbeitsbedingungen für Clickworker sicherstellen ✅ 5. KI zur nachhaltigen Eventplanung nutzen ✅ 6. Transparenz schaffen und Teilnehmer sensibilisieren
Auch der Datenschutz und die Ethik spielen eine zentrale Rolle. Veranstalter sollten sicherstellen, dass KI-Anwendungen DSGVO-konform sind und keine sensiblen biometrischen Daten ohne Zustimmung der Teilnehmer verarbeitet werden. Transparenz ist essenziell: Teilnehmer sollten wissen, wo und wie KI eingesetzt wird, insbesondere wenn personenbezogene Daten involviert sind. Neben den ökologischen Herausforderungen müssen auch die sozialen Aspekte der KI-Nutzung beachtet werden. Viele KI-Anwendungen basieren auf der Arbeit von Clickworkers, die oft unter prekären Bedingungen arbeiten. Veranstalter sollten bei der Auswahl ihrer Anbieter darauf achten, dass faire Arbeitsstandards und eine angemessene Bezahlung sichergestellt sind. Zudem kann KI selbst dazu beitragen, nachhaltigere Events zu gestalten. Mithilfe von KI-gestützten CO₂-Bilanzierungen lassen sich Emissionen tracken und reduzieren. Intelligente Mobilitätslösungen können Teilnehmern klimafreundliche Anreiseoptionen vorschlagen, während KI-gestützte Catering-Bedarfsanalysen helfen, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.

Foto: 2bdifferent
Jürgen May ist Gründer und Geschäftsführer der Beratungsagentur 2bdifferent sowie Experte für Nachhaltigkeit in der Event-, Messe- und Meetingbranche. Mit über zwei Jahrzehnten Erfahrung in Unternehmensanalyse, nachhaltigen Strategien und Eventmanagement berät er Unternehmen und Verbände bei der Entwicklung zukunftsfähiger, klimafreundlicher Konzepte und engagiert sich für den verantwortungsvollen Einsatz von KI in der Eventbranche.
Mein Fazit: KI als Chance, aber mit Verantwortung
Die Eventbranche hat die Möglichkeit, KI sinnvoll einzusetzen – mit einem bewussten Blick auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Indem Veranstalter auf energieeffiziente Technologien setzen, erneuerbare Energien fördern und faire Arbeitsbedingungen in der KI-Industrie fordern, kann eine nachhaltige Digitalisierung vorangetrieben werden. Letztlich ist es nicht nur eine Frage der technologischen Innovation, sondern auch der unternehmerischen Ethik: Wie setzen wir KI ein, ohne unsere Umwelt und die Menschen, die hinter der Technologie stehen, auszubeuten? Die Eventbranche kann hier eine Vorreiterrolle übernehmen – mit nachhaltigen, verantwortungsvollen und sozial gerechten KI-Strategien.
Jürgen May