Tagungshotels
Neue Zeiten, neue Krisen, neue Preise
In Zeiten multipler Krisen kommt alles auf den Prüfstand und damit die Preisstrategien der Tagungshotels. Im Bild ein Meeting Room im Maritim Hannover. Foto: Maritim Hotelgesellschaft
In Zeiten multipler Krisen kommt alles auf den Prüfstand und damit die Preisstrategien der Tagungshotels. Im Bild ein Meeting Room im Maritim Hannover. Foto: Maritim Hotelgesellschaft
Das Segment der Tagungshotellerie bedienen große wie kleinere Häuser, privat geführte und Kettenhotels. Was alle gemeinsam derzeit umtreibt, ist eine Multi-Krisensituation, die größte Geschäftsrisiken in sich trägt. Welche Strategien sind jetzt gefragt? Wohin gehen die Preise? Und wie lässt sich verhindern, dass Kunden in Locations abwandern?
Noch vor einem Jahr hätte sich niemand einen Krieg in Europa vorstellen können. Das Drama in der Ukraine hat zu massenhaften Preisanstiegen geführt, vor allem bei Erdgas, Kohle und Strom. Lange war die Inflation hierzulande kein Thema, doch im Oktober dieses Jahres stieg die Rate auf historische zehn Prozent. Dazu kommen steigende Kosten fürs Personal. Also muss alles auf den Prüfstand, auch die Preisstrategie bei Veranstaltungsanfragen für Räume und Zimmerkontingente. Das Schnüren von Packages ist nur die eine Seite der Medaille, sie inhaltlich auszufüllen die andere. Die Verknüpfung von Veranstaltungsräumen mit der Abnahme gewisser Zimmerkontingente als Angebot ist nicht neu. Neu ist aber, dass bei der Buchung von Veranstaltungen vornehmlich in Stadthotels ein gewisses Zimmerkontingent abgenommen werden muss.
Die Befragung von Tagungshotels ergab, dass sich an der Arbeitsweise mit Zimmer- und Veranstaltungsbuchungen nichts Grundlegendes geändert hat. Die Unterschiede liegen im Detail. Carmen Teermann, Direktorin Group & Convention Management Offices der Maritim Hotelgesellschaft, benennt diese ganz konkret: „Grundsätzlich können alle Bausteine einer Veranstaltung einzeln angefragt werden, also auch Räumlichkeiten und Übernachtungen. In der Regel wird jedoch ein kombiniertes Angebot angefragt und gewünscht, denn dies ist üblicherweise günstiger als individuelle Leistungen.“ Zudem argumentiert sie, dass Kunden bei einer kombinierten Buchung weitere Vorteile erhalten und ab einem bestimmten Umsatzvolumen auch größere Zimmerkontingente angeboten werden können.
Meet@Maritim mit Tagungspauschale
Carmen Teermann: „Wir erkennen verstärkt den Trend, dass Kunden Zimmerkontingente wünschen, bei denen die Übernachtung von den Gästen selbst abgerufen wird. Wir stellen dafür einen Link zur Verfügung, der in die Homepage des Veranstalters integriert wird.“ Damit wird in den Häusern der Maritim-Gruppe eine 24/7 Buchbarkeit erreicht. „Für die Vertragspartner bedeutet das einen sehr hohen Servicegrad, da Teile des administrativen Aufwandes dann hotelseitig erledigt werden“, legt sie nach. Gerade die Online-Buchbarkeit direkt über die Homepage erleichtert dem Kunden vieles in der Organisation von Veranstaltungen und reduziert den administrativen Aufwand.
Dass Preiserhöhungen aktuell unabdingbar sind, bestätigt die Maritim Hotelgesellschaft. „Wir haben die Tagungspauschalen in den aktuell 24 deutschen Hotels aufgrund der Preissteigerungen im Energiesektor und der Teuerungsrate, insbesondere im Lebensmittelbereich, bereits erhöht, denn die allgemeine Materialknappheit, Lieferengpässe und Inflation haben zu unvorhersehbaren Preissteigerungen in nahezu allen Bereichen geführt. Wir können das nicht mehr vollständig kompensieren und müssen diese anteilig an unsere Kunden weitergeben“, sagt Carmen Teermann. Sie bezeichnet die Preiserhöhung mit circa 15 % noch als vergleichsweise moderat, denn „wir haben erst 2020 mit Meet@Maritim ein ganz neues Tagungskonzept ausgerollt, das mit sehr attraktiven Einstiegspreisen gestartet ist". Aktuell liegt die Meet@Maritim Pauschale bei 69 Euro. Was in den Verhandlungen positiv ankommt, ist eine transparente Preispolitik, sodass Kunden verständnisvoll reagieren – sicher in Abhängigkeit vom jeweils zur Verfügung stehenden Budget.
