Interview Claudia Loewe
„Wir wollen unserer Vorreiterrolle gerecht werden“
Claudia Loewe: Wir nehmen uns bei der Zertifizierung nach der ISO 20121 einen Punkt nach dem anderen vor, im Moment sehe ich Energie und Klima als größte Herausforderung. Foto: Thomas Ebert
Claudia Loewe: Wir nehmen uns bei der Zertifizierung nach der ISO 20121 einen Punkt nach dem anderen vor, im Moment sehe ich Energie und Klima als größte Herausforderung. Foto: Thomas Ebert
tw tagungswirtschaft: Zum 72. Mal ist am 24. Juni 2022 der Deutsche Filmpreis verliehen worden. Welcher Moment wird Sie nachhaltig begleiten?
Claudia Loewe: Der Moment, als die Radler:innen auf den roten Teppich eingebogen sind und klatschend empfangen wurden.
Die „Lola“ ist mit insgesamt 2,955 Mio. Euro Preisgeldern und Nominierungsprämien der höchstdotierte Kulturpreis Deutschlands. Warum braucht es diesen Preis?
Der Preis ist Zukunftssicherung für die Gewinner:innen. Um den Produzenten Freiheit in der Produktion ihrer nächsten Projekte zu geben. Die Mittel sind nicht gebunden an Effekte und können von den Produzenten selbst allokiert werden, d.h. sie können geballt auf ein Projekt gesetzt oder aber verteilt werden auf unterschiedliche Projekte.
Mit Gala und Red Carpet ist der Deutsche Filmpreis im Palais am Funkturm der Messe Berlin eine festliche Angelegenheit. Glamourös und green – geht das?
Ja, das geht sogar sehr gut. Vor allem mit der großen Unterstützung der Branche, die die entsprechenden Umstellungen und Anpassungen, die für einen grünen Preis notwendig sind, mittragen und breitflächig unterstützen.
Der Deutsche Filmpreis 2022 ist wie erstmals 2021 nach ISO 20121 zertifiziert, dem internationalen Standard für nachhaltiges Eventmanagement. Der Prozess ist aufwendig. Wieso haben Sie sich dafür entschieden?
Weil wir ein klares Signal senden und unserer Vorreiterrolle gerecht werden wollen. Wir wollen deutlich machen, dass hier echte grüne Produktion erarbeitet wird und kein Greenwashing. Mit einer international anerkannten Zertifizierung, die deutlich macht, welcher Aufwand betrieben wird, um das Projekt umzukrempeln.
„Wir wollen deutlich machen, dass hier echte grüne Produktion erarbeitet wird und kein Greenwashing. Mit einer international anerkannten Zertifizierung, die deutlich macht, welcher Aufwand betrieben wird, um das Projekt umzukrempeln.“
Claudia Loewe, Geschäftsführerin der Deutschen Filmakademie Produktion
Die Zertifizierung umfasst u.a. Mobilität, Soziale Inklusion & Diversität, Energie & Klima und nachhaltiges Ressourcenmanagement. Welcher Bereich ist nach Ihrer Erfahrung die „größte Baustelle“? Wir nehmen uns einen Punkt nach dem anderen vor, im Moment sehe ich Energie und Klima als größte Herausforderung. Vor allem in den aktuellen Zeiten würden wir hier gerne noch unabhängiger werden und für weitere Einsparungen sorgen.
Der Deutsche Filmpreis ist die einzige ISO-zertifizierte Veranstaltung der Filmbranche. Glauben Sie, dass andere Ihrem guten Beispiel folgen?
Schwer zu sagen, wir können hier nicht für andere sprechen. Aus eigener Erfahrung können wir aber sagen, dass es großen Aufwand bedeutet und einen langen Atem braucht. Wir sind die größte Veranstaltung im Filmbereich und konnten die Zertifizierung angehen – für die anderen Veranstaltungen ist die Herausforderung mindestens genauso groß wie für uns, wenn nicht noch größer. Wir wissen aber, dass wir genau beobachtet werden – und es landen viele Anfragen zum Prozess bei uns.