Preiserhöhungen sind in den Häusern der Maritim-Hotelgesellschaft wie dem Maritim Bonn und seinem Saal Beethoven aktuell unabdingbar, aber mit ca. 15 % vergleichsweise moderat. Foto: Maritim Hotelgesellschaft
Dieses Vertrauen trägt offensichtlich zur stabilisierten Geschäftsentwicklung der Maritim-Hotels bei. „Wir sind erleichtert, dass wir endlich auf einige Monate mit sehr guten Umsätzen zurückblicken können. Seit Mai boomt das Geschäft sowohl im Privatkunden- als auch im Businessbereich“, freut sich Martin Friedrich, Geschäftsführer Finanzen (CFO) der Hotelgesellschaft. Im Sommer lagen die Buchungszahlen sogar über dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019, erklärt er weiter. Grund zum Optimismus sieht auch Erik van Kessel, Geschäftsführer Operations und Arbeitsdirektor bei Maritim: „Die Nachholeffekte seit Mai sind enorm, gerade die größeren Events, Kongresse und Messen sorgen für gute Raten, insbesondere in Metropolen wie Frankfurt, Stuttgart, München, Köln oder Berlin.“ Mit Blick auf die weltwirtschaftliche Lage und die aktuelle Energiekrise hat Maritim bereits im Sommer eine Taskforce eingerichtet. Denn obwohl sich die Gruppe bereits seit Jahren intensiv mit Maßnahmen zur Reduzierung von Energie- und Wasserverbräuchen beschäftigt, lässt sich die aktuell extreme Preisentwicklung auf dem Energiemarkt kaum auffangen.
Preissteigerungen nicht zu vermeiden
Für die Berliner Hotels InterContinental, Regent Berlin sowie Crowne Plaza und Indigo Berlin Ku'damm bestätigt Xenia Seidel, Area Director of Sales & Marketing, dass „Preissteigerungen in der heutigen Zeit leider nicht mehr zu vermeiden sind. Jeder ist mittlerweile betroffen. So wie im privaten Bereich lässt sich die inflationäre Preissteigerung in der Hotellerie nicht umgehen.“
„Wir mussten in den meisten Hotels der Dorint- Gruppe die Pauschalen den Gegebenheiten anpassen. Die Erhöhungen sind abhängig sind vom Standort sowie von den individuellen Wünschen und der Flexibilität unserer Kunden.“
Jörg T. Böckeler, CEO Dorint Hotelgruppe
Laut Jörg T. Böckeler, CEO Dorint Hotelgruppe, gibt es in nahezu allen 66 Hotels Packages für die unterschiedlichen Veranstaltungsanfragen: „Leistungen, die inkludiert werden, stimmen wir mit unseren Ansprechpartnern ab, kalkulieren so individuell jeweils ein Package, das komplett auf die Wünsche des Kunden zugeschnitten ist. Kosten für die Übernachtungen werden separat kalkuliert und angeboten.“
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, mit den Hotels bei Buchungen Abrufkontingente für die eigentlichen Veranstaltungen zu vereinbaren. Um die Kunden bei der Organisation ihrer Tagungen und bei der gesamten Abwicklung des Handlings bestmöglich zu unterstützen, offeriert Dorint auch diese Art der Buchung. Erhöhungen der Tagungspauschalen waren auch bei Dorint bereits unumgänglich, in ihrer Höhe abhängig vom jeweiligen Standort, den individuellen Kundenwünschen und der Flexibilität der Kunden.
Flexibilität zahlt sich aus
Für die Marriott Bonvoy Hotels in Deutschland, die sich stark im MICE-Geschäft positionieren, beantwortet Colette Hering, PR-Managerin Germany, Austria & Switzerland, die Fragen der tw tagungswirtschaft. Konkret sind das die Hotels The Westin Hamburg, das Frankfurt Marriott Hotel und The Westin Grand Munich. Jedes für sich bietet sehr verschiedene USPs: Im Hamburger Haus ist es vor allem die einzigartige Lage in der Elbphilharmonie am Hafen, in Frankfurt der knapp 3.100 Quadratmeter große Veranstaltungsbereich mit 23 Räumen. Das Hotel in München wiederum hat einen der größten Ballsäle in Süddeutschland mit ca. 1.000 qm Fläche für große Events.
Das garantiert sicher gute Voraussetzungen, weckt aber auch Begehrlichkeiten gute Margen zu erzielen. Laut Colette Hering bieten alle Häuser Packages für Räumlichkeiten und Übernachtungen an, im The Westin Hamburg bei Bedarf getrennt, im Frankfurt Marriott Hotel kommt es auf die Bedürfnisse der Kunden an: „In der Regel fragen sie ein Angebot für Zimmer und Veranstaltungsräume an. Und auch im The Westin Grand Munich gab es schon immer Packages: Der Kunde bekommt das Angebot mit den Zimmern und Räumlichkeiten separat aufgelistet.“ Dass bei der Buchung von Veranstaltungen zwingend Zimmerkontingente abzurufen sind, will sie nicht generell bestätigen: „Im The Westin Hamburg bieten wir je nach Tagungstermin und Auslastung des Hotels die größeren Tagungsräume an begehrten Eventterminen mit dazugehöriger Zimmerbuchung an.
An vielen Terminen sind die Säle im Marriott Frankfurt ohne ein Zimmerkontingent buchbar. Es kommt auf die Auslastung des Hotels an und die Flexibilität des Kunden. Foto: Marriott Bonvoy
An vielen Terminen sind die Säle im Marriott Frankfurt ohne ein Zimmerkontingent buchbar. Es kommt auf die Auslastung des Hotels an und die Flexibilität des Kunden. Foto: Marriott Bonvoy
An vielen Terminen jedoch sind die Tagungsräume auch ohne dazugehöriges Zimmerkontingent buchbar. Es kommt drauf an, wie flexibel der Kunde bezüglich des Zeitraums ist. So können wir auch gemeinsam mit einen Termin finden, an dem ein großer Tagungsraum gebucht werden kann, ohne ein Zimmerkontingent abrufen zu müssen. Die kleinen Tagungsräume sind normalerweise auch ohne ein Zimmerkontingent buchbar.“ Im Frankfurt Marriott Hotel kommt die Kombination auf die Art der Veranstaltung, dessen Größe und auf den Zeitpunkt an. „Bei einer Buchung für unseren Platinum Ballsaal wird in Hauptgeschäftswochen in der Regel ein Zimmerkontingent abgerufen, für kleinere Räume eher nicht.“
Im The Westin Grand Munich ist in den Hauptgeschäftswochen der Abruf der Zimmerkontingente Bestandteil der Buchung. Wenn der Kunde flexibel ist, findet man jedoch immer ein Datum, an dem keine Zimmer gebucht werden müssen. Insgesamt sehen das die Hotels nicht als Neuerung an, die im Zusammenhang mit der
angepassten Preisgestaltung bei Veranstaltungsanfragen zu tun hat. Im The Westin Grand Munich gab es das zum Beispiel immer schon. „Die Kunden zeigen bezüglich dieser Strategie meistens vollstes Verständnis“, sagt Colette Hering.
Zur Erhöhung der Tagungspauschalen kommen aus den drei Häusern keine konkreten Angaben. Diese werden laut Colette Hering individuell festgelegt. Auch hier spielen letztendlich Argumente wie Hauptgeschäftswochen, die Größe und der Ort eine große Rolle.
Preisstrategien und Kundenbindung
- Budget abklären
- Maximale Transparenz in den Verträgen
- Preiserhöhungen im Detail begründen
- Qualitätsstandards vermitteln
- Sensibilität statt Pauschalerhöhungen
- Moderate Anpassungen in Saisonzeiten oder bei Messen
- Kunden auf Alternativen und Nebensaisonzeiten aufmerksam machen
Letztendlich ist für die meisten Kunden bei der Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses das Gesamtpaket ausschlaggebend. Der Ort und die Lage spielen dabei meist ebenso eine Rolle wie smarte Raumkonzepte, digitales Equipment und die Betreuung durch ein professionelles Team vor, während und nach einem Event. Nicht zuletzt schätzen Planer außerdem, wenn ihnen aufgrund der komfortablen Lage eines Hauses nicht weitere Kosten für zusätzliche Transfers ihrer Teilnehmer entstehen.
Petra Mewes