Claudia Loewe und Anne Leppin, Geschäftsführerin der Deutschen Filmakademie, machen sich stark für Nachhaltigkeit in der Filmbranche. Foto: Thomas Ebert
Im nächsten Schritt wollen Sie den Geschäftsbetrieb der Deutschen Filmakademie Produktion nach ISO zertifizieren und garantieren, dass jede Ihrer Veranstaltung klimaschonend und umweltbewusst abläuft. Wieso ist das wichtig? Da wir die Nachhaltigkeit in unserer Arbeit leben, wollen wir auch an dieser Stelle deutlich machen, dass wir nicht nur projektweise nachhaltig arbeiten, sondern durch und durch. Neben dem Deutschen Filmpreis produzieren wir auch noch den First Steps Award – und uns ist wichtig, auch diesen und alle weiteren Veranstaltungen auf nachhaltige Beine zu stellen.
Der Deutsche Filmpreis hat selbst einen Preis gewonnen: in der Kategorie Veranstaltungsmobilität bei der Climate Mobility Challenge 2022 der Deutschen Bahn. Mit dem DB-Veranstaltungsticket haben Ihre Gäste klimaneutral anreisen können. Wie ist das angekommen, und wie viele Ihrer 1.700 Gäste haben das Angebot angenommen?
Das Angebot wurde sehr gut angenommen. Von den Nicht-Berliner:innen haben um die 80 % das Veranstalterticket gerne genutzt. Darüber hinaus gibt es noch weitere Mobilitäts-Punkte: Die Nominierten werden mit Bussen vom Vorempfang zum roten Teppich geshuttelt. Im letzten Jahr konnten wir dafür die BVG mit Elektrobussen gewinnen – aufgrund des 9- Euro-Tickets war das in diesem Jahr nicht möglich und wurde von klassischen Reisebussen übernommen. Doch durch die Vorfahrt einer jungen Gruppe Filmschaffender haben wir mit der Vorfahrt durch Fahrräder in diesem Jahr einen weiteren Akzent gesetzt und versucht, konventionelle Denkmuster und Vorstellungen aufzubrechen.
Foto: IMAGO / Eventpress
Die Nachhaltigkeitsbotschafter:innen: Lucas Reiber, Maria Ehrich und Lea van Acken
Lucas Reiber, Maria Ehrich und Lea van Acken (v.l.n.r.) sind die offiziellen Nachhaltigkeits-Botschafter:innen des Deutschen Filmpreises. Über die sozialen Kanäle berichten sie über die Bemühungen der Deutschen Filmakademie Produktion um mehr Nachhaltigkeit in der deutschen Filmbranche.
Der Deutsche Filmpreis hat drei offizielle Nachhaltigkeits-Botschafter:innen. Was machen Lea van Acken, Maria Ehrich und Lucas Reiber?
Die drei kommunizieren über ihre (und unsere) Kanäle die nachhaltigen Aktivitäten des Filmpreises nach außen. Vor allem über Social Media – aber auch über Auftritte auf dem roten Teppich, bei der Verleihung auf der Bühne, etc. Sie begeistern mit ihren Posts vor allem junge Leute, die dem Filmpreis sonst nicht so nahestehen würden.
Die „Lola“ wird seit 1951 vergeben in Kategorien wie ‚Bester Spielfilm‘ und ,Beste Hauptrolle‘, ,Beste Regie‘ und ‚Bestes Drehbuch‘. Ist eine Kategorie ‚Bestes Klima‘ denkbar –und wie könnte diese aussehen?
Im Moment ist solch eine Kategorie noch nicht konkret geplant. Das liegt aber vor allem auch daran, dass wir den Preis gemeinsam mit der Kulturstaatsministerin vergeben und im Moment noch keine Richtlinien vorliegen, wie solch ein Preis gestaltet werden kann. Heißt aber nicht, dass wir uns nicht bald Dranmachen. 😊
Über den Deutschen Filmpreis
Claudia Loewe beim Deutschen Filmpreis 2022 mit links Jürgen Biesinger, Geschäftsführer der European Filmacademy Productions, und rechts Florian Gallenberger, Präsident der Deutschen Filmakademie. Foto: Thomas Ebert
Der Deutsche Filmpreis ist mit insgesamt 2,955 Mio. Euro Preisgeldern und Nominierungsprämien die renommierteste und höchstdotierte Auszeichnung für den deutschen Film. Die Entscheidung über die Preisvergabe wird von den 2.100 Mitgliedern der Deutschen Filmakademie aus allen künstlerischen Sparten der Filmbranche getroffen, die Auszeichnung von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Claudia Roth, verliehen. Die Verleihung ist eine Veranstaltung der Deutschen Filmakademie in Zusammenarbeit mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), produziert von der Deutschen Filmakademie Produktion GmbH.